0266 - Der Flammengürtel
quoll hervor.
»Bei der schaumgeborenen Venus!« stieß Kaiser Nero hervor. »Ein Mädchen, in dem die Anmut aller drei Grazien vereinigt ist!« Bevor ihn jemand hindern konnte, hob Nero selbst Regina Stubbe auf und trug sie aus den Flammen.
»Wo ist Tigellinus?« fragte der Kaiser, nachdem er das Mädchen an einer sicheren Stelle niedergelegt hatte. Sklaven beschafften Amphoren mit Wasser aus einem nahegelegenen Brunnen.
»Er organisiert die Löscharbeiten!« erklärte Petronius. »Die Feuerwehr soll Eimerketten vom Tiber aus bilden und …«
»Das nützt nicht viel!« hörte Professor Zamorra seine eigene Stimme krächzen. »Da müssen andere Mittel helfen!«
»Sage mir deinen Namen, fremder Mann!« befahl der Kaiser. »Du stehst vor Nero, dem du erklären sollst, wie du die Löscharbeiten organisieren würdest!«
Taumelnd erhob sich der Meister des Übersinnlichen. Der Kaiser und Petronius kamen näher. Da gellte ein Ruf Neros auf.
» Zamorra! « entfuhr es ihm. »Wie kommst du hierher?«
Über das Gesicht des Parapsychologen huschte ein flüchtiges Lächeln. Der Kaiser hatte ihn also erkannt. Damals, als Kaiserin Messalina ihre Wahnsinnsorgie feierte, hatte er ihm, dem Jungen von neun Jahren und seiner Mutter Agrippina das Leben gerettet.
»Das Schicksal führte mich wieder nach Rom, o Cäsar!« sagte Zamorra mit einer angedeuteten Verbeugung. »Ich bin ein Magier aus Chaldäa und des Zaubers kundig. So vermag ich es zeitweilig, mich in den Mittelpunkt anderer Städte zu versetzen. Auf demselben Wege bin ich damals von Rom fortgegangen, als Kaiser Claudius für die Untaten der Messalina Rache nahm. Ich bin sehr glücklich, daß du mich wieder erkannt hast. Der andere Mann wird Aurelian genannt und ist im fernen Nebelreich Britannia zu Hause. Das Mädchen aber, das wir Regina, die Königin, nennen, ist die Tochter eines Germanenkönigs, wie man an ihrem blonden Haar erkennen kann!«
»Wenn du zaubern kannst, Chaldäer, dann zeige deine Künste!« sagte Petronius mit leisem Spott in der Stimme. »Sprich einen magischen Spruch, der die Flammen verschwinden läßt. Wenn du das kannst!«
»Kein Zauberspruch – aber einige gute Ratschläge!« sagte Professor Zamorra. »Mit Löschwasser ist dem Feuer nicht mehr beizukommen. Befiehl den Prätorianern, mit Widdern und Mauerbrechern ganze Häuserreihen niederzuwerfen, damit das Feuer nicht weiter vordringen kann. Nutze die Windrichtung aus und lege Gegenfeuer…!«
Daß Zamorra Kaiser Nero für alle Zeiten zum Brandstifter stempeln würde, bedachte er in diesem Augenblick nicht.
***
Von der Höhe des Maecenasturmes übersah Nero den Brand seiner Hauptstadt. Zamorra und Aurelian waren bei ihm, zwar in frische Gewänder gehüllt aber immer noch mit rußgeschwärzten Gesichtern.
»Dort hinten sind die Flammen ebenfalls nicht besonders dicht!« wies Zamorra in Richtung auf das Marsfeld. »Wenn wir dort bei günstigem Wind Gegenfeuer legen lassen, hat das Feuer keine Nahrung mehr, wenn der Wind umschlägt…!«
Augenblicke später verließ ein Kurier schnellen Schrittes den Turm, um den Befehl zur Prätorianerkaserne zu bringen, wo Tigellinus dafür sorgte, daß die Befehle ausgeführt wurden.
»Mehr können wir im Augenblick nicht tun!« sagte Aurelian. »Hoffen wir, daß der Wind nicht zu sehr auffrischt!«
»Herr! Schau, was wir für dich gerettet haben!« drängte sich ein syrischer Sklave vor. »Deine Lieblingsharfe. Terpnos, dein Begleiter auf der Lyra, brachte sie vom brennenden Palatin mit!«
Neros Augen strahlten. Fast liebevoll nahm er das Instrument in die Hand und streichelte es zärtlich.
»Kannst du denn darauf spielen?« fragte Regina Stubbe neugierig. Das Mädchen war wieder zu sich gekommen. Zwar wußte sie mit der Situation nichts Rechtes anzufangen, aber sie wollte jetzt wissen, was das alles bedeutete. Die wenigen Worte, mit der Professor Zamorra versuchte, ihr die Situation zu erklären, genügten dem an allem interessierten Mädchen nicht. Mit den paar Brocken Latein, die sie vom Abitur übrig hatte, konnte sie gerade Fragmente der Unterhaltung verstehen. Doch da Geschichte in der Schule zu kurz gekommen war, hatte Regina nicht allzuviele Ahnung von Kaiser Nero und seiner tragischen Figur in der Geschichte. So war sie ungewollt der auslösende Faktor eines weiteren historischen Irrtums.
»Ich werde spielen und singen … nur für dich, Mädchen!« erklärte der Kaiser. »Das Lied an die Göttin Venus ist ein Lied auf deine
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