0267 - Die Taximörder von New York
ab. Dann tupfte er sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn und beugte sich vor.
»Sagen Sie, Driver, ich muß zur Seton Avenue. Wissen Sie, wo das ist? Ich bin nämlich zum erstenmal in meinem Leben in New York. Ich hätte vielleicht doch besser das Angebot meines Freundes annehmen sollen, der mich mit dem Wagen hier abholen wollte.«
Lloyd Mitchell nahm einen Stadtplan aus dem Handschuhfach und schaltete die Innenbeleuchtung ein. Er fuhr mit dem Finger über das Straßenverzeichnis.
»Sernia Avenue, Serpentine Road, Serrell Avenue, Seton Avenue. Da haben wir sie ja schon, Mister. Welche Hausnummer ist es denn?«
Der Fremde kramte einen Zettel aus der Jackentasche und sah darauf. »Nummer 3654!«
Lloyd nickte. »Das ist in Bronx.« Plötzlich fiel ihm die Warnung ein. Ein Park in Bronx? Lloyd drehte sich um und musterte den Fremden. Der steckte gerade den Zettel weg. Dabei hatte er den Mantel aufgeschlagen. Lloyd Mitchell brach der Schweiß aus. Der Mann trug einen hellgrauen Anzug. Jetzt fiel ihm auch der weiße Panamahut auf.
»Sie sind fremd in New York, Sir?« fragte er mit belegter Stimme.
Der Fremde nickte lächelnd. »Yes. Ich habe hier ein paar Tage geschäftlich zu tun. Ein alter Schulfreund von mir wohnt auf der Seton Avenue und hat mich für die Zeit eingeladen.«
Mitchells Gehirn arbeitete fieberhaft. Blitzschnell kam ihm eine Idee. Es würde sich sehr schnell herausstellen, ob der Mann fremd in der Stadt war. Lloyd beschloß, eine Probe aufs Exempel zu machen.
Er schaltete die vordere Innenbeleuchtung aus. So hatte er den Vorteil, im Dunkeln zu sitzen und den Fahrgast im erleuchteten Fond beobachten zu können. Dann fuhr er los.
Mitchell steuerte sein Yellow Cab vom Grand Central Parkway auf den Astoria Boulevard North und erreichte so die Triboro Bridge nach Wards Island. Erst als er in der Nähe des Pot Cove über den East River fuhr, sah er wieder in den Rückspiegel.
Der Fremde zog sich gerade ein paar weiße Handschuhe über. Lloyd Mitchell glaubte, das Blut müsse in seinen Adern gefrieren. Er trat das Gaspedal ganz durch. Bei dieser Geschwindigkeit würde der Fremde keinen Schuß anbringen können, ohne sein eigenes Leben zu gefährden.
Die Tatsache, daß noch viele Autofahrer unterwegs waren, beruhigte den Driver etwas. Doch dann befiel ihn ein neues Angstgefühl. Der Triboro Bridge Parkway führte nämlich ausschließlich durch Parkgelände, Trainingslager der Baseballprofis und ähnliche Sportanlagen.
Mit überhöhter Geschwindigkeit überfuhr er den gemauerten Damm, der Wards Island mit Randalls Island verbindet. Bis hierher hatte Lloyd noch die Richtung nach Bronx eingehalten. Nun aber bog er die Abzweigung zur 125. Straße Ost ab.
Wie der leibhaftige Teufel sauste er über die Betonbahn, während der Fremde im Fond gelangweilt in einer Zeitung blätterte. Zu spät sah Mitchell die rote Laterne der Polizeistation, die im Gebäude der Brücken-Administration untergebracht war. Wenn er jetzt abstoppte, mußte es dem Fremden auffallen.
Er fuhr bis zur Third Avenue und bog dann nach Süden ab. Fünfzehn Minuten später sauste er durch den Torweg des FBI-Distriktgebäudes, 69. Straße Ost, Nummer 201.
Als er den Wagen abstoppte, beugte sich der Fremde vor.
»Sind wir da, Driver?« fragte er.
Mitchell nickte. »Yes, wir sind da.«
Der Fremde griff in die Tasche seines Staubmantels.
»Lassen Sie Ihre FN nur stecken, Mister«, meinte Lloyd schweißgebadet. »Wenn Sie mich hier umbringen wollen, kommen Sie bestimmt nicht weit. Das ist der Hof vom New Yorker FBI.« Der Fremde zog die Hand aus der Tasche und öffnete das schwere goldene Zigarettenetui. Er nahm eine Zigarette heraus und steckte das Etui wieder ein.
»Haben Sie Feuer?« fragte er höflich. Mitchell holte sein Feuerzeug heraus und hielt es mit offener Flamme nach hinten.
»Damit haben Sie nicht gerechnet, was?« fragte er.
Der Fremde sog den Rauch genießerisch ein und lächelte.
»Ich begreife Sie nicht, Driver. Vielleicht hätten Sie die große Güte, mir endlich einmal zu erklären, was der Unsinn zu bedeuten hat? Ich möchte zur Seton Avenue gebracht werden und lande statt dessen beim FBI. Kümmern Sie sich in New York immer so wenig um die Wünsche Ihrer Fahrgäste?« Mitchell antwortete nicht. Statt dessen drückte er auf die Hupe. Er nahm den Finger erst wieder herunter, als zwei Männer auf den Hof stürzten und zum Wagen kamen. ’
»Sie haben wohl einen Defekt, was?« fragte der eine, ließ
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