0268 - Wikkas Rache
sind gleich da, nur ein paar Schritte noch. Dann lasse ich dich allein.«
Mir kam es so vor, als habe er in den letzten Minuten seine Meinung geändert. Er schien mich loswerden zu wollen, und ich fragte mich, ob es wirklich richtig war, wenn ich jetzt allein in das Moor hineinschritt oder nicht lieber warten sollte.
»Da!« Der Hexenwürger streckte seinen Arm aus und deutete mit dem Zeigefinger schräg nach unten. »Du kannst genau sehen, wo der Weg anfängt. Gib aber acht, er wird an einigen Stellen sehr schmal. Da mußt du aufpassen…«
»Danke!« Ich schaute über den Sumpf. Es war ein seltsames Bild. Die dunkle Fläche schien zu grünem Glas geschmolzen zu sein und war leicht durchsichtig.
Von Zombie-Hexen war die Rede gewesen. Noch sah ich sie nicht und konnte auch keine Bewegung unter der Oberfläche erkennen, die auf sie hingedeutet hätte.
»Willst du nicht gehen?« fragte mich der Hexenwürger.
»Ich denke noch darüber nach, ob es wirklich besser ist, wenn ich in den Sumpf laufe oder dich nicht lieber in den Ort begleite.«
»Angst?« Seine Stimme klang höhnisch.
Ich stand da, schaute auf den Nebel, der ebenfalls eine grünliche Färbung angenommen hatte, und schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe keine Angst.«
»Weshalb gehst du dann nicht?«
Ich wollte ihm die Antwort geben, kam leider nicht mehr dazu. Etwas geschah, das meinen Vorsatz, nicht zu gehen, radikal über den Haufen warf.
Ich hörte gellende Hilfeschreie!
Schaurig klangen sie über den Sumpf, und mir wurde klar, daß sich ein Mensch in höchster Not befand…
***
Eisenhart griff die Hand zu!
Lydia Barrows hatte nichts gehört und nichts gesehen. Deshalb traf sie die Überraschung so schlimm. Sie schrie auf, als sich die kalte Klaue um ihr Hosenbein spannte und eisern festhielt.
Noch hatte Lydia nicht gesehen, was sie da festhielt. Instinktiv jedoch wollte sie diesem Griff entfliehen, und sie warf dabei ihren Oberkörper nach vorn.
Es war genau die falsche Reaktion.
Die unter dem Wagen lauernde Gestalt hatte auf so etwas nur gewartet. Während sich die Frau nach vorn warf, zog die Klaue sie nach hinten. Das konnte nicht gutgehen und ging auch nicht gut. Lydia schlug noch mit den Armen in der Luft, als sie sich bereits auf dem Weg nach unten befand und im nächsten Augenblick auf den weichen Untergrund klatschte. Plötzlich hörte sie auch das Schmatzen des Wassers, ein Arm war weit vorgestreckt und die flache Hand hieb in ein sich nahe am Wegrand befindliches Wasserloch, so daß die Flüssigkeit in die Höhe spritzte. Die Angst, zu versinken, war schrecklich. Lydia begriff im Moment nicht, daß sie noch auf dem Weg lag, und sie kroch zurück, wobei sie der Gestalt unter dem Wagen mit dieser Bewegung entgegenkam.
Erst als sie merkte, daß die erste Gefahr gebannt war, wurde Lydia bewußt, daß da jemand war, der ihren Knöchel mit hartem Griff umklammert hielt.
Der erste Schreck war allerdings so stark gewesen, daß sie diese Tatsache kaum registrierte und sich herumwarf.
Jetzt konnte sie unter den Wagen schauen.
Im ersten Moment wollte sie nicht glauben, was sich ihren Augen bot. Es war unfaßbar, einfach grauenhaft, aber sie konnte die Realität nicht wegdiskutieren.
Lydia sah die Hand und dahinter, wie eine Fratze aus einem schrecklichen Film, das Gesicht.
Bleich, verzerrt, mit strähnigen Haaren und fast leeren Augenhöhlen.
Eine Zombie-Hexe!
Jetzt riß sie ihr Maul auf. Ein gurgelnder Laut drang dem Mädchen entgegen, zwischendurch ein widerlich anzuhörendes Schmatzen und Knirschen der Zähne.
Jetzt wußte sie, wer da gegen ihren Wagen gelaufen war. Und sie dachte auch an die anderen Gestalten, die fast schwerelos über die dunkle Moorfläche geschwebt waren.
Wieder hörte sie den Singsang!
Er klang jetzt hinter ihr auf. Es war der Gesang lebender Leichen. Melodien, die aus dem Totenreich stammten, und Lydia verging fast vor Angst und Grauen.
»Komm her, mein Täubchen!« kicherte die Gestalt vor ihr. »Komm her, auf so etwas wie dich habe ich gewartet! «
Es waren genau die Worte, die Lydia wieder aufrichteten. Sie überwand ihre Angst innerhalb einer Sekunde, winkelte das freie Bein an und trat wuchtig zu, wobei ihr Körper noch in die Höhe schnellte.
Zum Glück besaß der Wildcat genügend Bodenfreiheit. Lydia hatte also Platz, und sie traf auch das von ihr anvisierte Ziel.
Sie hörte noch das Klatschen, trat noch einmal zu, und sofort löste sich der Druck von ihrem Bein.
Frei!
Rasch zog die
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