0271 - Hexen-Zauber
Vaters ließ sich sehr leicht fahren und so war sie gut voran gekommen auf der Straße, die längs der Mosel entlang führte. Das Mittagessen in Koblenz bestand aus einer Currywurst, wobei auf die Pommes frites schon aus diversen Diät-Gründen verzichtet wurde.
Regina Stubbe wollte sich am heutigen Tag einen schon lange gehegten Wunsch wahrmachen. Einen Sonnenuntergang auf der Loreley erleben – und ihn in Öl malen. Da niemand aus ihrem Bekanntenkreis, selbst ihr derzeitiger Freund nicht, besonderes Verständnis dafür aufbrachte, fuhr sie eben alleine los.
Das sportliche Girl fand es schöner, durch die Gegend zu radeln als auf das Gaspedal zu treten. Man sah so viel mehr von der herrlichen Gegend. Und die Bewegung tat außerdem noch der Gesundheit gut.
Auch wenn es ziemlich anstrengend war. Doch nun war es geschafft, und der Ausblick von der Höhe des sagenumwobenen Felsens entschädigte das Mädchen aus Trier für die überwundenen Strapazen.
Das Fahrrad lag hinter ihr im Gras. Regina saß am äußersten Ende des Rheinfelsens. In ihrem Gesicht lag das für sie charakteristische Feenlächeln. Eine leichte Brise ließ ihr langes Goldhaar wehen, während die blauen Augen schimmerten.
Geistesabwesend zog sie einen Kamm hervor und begann, sich die Haare zu kämmen. Silberhell sang sie dazu eine selbst erfundene Melodie.
Genau, wie man es von der Loreley erzählte.
Von der Hexe Loreley, die sich einst vom hohen Felsen in den Rhein hinabgestürzt haben sollte.
Regina Stubbe ahnte nicht, daß es sich im Felsen unter ihr zu regen begann …
***
Die Beschwörung endete mit einem hohlen Schrei, wie ihn der Geier ausstößt, wenn er sich auf seine sichere Beute herabsenkt. Nur Amun-Re vermochte, diesen Laut so zu formen, daß der Dämon Muurgh von ihm aus seinen Sphären angesogen wurde und erschien.
Vor Amun-Re schien die Mauer mit den ungefügigen Quadern zu verschwimmen. Einen Augenblick wurde sie transparent, während die aufgemalten Ritualzeichen einen Sekundenbruchteil aufglühten.
Dann raste aus dem Nichts eine Flammenwand empor. Geheul wie aus einer Folterkammer erfüllte die Luft. Atemberaubender Pestgestank breitete sich aus.
Amun-Re rief Worte in einer Sprache, vor der selbst die eingeweihtesten Teufelsdiener zurückbebten und die schon alt war, als König Kull die Schlangenmenschen von Valusia vernichtete.
Sofort kam Ordnung in das Chaos der Flammen. Glich die Feuerwand vorher einem ausbrechenden Vulkan, so begannen sich nun darin plastische Figuren zu formen. Körper, die nichts menschliches an sich hatten. Dämonische Kreaturen, die an einem Ort fern und unbegreiflich vom menschlichen Verstand sich im alles verzehrenden Element badeten.
Muurgh, der Alptraumdämon, bescherte Amun-Re einen Blick in jene Dimension, wo das Dämonengezücht der verflossenen Zeiten auf den Tag wartet, daß es mit machtvollen Worten herüber gerufen wird.
Am Tage, wo es gelingt, die Hohe Brücke zu schlagen, wird das Tor geöffnet und die verfluchten Götzen des alten Atlantis brechen hervor, um sich in dem Tempel des Wahnsinns wieder huldigen zu lassen.
Amun-Re wußte nicht, wann das sein würde. Doch da ihm ein Blick in jene Tiefe des Kosmos gewährt wurde, nahm er an, daß dieser Tag nicht mehr fern sein konnte.
Vielleicht war es nur Zamorra, der noch im Wege stand?
»Erscheine vor mir, Muurgh!« rief Amun-Re in der Sprache des alten Atlantis. »Versuche nicht, mich mit diesem Gaukelspiel zu blenden. Du weißt, daß ich die Macht habe, den allgewaltigen Tsat-hogguah anzurufen, der auch dir gebietet! Erinnere dich der Tage, da du trotzig warst und ich dich durch den Herrn der Echsen zwingen mußte, zu erscheinen!«
»Diese Tage sind lange vorbei!« grollte es aus dem Nichts. »Du besitzt die Bücher nicht mehr, in denen die unheiligen Worte geschrieben stehen. Jene verfluchte Formel, durch die du unseren Vater Tsat-hogguah zwingst, uns für unseren Ungehorsam zu bestrafen. Vergiß nie, daß ich mächtiger bin als du. Viel mächtiger! «
»Jedenfalls im Moment, das ist wahr!« dachte Amun-Re. Er wußte genau, daß er den Alptraumdämon nicht reizen durfte. So viel die Aktivitäten des Amun-Re dem Pandämonium von Atlantis auch nützten – der Herrscher des Krakenthrones wußte, daß ihn Muurgh in aufkommendem Zorn auf eine Art töten würde, die sich das menschliche Gehirn nicht vorzustellen wagt.
Er hatte nicht die Macht, Muurgh zu zwingen. Noch nicht!
Deshalb war es angeraten, höflich mit dem Dämon zu
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