028 - Zimmer 13
Legge bestochen hat, als er hier war; er ließ sich jeden zweiten Tag Privatbriefe hereinbringen. Aber der alte Legge hatte Geld. Er und Peter Kane sprengten die Stahlkammer der Orsonic und machten sich mit einer Million Dollar davon. Den Peter haben sie nie festgekriegt, doch Legge war leichtsinnig. Er schoß einen Polypen nieder und bekam lebenslänglich ...«
Jonny hatte Legges Lebensgeschichte schon hundertmal gehört, aber für Lal Morgen war jede Geschichte, wenn er sie erzählte, neu.
»Deshalb haßt er Peter«, erzählte Lal weiter. »Und deshalb werden sie, er und der junge Legge, den Peter noch kriegen. Der junge Legge ist ein scharfer Kerl, dreißig Jahre alt und der größte Notenfälscher der Welt! Keine Noten von der gewöhnlichen Sorte - allen Sachverständigen steht der Verstand still, wenn sie Legge Juniors Banknoten sehen. Sie können sie von den echten Lappen der Bank von England nicht unterscheiden. Polizei und Geheimdienst sind ihm seit Jahren auf den Fersen, haben ihn aber nie erwischt.«
Der Tag war warm. Lal zog seine rot und blau gestreifte Jacke aus. Er trug wie die anderen Arbeiter fleckige gelbe Hosen mit dem aufgedruckten, verblaßten Zeichen des Zuchthauses. Das Hemd war aus grober Baumwolle, weiß, mit schmalen Streifen.
»Du bist dem jungen Jeff nie begegnet?« fragte Lal und strich gemächlich einen Mörtelklumpen glatt.
»Gesehen schon - kennengelernt nicht«, antwortete Jonny finster, und Morgen blickte auf. »Er hat mich ins Loch gebracht.«
Nach dieser Eröffnung äußerte Lal seine Überraschung durch ein Neigen des Kopfes, das einer Verbeugung lächerlich ähnlich sah.
»Ich weiß nicht, warum«, sagte Jonny, »aber ich weiß, daß er den Schwindel inszenierte und mich veranlaßte, das Pferd ins Rennen zu bringen, und dann hat er gepfiffen. Bis dahin wußte ich nicht, daß der angebliche Spider King in Wirklichkeit der geschickt zurechtgestutzte Boy Sounders war.«
»Pfeifen ist scheußlich!« Lal nickte betroffen. »Und noch dazu Emanuel Legges Sohn! Warum hat er das getan? Hast du ihn mit dem Geld erwischt?«
Jonny schüttelte den Kopf.
»Ich weiß es nicht. Wenn es wahr ist, daß er Peter Kane haßt, mag er es aus Rache getan haben, da er weiß, daß ich mich mit Peter gut vertrage und ... Kurz, ich mag Peter gut. Er warnte mich davor, mit der Bande zu verkehren, die auf den Rennen ...«
»Wollt ihr wohl aufhören mit dem Geschwätz!«
Um vier Uhr sammelte sich der Arbeitstrupp und marschierte den schmalen Weg hinab auf das Gefängnistor zu. Um halb fünf schlug die gelbe Zellentür metallisch klirrend hinter Jonny ins Schloß.
Es war eine hohe, gewölbte Zelle, und die zusammengelegten farbigen Bettdecken gaben ihr sogar einen gewissen heiteren Anstrich. Auf einem Brett in der Ecke stand die Fotografie eines Foxterriers.
Jonny füllte einen Becher mit Wasser und blickte, während er ihn austrank, auf das vergitterte Fenster. Gleich mußte sein Tee kommen, und danach galt es, sich die Zeit zu vertreiben, so gut es ging. Solange es hell war, konnte er lesen. Ein Band Reisebeschreibungen lag auf dem Tisch. Er konnte auch auf einer Schiefertafel schreiben, Pferde und Hunde zeichnen, Rechenaufgaben lösen, Verse machen oder - nachdenken. Das war die schlimmste von allen Beschäftigungen.
Er schritt durch die Zelle und nahm das Foto herunter. Die Ränder waren vom vielen Anfassen weich und fransig. Der Hund blickte ihm aus dem Bild direkt in die Augen.
»Schade, daß du nicht schreiben kannst, alter Spot!«
Er stellte das Foto auf seinen Platz zurück. Andere konnten schreiben und taten es nicht. Marney hatte seit langer Zeit nicht mehr geschrieben, und Peter Kane erwähnte sie fast nie, höchstens einmal eine Andeutung: ›Marney geht es gut‹, das war alles. Aber in dieser kurzen Bemerkung war alles enthalten - Peters Widerstand, der Beschluß, daß seine Tochter keinen Mann heiraten durfte,, auf dem der Makel einer Gefängnisstrafe lag. Peters Vergötterung seiner Tochter grenzte an Manie, ihr Glück, ihre Zukunft standen für ihn an erster Stelle.
Peter mochte ihn gut - Jonny wußte es. Die Neigung, die er ihm entgegenbrachte, war die eines Vaters zu seinem erwachsenen Sohn. Wenn er nicht in das Netz verstrickt worden und ins Strafgefängnis geraten wäre, hätte Peter ihm Marney gegeben, genauso wie sie selbst bereit gewesen wäre ...
»So ist es«, sagte Jonny vor sich hin.
Der Tee kam, das letzte Zuschließen, tiefe Stille - und wieder die
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