028 - Zimmer 13
wissen, daß Gray hier seit Jahren seine Finger drin hat.«
»Auch als er sich im Gefängnis befand?« fragte Mr. Reeder mit milder Nachsicht. »Die Möglichkeit scheint mir eigentlich recht gering, meinen Sie nicht? Doch wir wollen nicht streiten, Mr. Legge.«
Es war gelungen, das Fallgitter hochzuziehen. Wenige Minuten später umarmte Peter Kane seine Tochter.
»Jonny, es ist über Sie gepfiffen worden«, begann Craig sogleich, als er ihm die Hand schüttelte. »Es wird erzählt, daß Sie an diesem Blütengeschäft beteiligt waren. Aber solange ich keine Beweise habe, will ich nicht daran glauben.«
»Wer hat den alten Legge ermordet?« fragte Jonny.
Der Inspektor zuckte die Achseln.
»Wir wissen es nicht. Aber Stevens ist verschwunden, und Stevens ist Fenners Bruder. Ich habe das von Mr. Reeder erfahren, der über hervorragende Quellen zu verfügen scheint.«
»Ganz und gar nicht«, wehrte Mr. Reeder höflich ab. »Ich habe in der Tat nur eine einzige Quelle, freilich eine hervorragende, und ihr verdanken wir alles. Doch Sie werden wohl meine Behauptung bestätigen, John, daß Stevens Fenners Bruder ist?«
Zu Peters Überraschung nickte Jonny.
»Ja, ich wußte, daß sie Brüder sind. Und ich brauche wohl nicht zu betonen, daß sie weder Stevens noch Fenner heißen. Es steht so gut wie fest, daß der alte Legge Fenner verraten hat - ihn in der Berkeley-Square-Sache der Polizei auslieferte. Vielleicht hat Stevens das erfahren und auf eine Gelegenheit gewartet, um mit Emanuel abzurechnen. Ihr habt ihn also nicht festnehmen können?«
»Nein - noch nicht«, sagte Craig.
»Hoffentlich überhaupt nicht.« Jonny ging auf Peter Kane und Marney zu. Er legte ihr den Arm um die Schulter. »Und - wie steht die Geschichte jetzt mit uns, Peter?«
»Ich werde sie dir wohl geben müssen, meinen Segen zu dieser Heirat nicht länger vorenthalten können, was immer dabei herauskommt. Und ich will alles, was in meinen Kräften steht, dazu .«
»Für Jonny kann ich garantieren«, unterbrach ihn Mr. Reeder. »Doch gestatten Sie mir, daß ich Sie um Entschuldigung bitte. Ich bin sozusagen ein Wolf im Schafspelz oder ein Schaf im Wolfspelz, wenn Sie wollen. Mein Name ist nämlich - Golden.«
»Golden!« rief Craig verblüfft. »Ich dachte, Golden wäre längst pensioniert?«
»Er ist es und ist es doch nicht.« Mr. Golden starrte ernst über seine Brillengläser hinweg. »Sehen Sie, ich bin ein vorzüglicher Bürobeamter, aber nur mäßig im Aufklärungsdienst. Trotzdem - als Mr. John Gray Reeder Oberinspektor meiner Abteilung wurde ...«
»Halt!« rief Craig. »Moment mal - John Gray Reeder? Wer ist dieser Oberinspektor John Gray Reeder?«
Mr. Golden zeigte auf Jonny.
»Jonny! Du - ein Greifer!« platzte Peter heraus. »Aber du bist doch ins Gefängnis gekommen?«
»Gewiß, ich bin ins Gefängnis gekommen. Das war der einzige Ort, wo ich über den ›großen Drucker‹ Auskunft erhalten konnte, und ich erfuhr fast alles, was ich wissen wollte. Die Prüfung dauerte zwei Jahre, aber sie war der Mühe wert, obgleich ich dabei fast das Wichtigste in meinem Leben verloren hätte -.«
»Sie sehen«, sagte Mr. Golden, dem es darum zu gehen schien, jedes eigene Verdienst von sich abzuwälzen, »ich war nur ein aufmerksamer Empfänger der Informationen und Instruktionen, die John mir gab. Ich war es, der einen weiblichen Detektiv ins Carlton Hotel schickte, um nach Marney zu sehen - in Johns Auftrag natürlich. Damit, klärt sich übrigens auch sein tadelloses Alibi für jenen Abend auf. Eine Polizeiabteilung ist stets bereit, das Alibi eines Beamten zu bestätigen, der irrtümlicherweise verdächtigt wird, ein Verbrechen begangen zu haben.«
»Wie habt ihr Keytown Jail gefunden?«
»Fenner hat gepfiffen«, sagte Mr. Golden mit einer entschuldigenden Handbewegung. »Der Ausdruck ›pfeifen‹ ist mir nicht sympathisch, aber doch recht bezeichnend.«
Zwei glückliche Menschen fuhren in dem Auto, das Marney nach Keytown gebracht hatte, nach Hause zurück. Die Gegend zwischen Oxford und Horsham ist eine der schönsten in England. Die Straße führt durch herrlichen Hochwald mit schattigen Seitenpfaden, auf denen man ungestört Rast machen kann.
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