0286 - Als der weise Merlin starb
die er die ganze Zeit über konzentriert angestarrt hatte, als könnte er dadurch etwas bewirken.
»Magische… Bombe…« preßte Kerr hervor. »Sprengt alles… in die Luft…«
Zamorra wollte es zunächst nicht glauben. Aber dann sah er, wie der Doppelgänger, kaum daß die Kugel seine Hände verlassen hatte, so schnell er konnte in Richtung auf den Verbindungstunnel zur Goldenen Burg zurannte.
»Verdammt!« fluchte der Meister des Übersinnlichen. Wann ging die Bombe hoch? Wenn sie den Boden berührte?
Die Kugel schien federleicht, sank ganz langsam. Und den Mann mit Merlins Gestalt trennten nur noch zwei, drei Schritte vom Tunnel…
Da konnte auch der größte Optimist zum Pessimisten werden.
Doch dann geschah etwas, womit niemand gerechnet hatte.
Zamorra schaltete den grünen Schutzschirm aus, weil er keinen Sinn mehr darin sehen konnte. Gleich würde alles in die Luft fliegen - ob mit oder ohne Körperfeld! Tausende Gesteinstonnen begruben alles…
Er hatte nicht mehr an die mordreds gedacht.
Die waren blind programmierte Werkzeuge, die alles daran setzten, einen einmal erhaltenen Befehl auch in die Tat umzusetzen. Und ein Befehl stand noch aus…
Zamorra handelte instinktiv, als er das rötliche Pulsieren der Eisengnome wahrnahm, die sich ihm wieder zugewandt hatten.
Seine Finger lagen noch auf den Hieroglyphen von Merlins Stern , als er ihre Absicht erkannte - und aus einem Reflex heraus den Schirm wieder aufbaute!
Die Wirkung war vernichtend!
Ein markerschütternder, grauenerfüllter Schrei vibrierte durch die Halle, echote tausendfach von den hohen Wänden wider - und brach dann ebenso plötzlich wieder ab, wie er aufgekommen war!
Zamorra sah, wie die Merlingestalt, noch ehe sie das rettende Tor zum Dimensionstunnel erreichte, von einem sonnenhellen Energieblitz zerrissen und in ihre kleinsten, unsichtbaren Teilchen zerlegt wurde!
Im selben Moment zerbröckelten die Eisengnome, als hätte sie ein rasender Korrosionsprozeß erfaßt!
Zamorra handelte gedankenschnell. Er löste endgültig den Schirm auf, rannte zu der immer noch langsam zu Boden sinkenden PSI-Bombe und beförderte sie, ohne sie mit den Händen zu berühren, mittels eines psychokinetischen Stoßes, den er mit dem Amulett suslöste, in Richtung des schwarzen Loches im Boden. Das sich in eben dieser Sekunde aufzulösen begann. Aber noch ehe es aufhörte zu existieren, verschwand die Bombe darin!
Zamorra glaubte gerade noch einen Schimmer der fernen Explosion wahrzunehmen — dann war der Tunnel aufgelöst, weg, verschwunden!
Und von hinten klopfte ihm eine Hand altväterlich auf die Schulter und jemand meinte: »Gut gemacht, Auserwählter!«
Zamorra drehte sich um und blickte in Merlins ewig junge Augen…
***
»Keine Angst, ich bin der Echte«, beruhigte ihn der König der Druiden. Sein Schmunzeln, das alle Fältchen in seinem Gesicht in Bewegung brachte, steckte an.
»Ich verstehe trotzdem immer noch nicht viel mehr als Bahnhof und Abfahrt«, bekannte Zamorra mit einem Seufzer, der aus den tiefsten Tiefen seines Seelengrundes nach oben zu steigen schien.
»Macht nichts. Ich habe zwar ein Faible für Geheimnisse«, meinte Merlin, »aber dieses Mal kann ich dich wohl kaum unwissend in der Luft hängen lassen. Nach allem, was du für mich getan hast!«
»Ich…« setzte Zamorra an und wollte hinzufügen: Ich habe doch kaum etwas getan. Die anderen haben ständig etwas mit mir gemacht…!
Doch Merlin winkte ab.
»Kümmern wir uns zuerst um Kerr. Der Ärmste hat auch einiges erleiden müssen…«
Sie schafften den Halbdruiden zurück in die verbotene Zone innerhalb Caermardhins. Dorthin, wo Kerr sich bereits eine Weile mit Merlins Geistgestalt aufgehalten hatte, ohne zu wissen, wo er wirklich war: in der Regenerationssphäre! Einer Art Hyperblase, in die der Magier sich zurückzog, wenn er Heilungsprozesse an Wunden forcieren oder einfach frische Kräfte schöpfen wollte. Ein Ort überdies, der normalerweise nur potentiell unsterblichen Personen zugänglich war…!
Machte Merlin plötzlich Ausnahmen, oder…
Zamorra dachte den Gedanken nicht zuende. Schon häufiger war er auf rätselhafte Andeutungen gestoßen, die ihm Unsterblichkeit und ewiges Leben angedichtet hatten! Er selbst glaubte nicht daran, weil die Vorstellung einfach zu fantastisch war, wenn auch gewisse Anzeichen…
Aber jetzt hatte er andere Dinge im Kopf.
Kerrs Zustand war erfreulicherweise nicht tragisch. Er hatte Glück im Unglück gehabt, weil
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