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0286 - Als der weise Merlin starb

0286 - Als der weise Merlin starb

Titel: 0286 - Als der weise Merlin starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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herrschte ein unglaubliches Gedränge und Geschubse. Das ganze britische Empire - zumindest, was davon übriggeblieben war — schien versammelt zu sein.
    Kerr erwartete sie direkt am Ausgang der Zollkontrolle. Wie gewöhnlich trug er einen grauen Trenchcoat und ein jungenhaftes Grinsen im Gesicht, als er sich durch heftiges Gestikulieren und lautstarkes Rufen bemerkbar machte.
    Nicole steuerte direkt auf ihn zu und fiel ihm zur Begrüßung in die Arme.
    Zamorra brauchte etwas länger, da er die ehrenvolle Aufgabe übernommen hatte, sich um Nicis »Handgepäck« zu kümmern. Wer ihren Einkaufstick kannte, hätte vielleicht angenommen, sie würde höchstens ein kleines Handköfferchen mit dem Nötigsten mitschleppen, aber dann hätte das Unikum, das Zamorra verzweifelt hinter ihr her schleppte, leer sein müssen, und das war es nicht!
    »Erbarmen!« keuchte Zamorra, als er den Yard-Inspector und Freund endlich erreichte und das riesige Gepäckstück vor sich auf den Boden pflanzte. Das Ding hatte gewaltige Ähnlichkeit mit einem Überseekoffer aus frühen Tagen, wie er für weite Schiffsreisen benutzt wurde. »Hallo, Inspector! Schön, daß du dir die Zeit genommen hast, uns abzuholen.« Zamorra schüttelte dem Sohn eines Silbermond-Druiden und einer Erdenfrau lachend die Hand. Aber ein Blick in Kerrs schockgrüne Augen genügte, um ihm bewußt zu machen, daß sie höchstwahrscheinlich nicht zum Vergnügen nach Old England gekommen waren.
    Kerr hatte Sorgen.
    Und die standen ihm ins Gesicht geschrieben, nachdem sie die ersten, herzlichen Begrüßungsfloskeln ausgetauscht hatten.
    »Worum geht es?« erkundigte sich dann auch Zamorra, kaum daß sie das Flughafengebäude verlassen hatten und auf einen im Halteverbot stehenden, silbermetallicfarbenen Vauxhall zusteuerten.
    »Später«, winkte Kerr ab, während er Zamorra half, das überdimensionale Köfferchen im »Laderaum« des Wagens zu verstauen. »Erst fahren wir zu mir nach Hause. Soviel Zeit muß sein. Ihr seid natürlich meine Gäste. Babs hat sich extra heute Nachmittag etwas früher freigenommen, um ein kleines Abendessen als Willkommen zu arrangieren.«
    »Himmel, meine schlanke Linie!« rief Nicole.
    »Die hat Pause«, bestimmte Kerr.
    »Na gut, ich beuge mich der Polizeigewalt.«
    Als sie Kerrs Wohnung erreichten, war bereits die Dunkelheit hereingebrochen.
    Und das Böse holte zu seinem zweiten Schlag aus…
    ***
    »Eine gespenstische Nacht«, krächzte der alte Mann am Feuer. Seine rasselnde Stimme ließ auf gut geteerte Atemwege schließen. Die Flammen warfen bizarre Lichtreflexe auf seine ledrige Gesichtshaut. Seine winzigen Augen funkelten und huschten unstet hin und her. Ab und zu sah er vom Feuer auf und betrachtete den wolkenverhangenen Nachthimmel, der stahlgrau und irgendwie unwirklich zu ihnen herunterglotzte. Kein Stern war zu erkennen, nur ein Brei lautlos ineinanderfließender Luftmassen. »Es scheint ein Unwetter zu geben. Da braut sich einiges zusammen…«
    Der Alte nagte an seiner Unterlippe und blickte zu seinem Gegenüber, dessen Gestalt verzerrt hinter den Flammen und der flirrenden Luft sichtbar war.
    »Spielst du wieder Wetterfrosch?« knurrte Archimedes und spuckte einen Pfriem ins Feuer. Interessiert lauschte er dem kurzen Zischen und Prasseln.
    Im nächsten Augenblick zuckte er entsetzt zurück.
    »Was…« stieß er hervor, brach aber sofort wieder ab, weil er sich vor dem Alten nicht bloßstellen wollte. Er rieb sich die Augen und war überzeugt, daß die Erscheinung verschwunden sein würde, wenn er wieder hinblickte. Daß die züngelnden Flammen ihm einen Streich gespielt hatten…
    Aber noch ehe er die Augen wieder öffnen konnte, hörte er Johns lauten Aufschrei!
    »Verdammt - was ist das?« brüllte der Alte.
    Doch keine Halluzination?
    Archimedes öffnete die Augen und starrte erst in das schockverzerrte Gesicht seines Partners und dann zurück zum Feuer…
    …und glaubte verrückt werden zu müssen!
    Oder war er es bereits?
    Vor ihnen spielte sich Unheimliches ab.
    Eine häßliche, metallisch schimmernde Statue hing plötzlich über den lodernden Flammen in der Luft, schaukelte unruhig auf und nieder, als würde sie von dem flackernden Feuerschein getragen, wie ein Schiff auf unruhiger See!
    »Wahnsinn!« stammelte Old John.
    Archimedes brachte keinen Ton mehr heraus. Ihm war, als greife eine eisige Faust nach seinem Herzen und würde es langsam abwürgen.
    Panik sprang ihn an!
    Die Umgebung begann sich um ihn zu drehen,

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