03 Arthur und die Stadt ohne Namen
nach wie vor seine eigenen Wege. Aber wenn wir zusammensaßen, dann redeten wir miteinander. Und hörten uns gegenseitig zu.
Einmal im Monat trafen wir uns mit Larissas Familie, entweder beim Bücherwurm oder bei uns. Es entwickelte sich so etwas wie eine Freundschaft zwischen Larissas und meinen Eltern, was uns beide sehr freute.
Die hohen Reisekosten unserer Abenteuer hatten die Ersparnisse des Bücherwurms fast erschöpft. Er hatte seinen Buchladen wieder eröffnet, aber selbst in guten Zeiten konnte er kaum davon leben. So überlegte er, das Geschäft zu verkaufen und sein Antiquariat ausschließlich über das Internet fortzuführen. Als meine Eltern davon hörten, boten sie ihm an, als Teilhaber in sein Geschäft einzusteigen. »Wir haben ein wenig gespart und auch einige gute Geschäfte am Aktienmarkt gemacht«, erklärte mein Vater dem Bücherwurm bei einem unserer gemeinsamen Abendessen. »Und wie uns Arthur versichert, ist das Geld bei Ihnen in besten Händen.«
Abends hockten der Bücherwurm, Larissa und ich gerne bei einer Tasse Tee zusammen, so wie wir es die ganzen Jahre immer gemacht hatten. Und immer wieder kamen wir dabei auf die Vergessenen Bücher und ihre Geschichte zurück. Es gab noch so vieles, das wir nicht wussten. Auch der Bücherwurm konnte nicht alle unsere Fragen beantworten.
»Waren wir also die ganze Zeit nichts als Werkzeuge einer uralten Prophezeiung?«, fragte ich einmal.
Der Bücherwurm lächelte. »Ich glaube fest daran, dass jeder Mensch sein eigenes Schicksal bestimmt. Ob zum Guten oder zum Bösen. Es gibt keine übermächtige Kraft, die unser Leben regiert.«
»Ich sehe das auch so«, stimmte ihm Larissa zu. »Auch wenn sich damals die ersten Bewahrer hingesetzt und einen Plan ausgesponnen haben, so war es doch unsere freie Entscheidung, uns auf die Jagd nach den Vergessenen Büchern zu machen.«
»Am Anfang vielleicht«, sagte ich. »Aber dann wurde uns die Wahl doch abgenommen und wir wurden von den Schatten erpresst.«
»Ich wurde erpresst«, korrigierte sie mich. »Du hättest dich auch ebenso gut da raushalten können.«
»Aber du bist meine Freundin. Ich konnte gar nicht anders handeln.«
»Du konntest schon«, warf der Bücherwurm ein. »Aber du wolltest nicht. Du hast eine Entscheidung getroffen und dann gehandelt. Und alles, was danach geschehen ist, ist eine Folge deines Entschlusses gewesen.«
»Larissa hätte dasselbe für mich getan«, sagte ich. »Das ist doch selbstverständlich.«
Er schüttelte den Kopf. »Davon bin ich nicht überzeugt.«
»Wovon? Dass ich ihm nicht geholfen hätte?« Larissa funkelte ihren Großvater an.
»Nein, nein! Natürlich hättest du Arthur zur Seite gestanden, daran habe ich nicht den geringsten Zweifel. Ich meinte die Selbstverständlichkeit, von der er gesprochen hat. Wir haben es in der Geschichte zu oft erlebt, dass Menschen das Selbstverständliche unterlassen haben. Oft aus Angst, oft aber auch aus Hass, Vorurteilen oder Machtgier.«
»Und solange das so ist, wird man auch immer Bewahrer brauchen«, sagte Larissa bestimmt und drückte meine Hand.
Quellen
Eine Geschichte wie die Trilogie der Vergessenen Bücher ist nie nur reine Erfindung, sondern baut auf dem auf, was andere vorher erlebt und geschrieben haben. Auch wenn ich (bis auf den Jemen) alle Schauplätze der Geschichte besucht habe, so hätte ich die Bücher doch nicht in dieser Form schreiben können, ohne auf weitere Quellen zurückzugreifen.
In erster Linie war das Internet natürlich eine ungemeine Hilfe, wenn es darum ging, ein historisches Datum nachzulesen oder mithilfe von Google Street View noch einmal eine bestimmte Straße entlangzufahren. Auch die vielen Panoramafotos von Sanaa auf www.360cities.net stellten sich als unverzichtbar heraus.
Allerdings sind viele der Informationen über den Jemen sehr widersprüchlich, sowohl im Web als auch in den Büchern, die ich herangezogen habe. Das beginnt bei den Begrifflichkeiten für Kleidungsstücke und endet bei der Schreibweise vieler Wörter. Falls ich mich für eine falsche Variante entschieden haben sollte, bitte ich bereits jetzt dafür um Verzeihung.
Drei Bücher möchte ich besonders hervorheben, ohne die ich Sanaa und die Wüste nicht hätte so beschreiben können: Im Leeren Viertel von Bruce Kirkby (Piper Verlag, 2003) schildert die Durchquerung der Rub al-Khali auf Kamelrücken durch drei junge Kanadier. Daraus habe ich die Schilderungen des Beduinenlebens und des Kamelreitens
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