03 - Sarggeflüster
musste doch zumindest so tun als ob), hatte ich versucht mir einzureden, dass diese stille Nachricht nichts als ein Irrtum gewesen war. Offenbar hatte Ty die falsche Nummer gewählt. Er hatte versucht, mit der Schlampe Kontakt aufzunehmen, wegen der er mich verlassen hatte, und hatte, ohne es zu wollen, die Nachricht an moi geschickt.
„Du musst mir zuhören. Ich brauche dich. Ich bin in... „
In was?
In meinem Bett und hol mir gerade einen runter? Und brauche dringend jemanden für schnellen Sex, damit ich nicht blind werde?
Oder vielleicht war er auch in der Dusche und brauchte jemanden, der sich bückt und die Seife aufhebt?
Oder vielleicht war er in Stimmung für das ein oder andere Tröpfchen AB
negativ und benötigte einen warmen, willigen Spender?
Im Ernst, wer wusste schon, mit wie vielen Frauen Ty gerade was am Laufen hatte? Vermutlich ließ er jede mit einer Vagina und einem Paar Fangzähnen an sich nippen. Er könnte mit jedem weiblichen Vampir in ganz Manhattan telepathisch verbunden sein.
Oder aber: Er könnte sich in ernsthaften Schwierigkeiten befinden.
Mein Verstand stimmte für die erste Erklärung. Meine Hormone unterstützten lautstark Nummer zwei. Und mein Herz?
Diesen ganz speziellen Teil meiner Anatomie sparte ich mir für Graf Traumdracula auf. Da Ty ein gewandelter Vampir ist und ich ein gebürtiger, liegt es für uns beide nicht im Bereich des Möglichen, gemeinsam eine Familie zu gründen, ein paar Babyvampire zu produzieren und bis in alle Ewigkeit glücklich miteinander zu leben. Gewandelte Vampire können sich nicht fortpflanzen. Dafür brauchte ich jemanden von meiner eigenen Art.
Jemanden, der so megaliziös war wie Ty, aber mit der passenden DNA des gebürtigen Vampirs. Jemanden wie, sagen wir mal, Remy Tremaine.
Remy war der Chef der Polizei von Fairfield und besaß nebenbei auch noch eine Sicherheitsfirma, mit der er ein Schweinegeld verdiente. Anfangs mochte ich ihn nicht so recht. Wir waren schon seit ewigen Zeiten befreundet, und ich hatte ihn sogar mal in Unterhosen gesehen, drüben in der alten Heimat. Mehr muss ich dazu doch wohl nicht sagen.
Kürzlich hatte er mir aber in einem verzweifelten Kampf mit einer rachsüchtigen Vampirin beigestanden. Komisch, um wie viel attraktiver einem ein Mann vorkommt, wenn er sich für einen prügelt.
Aber Ty verdiente sich mit so was seinen Lebensunterhalt. Tagein, tagaus. Er sah der Gefahr ständig ins Auge. Was bedeutete, dass ich mir weder ihn noch seinen nackten, harten Körper aus dem Kopf schlagen konnte.
Außerdem bedeutete es, dass er vermutlich schon einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von Leuten auf den Schlips getreten war und sich jede Menge Feinde gemacht hatte. Leute, die ihm wehtun wollten. Oder schlimmer noch ...
Der Aufzug hielt mit einem solchen Ruck an, dass mir deutlich hörbar die Zähne aufeinanderklappten. Ich betrat den nächsten engen Korridor. Das Gangsta-Motiv setzte sich auch hier fort. Noch mehr Blau und Orange und dazu ein wenig Lila, mit dem einen oder anderen Kraftausdruck garniert.
Ich erreichte seine Tür und packte den Türknauf. Mit ein bisschen Glück würde seine Wohnung dem Ort eines Zugunglücks gleichen, mit jeder Menge Hinweisen zu seinem gegenwärtigen Aufenthaltsort.
Metall knirschte und brach. Mit einem lauten Kreischen öffnete sich die Tür.
Mein übernatürlicher Blick durchschnitt die Dunkelheit und suchte das Innere seines riesigen Lofts ab. Es war das Zugunglück. Möbel lagen umgeworfen herum. Kissen waren aufgeschlitzt worden, Schubladen herausgezogen und zur Seite geworfen. Der Boden war mit Müll übersät. Ich war mir ziemlich sicher, dass sich hier Dutzende von Möglichkeiten für Fingerabdrücke und DNA-Nachweise boten.
Leider war Spurensicherung kein Bestandteil meiner Supervampir-Fähigkeiten. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was ich tun oder wo ich anfangen sollte zu suchen.
Stattdessen konzentrierte ich mich darauf zu atmen. Das ist zwar keine Notwendigkeit für meine Art, aber manchmal ganz nützlich, wenn ich mich über etwas aufrege.
Einfach nur atmen. Ein. Aus. Ein ...
Ich betrat das Loft, und sofort breitete sich in meiner Magengegend ein Gefühl von Übelkeit aus. Statt die ganze Szene in einem einzigen großen Happen in mich aufzunehmen, entschied ich mich dafür, sie häppchenweise zu konsumieren, einen kleinen Teil nach dem anderen.
Mondlicht schien durch die Fenster, die vom Boden bis zur Decke reichten und eine ganze Wand ausfüllten. Es
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