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03 - Schatten Krieger

03 - Schatten Krieger

Titel: 03 - Schatten Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Himmel spielten Schattierungen von Rosa und Grau, als Corlek Ondene auf dem alten Mönchs-Pfad den Barathra-Hügel hinaufstieg. Der frische Duft von jungen Blättern und sprießenden Blumen erfüllte die kühle Luft. Die ersten Frühlingsblüten überzogen die niedrigen Büsche und schmückten die schlichten Holzbänke, die im Abstand von etwa zwanzig Metern den Weg säumten. Dies war ein Ort der Sammlung und Besinnung, doch während Corlek einherschritt, kreisten seine Gedanken immer wieder um den Brief, der in einer Innentasche seiner Robe steckte. Er war vor vier Jahren verfasst worden und hatte ihn vor drei Jahren erreicht. Damals lag er von Fieberkrämpfen geschüttelt in einem vom Ozean umtosten Turm am westlichsten Gestade der Sturmbrecher-Inseln.
    In diesem Schreiben unterrichtete ihn sein älterer Bruder Rhanye vom tragischen Tod ihres Vaters. Er war bei einem Bootsunglück im Hafeneingang von Sejeend ums Leben gekommen. Dem folgte eine kurze Schilderung, wie die Minister des Kaisers durch eine Intrige die Ondene-Familie um ihren gesamten Besitz und ihr Land betrogen hatten, das anschließend irgendeinem Günstling am Hofe zugeschoben worden war. Immerhin hatte sich der Kaiser herabgelassen, seiner Mutter und seinem Bruder zu gestatten, weiterhin in ihrem alten Sommersitz zu leben. Außerdem gewährte er ihnen eine jährliche Apanage, als »Geste der unfehlbaren Großzügigkeit der Krone …«, wie sich der Kaiser ausdrückte.
    Corlek lächelte trübsinnig, während er weiterging. Er konnte sich unschwer vorstellen, mit welch beißendem Sarkasmus Rhanye diese Worte zitierte. In dem Brief beruhigte er Corlek, dass es ihnen trotz der widrigen Umstände gut ging, und schloss mit dem Satz: »In den sechs langen Jahren seit deinem ungerechten und unverdienten Exil ist keine Woche vergangen, in der wir nicht vor dem Erden-Mutterschrein gebetet haben. Wir sind in Gedanken immer bei dir, Bruder. Möge das Licht mit dir sein …«
    Jedes einzelne Wort des Briefes hatte sich durch die unzähligen Male, die Corlek das Schriftstück in den vergangenen drei Jahren gelesen hatte, unauslöschlich in sein Gedächtnis gebrannt. In den letzten Tagen seiner Wanderschaft als Söldner war jeder Satz zu einem kleinen Schatz geworden, ein Fragment des Lebens, das er vor einem Jahrzehnt aufgegeben hatte. Dennoch hatte Rhanye in dem Brief mit keinem Wort den Grund erwähnt, warum Corlek wie von Furien gehetzt aus Sejeend und den Ländern des Reiches geflohen war. Weil, wie Corlek wusste, seine Mutter den Brief sicherlich gelesen hatte, bevor sie ihn absendeten.
    Es wäre wohl unschicklich gewesen zu erwähnen, dass ein junger Ritter, der gerade erst in die Eherne Garde aufgenommen worden war, die Tochter des Kaisers entehrt hat, stimmt's, Mutter?,
dachte er.
Vor allem, wenn es sich bei diesem jungen Ritter um deinen eigenen Sohn handelt…
    Der Boden wurde ebener, als Corlek auf den Hügelkamm hinaustrat, der von zwei Öllampen mit kelchförmigen Gläsern schwach beleuchtet wurde. Die grasbewachsene Lichtung dominierte ein Brunnenschrein, der dem Gedenken an den göttlichen Kaiser Tauric I. gewidmet war, dem Befreier Sejeends, der sein Leben in jener letzten Schlacht gab, in welcher der Herr des Zwielichts endgültig besiegt wurde. Über dem muschelartigen Becken erhob sich eine Statue aus blassem Marmor, die den jungen Kaiser zeigte. Er schwenkte ein Banner über dem Kopf, während er den Fuß auf den Rücken einer fünfköpfigen, reptilienartigen Bestie stemmte, aus deren gefletschten Fängen Wasser in das Becken sprudelte. Das Becken wies einen fingerlangen Riss auf, der schon sehr alt sein musste, dem langen Streifen von grünen Algen nach zu urteilen, die das heraussickernde Wasser auf der Unterseite des Beckens bis zum Sockel gebildet hatte. Im Licht der Lampen wirkte dieses Rinnsal fast schwarz. Es rann die andere, steilere Seite des Barathra-Hügels hinunter, vorbei an krummen, verblichenen Holzstufen. Corlek hegte viele Erinnerungen an Lyndil, die Tochter des Kaisers, deren Schönheit und Anmut sein Herz und seinen Verstand verzaubert und seine Sinne umgarnt hatte. Als der Kaiser ihre Liebe entdeckt hatte, war er so wütend geworden, dass ein Freund seines Vaters Corlek geraten hatte, schleunigst aus der Hauptstadt zu fliehen, um einer Anklage wegen Hochverrats zu entgehen, der mit Sicherheit ein Todesurteil gefolgt wäre. Doch jetzt war Magramon tot und seine Leiche in der königlichen Gruft auf der Insel des Gedenkens

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