03 - Tödliches Vermächtnis
Gama gelebt hatte, musste wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen sein. Mehrere Feuerwehren hatten damit zu tun gehabt, allein die Nachbarhäuser zu sichern.
Mittlerweile hatte die Suche nach der Ursache schon begonnen. Tom fragte sich, wer ihn bei da Gamas Anwesen gesehen haben mochte und in der Lage war, eine Personenbeschreibung abzugeben.
Aber das war nicht einmal sein größtes Problem. Das würde sich erst ergeben, sobald eine Verbindung zwischen allen drei Explosionen hergestellt wurde. Zumindest Carcía-Carrións Villa war mit Überwachungskameras gesichert gewesen. Womöglich war eine mit zusätzlichem Personal aufgestockte Mordkommission schon damit befasst, das Bildmaterial auszuwerten. Und in Oviedo?
Wie lange wird es dauern, bis ich identifiziert bin? Keine angenehme Überlegung.
Wer immer ihm das eingebrockt hatte – Tom tippte spontan auf den Mann in Weiß – war ein Gegner, den er nicht unterschätzen durfte. Vielleicht wussten der Weiße und seine Indios inzwischen, wo sie das Artefakt finden konnten. Tom bezweifelte nicht, dass sie die drei Kunstsammler vor deren Tod gefoltert hatten, um Informationen aus ihnen herauszupressen, die sie ihm nicht preisgegeben hatten.
»Ist Ihnen nicht gut?«, erkundigte sich die Verkäuferin fürsorglich. »Ich habe hinten eine kleine Kammer …«
»Nein, alles in Ordnung.« Zielsicher griff Tom nach einer Sonnenbrille in dem Drehgestell vor ihm und setzte sie kurz auf. Passt. »Ich glaube, das wäre es dann.« Er legte die Brille zu dem Poncho und der Mütze. Unglaublich langsam verstaute die Frau alles in einer Tüte. Tom zahlte.
Er schaffte es gerade noch, den Leihwagen abzugeben, bevor die hiesige Filiale schloss. Im Hotel hatte er schon zuvor ausgecheckt und deshalb seine Reisetasche bei sich. Er ließ sich von einem Taxi zur nächstgelegenen Eisenbahnstation fahren.
Allerdings dachte er nicht daran, die Stadt schon zu verlassen. Vielmehr versorgte er sich mit einigen Flaschen Mineralwasser, einer großen Chorizo und etwas Gebäck. Danach informierte er sich über einfache Unterkünfte. Er suchte nichts Luxuriöses, sondern ein unauffälliges Haus, das über Internetanschluss verfügte und in der Nähe eines öffentlichen Verkehrsmittels lag.
Die Reisetasche deponierte er in einem Schließfach und nahm nur das Nötigste daraus mit. In einer Bahnhofstoilette warf er sich den Poncho über, setzte die Mütze auf und brach die getönten Gläser aus der Brille. Als er wieder auf der Straße stand, hätte er sich wahrscheinlich selbst nicht erkannt. Sein ganzes Gepäck waren jetzt zwei Tragetaschen aus Leinen und die Papiertüte.
Möglich, dass er übertrieb. Andererseits: besser so, als letztlich das Nachsehen zu haben. Mittlerweile wusste er auch genau, wohin er wollte. Er lief eine Zeitlang kreuz und quer durch die Stadt und steuerte dann das von außen leicht heruntergekommen wirkende kleine Hotel an.
Es dämmerte schon, als er sein Zimmer im ersten Stock bezog. Aus einem Getränkekasten auf dem Treppenabsatz hatte er eine große Cola mitgenommen und die dafür verlangten drei Euro in die an der Wand verdübelte Dose geworfen.
Gut zwanzig Minuten lang stand Tom neben dem Fenster, trank hin und wieder einen Schluck aus der Plastikflasche und blickte auf die Straße hinab, auf der das Nachtleben begann. Außer Regen hatten die Scheiben längere Zeit kein Wasser mehr gesehen. Tom war das nur recht; die Schlieren allein erschwerten es schon, von unten oder der gegenüberliegenden Straßenseite ins Zimmer zu schauen.
Er hatte nicht den Eindruck, dass jemand draußen herumlungerte und das Hotel beobachtete. Tom verhängte das Fenster. Die Tür hatte er von innen verschlossen, den altertümlichen Bartschlüssel stecken gelassen und die Kette eingehängt.
Er setzte sich an das kleine wacklige Tischchen und ging ins Netz. Zuvor hatte er sich mit dem Taschenmesser ein größeres Stück von der Chorizo abgesäbelt. Darauf kaute er herum. Die Wurst war perfekt, er schmeckte sogar einen Hauch von Oregano.
Tom hatte den Link zu der Tickerseite als Favoriten gespeichert. Er suchte nach neuen Informationen über die Explosion, aber da gab es nichts von Interesse, nur einige Bilder von den Löscharbeiten.
Im Fall Juan Martinez del Mazo fand er ein Interview mit einem Polizeisprecher. Der Mann versicherte, dass die Aufklärung mit Nachdruck vorangetrieben werde, doch zu wesentlichen Aussagen ließ er sich nicht verleiten. Ein Bekennerschreiben der ETA, sagte
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