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03 - Tödliches Vermächtnis

03 - Tödliches Vermächtnis

Titel: 03 - Tödliches Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Märchen hören! Für wen arbeitest du?«
    Ein Klingelton hing plötzlich im Raum. Einer der Leibwächter nahm den Anruf entgegen. »Ja … was? Warum erfahren wir das erst jetzt? … Schon in der Einfahrt? Moment …«
    Für eine Sekunde war Stille.
    »Big Rico ist angekommen!«, sagte der Leibwächter hart.
    Ybarras Blick verengte sich, über seiner Nasenwurzel entstand eine steile Falte. »In Ordnung. Bringt ihn in mein Büro, ich erwarte ihn dort.« Mit dem Kinn wies er auf Ericson. »Und kümmert euch um den da! Holt die Wahrheit aus ihm raus, und das möglichst schnell! Aber nicht hier, wo jeder seine Schreie hören kann. Bringt ihn nach unten, in die Grube. Und dann …« Seine Geste war unmissverständlich. Mit der Handkante an der Kehle entlang.
    ***
    Tom schimpfte sich einen blauäugigen Narren, aber für Reue war es zu spät. Das Risiko war ihm von vornherein bewusst gewesen, nur hatte er es schlicht ignoriert. Natürlich wäre er zu jedem anderen Zeitpunkt vorsichtiger gewesen. Die mehreren hundert Gäste auf dem Anwesen waren ihm allerdings wie eine Art Rückversicherung erschienen. Eine Rückendeckung, die nichts taugte, das erkannte er, als ihn die Leibwächter zur Tür schoben.
    Einfach loslaufen und darauf hoffen, dass er in der Menge Schutz finden würde? Er konnte ja nicht einmal erkennen, wer von den Gästen zu Ybarras engsten Vertrauten gehörte. Ganz sicher standen viele auf seiner Lohnliste.
    Bis eben war es relativ still gewesen. Urplötzlich hallten Mariachiklänge herein. Tom begriff, dass die Eingangstür geöffnet worden war und jemand die Vorhalle betrat. Schon wurde der Durchgang zu dem großen Wohnraum aufgestoßen. Die Musik wurde wieder abgedämpft. Ein Walross von einem Mann wuchtete sich durch die Türöffnung und starrte in den Raum. Big Rico? Die Reaktion etlicher Gäste, die sich regelrecht abduckten, ließ es vermuten. Der Mann war offenbar eine lokale Größe – und das nicht nur körperlich. Sogar Ybarra schien Respekt vor ihm zu haben.
    Tom reagierte gedankenschnell. »He, Fettsack!«, rief er in die unangenehme Stille hinein. »Intelligente Menschen klopfen an. Fehlt es dir an Hirn oder an Benehmen?«
    Er spürte das Erschrecken der Leibwächter; der Griff an seinem Oberarm lockerte sich ein wenig. Tom riss sich los und stürmte vorwärts.
    Big Rico schnaubte wütend auf. Sein feistes Gesicht mit den faltigen Hängebacken verzerrte sich in aufkommendem Zorn, und seine Arme, dicker als der Oberschenkel eines Gewichthebers, holten in einer weiten Bewegung aus. Wie die Backen einer sich schließenden Zange, nur nicht schnell genug. Tom drosch dem Fetten seine Faust ins Gesicht und hatte den Eindruck, als stoße er überhaupt nicht auf Widerstand. Schon tauchte er unter den zupackenden Armen hindurch und warf sich geradezu gegen die Eingangstür.
    Hinter ihm erklangen das Prusten des Walrosses und die Rufe der Leibwächter, doch beides ging im erneuten Anbranden der lauten Mariachi-Musik unter. Die Mexikaner mussten in unmittelbarer Nähe der Haustür stehen.
    Tom riskierte einen schnellen Blick zurück. Big Rico hatte sich herumgewälzt und stapfte mit der Grazie eines gereizten Nashorns hinter ihm her. Immerhin war der Koloss schneller als Ybarras Männer. Oder sie mussten Rücksicht auf ihn nehmen.
    Seine Chance. Tom schlüpfte durch den Spalt der Haustür, die langsam wieder zuschwang.
    Trompeten schmetterten, Geigen weinten. Tom hörte einen Schuss, aber da wäre es für eine Reaktion ohnehin zu spät gewesen. Neben ihm klatschte die für ihn bestimmte Kugel ins Türblatt. Er warf sich zur Seite, hörte Big Rico aufbrüllen und sah aus dem Augenwinkel, dass der Fette beide Hände zu seinem rechten Ohr hochriss. Blutspritzer versauten die weiß verputzte Wand.
    Schnell weg von dem Gelände, bevor Ybarras Leuten die Treibjagd eröffneten. Noch schien der Schuss draußen nicht bemerkt worden zu sein, aber Big Ricos Gebrüll nahm es mit dem Mariachi-Ensemble auf.
    Die ersten schrägen Akkorde mischten sich in die Gitarren- und Geigenklänge, als Ericson über den Vorplatz sprintete. Die Musik behauptete sich noch ein paar Sekunden lang, dann versank sie im Missklang.
    »Haltet ihn!«, rief jemand. Nur eine Stimme. Sie reichte nicht bis zu den Wächtern am Schlagbaum.
    Eine schwere Limousine stand in der Einfahrt. Sie blockierte eine Reihe anderer Fahrzeuge, wartete offenbar darauf, dass einer von Ybarras Leuten sie einparkte. Tatsächlich kam soeben einer der livrierten

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