0307a - Marionetten des Satans
diesem Morgen nicht ohne Grund in Gander’s Inn gewesen. Seit Monaten schon war das FBI einer Bande auf der Spur, die sich darauf spezialisiert hatte, Waren und Menschen illegal über die Grenze zu transportieren. Die Bande hatte sich neu in New York etabliert, deshalb gab es nur wenige Anhaltspunkte. Harper hatte den Fall zugeteilt bekommen und stand an diesem Abend dicht vor seinem größten Erfolg. Er hatte herausgefunden, dass Joseph Smith für die Bande arbeitete und sich an diesem Abend mit einem der Bosse - wenn nicht gar dem Boss - in Gander’s Inn treffen sollte. Harper war in das Lokal gekommen, um den Mann dabei festzunehmen. Und dann war Smith vor seinen Augen ermordet worden.
Es blieb offen, ob die Bande herausgefunden hatte, dass ein FBI-Mann im Lokal war. Die Tatsache, dass der Killer unmaskiert gekommen war, sprach dagegen. Denn es zeigte sich bald, dass keiner der Zeugen das Gesicht des Mörders deutlich gesehen haben wollte. Der Verbrecher konnte darauf vertrauen, dass die Angst sie am Sprechen hindern würde. Und dass Figuren wie Stoker Kane und Jingle Jumbo nicht auspacken würden, war sowieso klar.
Anders lag es bei Harper. Er hatte den Killer gesehen und konnte ihn wieder erkennen. Verbissen machte sich Harper daran, diese Aufgabe zu lösen.
Er stellte bald fest, dass der Mann nicht in New York registriert war. Aber eine winzige Beobachtung half ihm weiter. Der Gangster hatte eine Spur texanisch gesprochen. Harper wandte sich an die FBI-Kollegen in Austin und Dallas und hatte bald ein Foto des Mannes in der Hand. Er hieß Angelo Veranazzo, war fünfunddreißig Jahre alt und hatte ein paar Vorstrafen wegen kleinerer Diebstähle. Vor ungefähr drei Monaten hatte er Austin verlassen, und das war genau der Zeitpunkt, an dem die Bande in New York auf getaucht war.
Mit diesem Material hatte Harper es verhältnismäßig leicht. Er ließ das Foto vervielfältigen und verteilte es bei Kneipenwirten und V-Leuten in der Unterwelt. Der Gangster war von auswärts gekommen, also kein Mitglied der New Yorker Unterwelt, und es war unwahrscheinlich, dass man dort versuchen würde, ihn zu decken.
Harpers Annahme erwies sich als richtig. Ungefähr eine Woche nach dem Mord bekam er den entscheidenden Tipp. Im Morgengrauen eines trüben, regnerischen Tages wurde ein kleines Hotel in Charltonville, einem Vorort von New York, von Cops umstellt. Angelo Veranazzo wurde aus dem Bett heraus verhaftet. Der Gangster war unbewaffnet und leistete keinen Widerstand.
Bald stellte sich heraus, dass es nicht leicht sein würde, ihn zu überführen. Er leugnete selbstverständlich die Tat. Harper gelang es nicht, den Buick oder die Mordwaffe aufzufinden. Eine Gegenüberstellung mit den Personen, die Zeuge des Mordes in Gander’s Inn gewesen waren, blieb fruchtlos, niemand wollte in Angelo Veranazzo den Mann wiedererkennen, der Joseph Smith erschossen hatte.
Wenn Harpers Aussage nicht gewesen wäre, hätte man den Mann wieder laufen lassen müssen. Harper aber war sich seiner Sache völlig sicher. Angelo Veranazzo war der Mörder.
Natürlich war es auch unmöglich, Veranazzo irgendwelche Angaben über die Bande zu entlocken. Man versuchte es in stundenlangen Verhören, musste es aber schließlich aufgeben.
Der zuständige District Attorney drängte auf eine baldige Verhandlung. Mit Harpers Aussage war er sicher, eine Verurteilung herbeizuführen.
Kurz vor dem ersten Verhör war Veranazzos Anwalt erschienen. Glen Forester, ein bekannter Strafverteidiger, der schon viele prominente Gangster vor Gericht verteidigt hatte. Glen Forester gehörte zu den teuren Anwälten, und Veranazzo hatte kein Geld.
Offen blieb demnach, wer Glen Forester bezahlte. Diskreten Fragen in dieser Richtung wich er aus.
Das FBI verbuchte diese Tatsache als einen weiteren Beweis dafür, dass Veranazzo für eine Bande arbeitete. Man nahm an, dass seine Auftraggeber ihm den teuren Anwalt stellten, um ihm zu beweisen, dass man alles für ihn tat. Solange er nicht auspackte.
Der Prozess begann am 12. Mai und sollte zwei Tage dauern. Der Fall schien einfach. Auf die entsprechende Frage des Richters erklärte Veranazzo sich für nicht schuldig. Dann kamen die Beweisanträge. Nacheinander marschierten Stoker Kane, Jingle Jumbo und Ikey, der Barmixer von Gander’s Inn, in den Zeugenstand. Auf die jeweiligen Fragen gaben sie an, in Angelo Veranazzo nicht mit Sicherheit den Mann wiederzuerkennen, der Joseph Smith ermordet hatte.
Harpers Aussage war für
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