0307a - Marionetten des Satans
den zweiten Tag vorgesehen. Es war klar, dass sie für den Prozess von entscheidender Bedeutung sein würde, und wenn es etwas gab, worüber die Zuschauer rätselten, dann war es die Frage, wie Glen Forester mit dieser Aussage, die praktisch einem Todesurteil für seinen Mandanten gleichkam, fertig werden wollte.
Am Abend des 12. Mai verließ Dick Harper gegen 20 Uhr das Dienstgebäude des New Yorker FBI-Districts in der Östlichen 69. Straße von Manhattan. Er überquerte die Straße und holte seinen Privatwagen, einen grauen Chevy, aus der Garage gegenüber. Er erreichte über den Franklin D. Roosevelt Drive die Queensboro Bridge. Auf dem Boulevard Vemon in Queens geriet er in eine Verkehrsstockung. Ein Lieferwagen hatte eine Ampel gerammt.
Harper stoppte. In diesem Augenblick schob sich ein Mann durch das Gewühl der haltenden Fahrzeuge, öffnete die Tür zu Harpers Wagen und setzte sich hinein. Der G-man sah in den Lauf einer Luger und schaffte es nicht mehr, seine eigene Waffe rechtzeitig zu ziehen.
Gleichzeitig gab der verbeulte Lieferwagen die Fahrt frei.
»Fahr los!«, zischte der Mann. »Immer den Boulevard entlang!«
Acht Stunden später fand ein Patrolman Harpers Leiche. Sie lag unweit des Mitchell Memorial im Central Park.
Eine Kugel steckte im Rücken.
***
Der Summer auf meinem Schreibtisch ging. Mr. High wollte mich sprechen. Ein strahlender Frühsommertag lag über der Stadt. Die Sonne stand hell im Osten, und der Dunst, der über New York lag, wirkte weniger drückend als sonst. Der Morgen im FBI-Gebäude hatte ruhig begonnen, und ich machte mir Hoffnungen auf einen frühen Dienstschluss. Ich wollte am Nachmittag zum Angeln fahren. Meistens wurde ja nichts aus solchen Plänen, aber das war kein Grund, sie ganz abzuschaffen.
Mr. High, mein Chef, saß an seinem Schreibtisch, auf dem mehrere Tageszeitungen lagen. Eine fette Schlagzeile lief quer über die erste Seite.
PROZESS GEGEN ANGELO VERANAZZO GEPLATZT - KRONZEUGE ERMORDET!
»Darauf wollen Sie also hinaus«, sagte ich langsam. Ich hatte Dick Harper gut gekannt, und der Mord an ihm hatte mich genauso erschüttert wie alle Kollegen.
»Stimmt«, sagte Mr. High, »ich möchte, dass Sie den Fall übernehmen, Jerry. Er geht uns alle an. Dick Harper war einer von uns, und er starb in Ausübung seines Berufes. Dieser heimtückische, feige Mord muss gesühnt werden. Das ist die eine Seite des Falles.«
»Und die andere?«, fragte ich.
»Es geht darum, herauszufinden, warum er sterben musste.«
»Das scheint doch ziemlich eindeutig zu sein. Harpers Aussage hätte mit Sicherheit Angelo Veranazzos Todesurteil herbeigeführt. Der ganze Prozess war darauf aufgebaut. Indizien oder sonstige Zeugenaussagen gab es nicht. Nachdem Harper ermordet wurde, sah sich das Gericht gezwungen, Veranazzo freizusprechen. Ich kann mir denken, dass die Geschworenen das nur zähneknirschend taten, aber nachdem Harper der einzige Zeuge war, hatten sie keine andere Wahl. Es gab nicht einmal eine Aussage von Harper in der Voruntersuchung, da Harper ja selbst die Aussagen entgegengenommen hatte. Das alles lag ziemlich deutlich auf der Hand, und ich finde, da liegt das Motiv. Wir brauchen uns nur an Veranazzo zu halten - der Mörder ist dann nicht weit.«
»Das alles sahen die Geschworenen so deutlich wie Sie. Trotzdem mussten sie ihn freisprechen, Veranazzo hatte für den Mord an Harper das beste Alibi der Welt, nämlich den Aufenthalt in einer Gefängniszelle. Und eine Verbindung zu Harpers Mörder war ihm selbstverständlich nicht nachzuweisen. Das alles ist vollkommen richtig, Jerry. Trotzdem glaube ich, dass noch mehr dahintersteckt.«
Ich sah ihn aufmerksam an.
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Spielen wir den Fall doch einmal theoretisch durch. Veranazzo gehört einer Bande an, vermutlich der Bande, hinter der Harper her war und zu der auch Joseph Smith gehörte.«
»Ja - und?«
»Es gibt zwei Möglichkeiten. Vielleicht war er ein einfaches Bandenmitglied. In dem Fall ist nicht einzusehen, dass seine Bosse das Risiko eines Mordes an einem G-man auf sich nehmen, nur um ihn herauszuhauen.«
»Nun - sie hatten vielleicht Angst, dass er auspacken würde, wenn er merkt, dass es ernst wird. Und das hätte er spätestens dann getan, wenn er in die Todeszelle gebracht worden wäre.«
»In dem Fall hätte es doch nähergelegen, Veranazzo umzubringen«, sagte Mr. High ruhig. »Der Mord an ihm hätte nicht so viel Staub aufgewirbelt.« Das war ein Argument, gegen das
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