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032

Titel: 032 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Seiltänzerin
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von Schuppen, die nah unter der Palisade standen, und Ann hatte bemerkt, dass einer von ihnen, der voll von herumliegendem Gerümpel war, nicht benutzt zu werden schien. Vor Schreck blieb ihr die Luft weg, als sie um ein Haar in einen hoch gewachsenen, abgerissenen alten Mann gerannt wäre, der sich auf einen langen Stock stützte, jedoch nichts zu ihr sagte. Sie raste an ihm vorbei und warf, ehe sie den Schuppen betrat, einen ängstlichen Blick über die Schulter. Der Mann wandte ihr jedoch den Rücken zu und schien auf den Hof zu schauen.
    Als sie im Schuppen war und sich sorgfältig umzusehen begann, war Ann überrascht, als sie hinter einem Holzstapel einen schmalen Zwischenraum bemerkte. Das war ein gutes Versteck, aber es sah aus, als habe jemand es benutzt. Sie bewegte sich zur anderen Seite des Raumes. Dort lag ein zerbrochener Schemel. Sie zerrte einige Bretter herbei
    und lehnte sie gegen den Schemel. Da sie so klein war, hatte sie genügend Raum, um sich in dem Winkel hinter dieser Barrikade hinzusetzen. Derweil sie ihr Kleid und die Tunika auszog, zusammenfaltete und hinter sich legte, damit die bunten Farben sie nicht verrieten, dachte sie an das andere Versteck. Falls derjenige, der sich dort eingenistet hatte, in den Schuppen zurückkam, würde er merken, dass jemand sich ein zweites Versteck gemacht hatte. Sie biss sich auf die Unterlippe, regte sich jedoch nicht. Der andere sich dort Versteckende hatte mehr zu befürchten als sie und würde es nicht wagen, die Aufmerksamkeit dadurch auf sie zu lenken, dass er sie verriet.
    Nachdem Telor durch ein Geräusch geweckt worden war, das er für den Klang von Carys' Stimme gehalten hatte, hatte er die schmerzenden Arme gerieben und wog, während er sorgsam auf Leute achtete, die an dem Schuppen vorbeikommen und hineinschauen mochten, den Bauernspieß in der Hand, schlug mit ihm durch die Luft und wirbelte ihn herum, um die Steifheit in den Muskeln zu vertreiben.
    Als er hörte, dass zum Abendessen gerufen wurde, zog er sich in den Schatten zurück, derweil die meisten Bewaffneten und der größte Teil der Diener in die Halle strömten. Nachdem die Köche und ihre Gehilfen das Essen hineingetragen hatten, ging er wieder zum Eingang des Schuppens und lehnte sich an die Wand, gespannt darauf wartend, dass Alarm gegeben wurde. Er wusste nicht, wie lange er brauchen würde, um durch das Gedränge der Männer, die aus der Halle rennen würden, wenn Alarm gegeben wurde, zu Orin zu gelangen, doch wenn er nahe genug war, gewährte Gott ihm vielleicht hinreichend Zeit und Raum, damit er zuschlagen konnte.
    Es erfolgte jedoch kein Alarm, und der Himmel öffnete die Schleusen zum dritten Mal. Telor wartete. Da die Fensterläden geschlossen waren, konnte er nicht hören, was in der Halle geschah. Der Regen hörte auf, aber dennoch regte sich nichts. Das erschien Telor seltsam. Er hatte gedacht, dass Orin die Zeit, in der es nicht regnete, nutzen würde, um seine Männer arbeiten zu lassen. Da er nicht viel zum Grübeln hatte - vom Sterben abgesehen, und das war kein bevorzugtes Thema - , beschäftigte Telor sich in Gedanken mit Mutmaßungen über diesen seltsamen Vorgang, bis ihm plötzlich einfiel, dass eine Männerstimme verkündet hatte, man würde sich besser amüsieren, wenn man nicht durchnässt sei.
    Ihm schien das Blut zu gefrieren. „Amüsieren" war kein Wort, das man im Zusammenhang mit dem Waffendienst hätte verwenden können! Eine Darbietung!
    Carys' Stimme! Telor stand einen Moment wie erstarrt da, gelähmt durch den Gefühlsaufruhr, der Entsetzen, Wut und Liebe in ihm erzeugt hatten, sprang dann mit einem Satz aus dem Schuppen, nur um sich sogleich zu besinnen, da er wusste, dass er die Gefahr, in der Carys sich befand, nicht dadurch vergrößern durfte, dass er in die Halle platzte und sich wie ein Irrer aufführte. Er blieb gerade noch rechtzeitig einige Schritte von der Ecke entfernt stehen, als Orins Männer, den Musikern auf den Fersen folgend, aus der Halle kamen. Die Laute und die Trommeln kennzeichneten die Spielleute, und als er merkte, dass er keinen von ihnen je gesehen hatte, ließ der Druck, den er auf der Brust fühlte, nach. Er verspannte sich jedoch wieder, als er einen der Musiker auf einen vorstehenden Dachbalken des Stalls zeigen und einen anderen Mann, der ein Seil hielt, hinaufschauen sah.
    Weil Telor ebenfalls in die Höhe blickte, bemerkte er die Zwergin nicht, die um die Ecke kam, und wurde sich ihrer erst gewahr, als sie beinahe

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