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033 - Das vertauschte Gehirn

033 - Das vertauschte Gehirn

Titel: 033 - Das vertauschte Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter T. Lawrence
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Gang, die Klappe vor dem Guckloch wird geöffnet, und jemand begafft mich. Sollen sie doch! Sollen sie einen alten Mann anglotzen, der die Welt gesehen hat.
    Früher, als Kind, habe ich in der Nähe von London gewohnt. Nicht direkt in der Stadt, meine ich. Herrliche Gegend war das. Bäume und so. Da konnte man noch spielen und herumtollen. Junge, Junge, wie haben wir die Zeit damals ausgenutzt! Die gute, alte Jugend.
    Moment mal, da fällt mir ein, daß ich immer noch nicht die Milch abbestellt habe. Herrgott, aber man kann ja schließlich auch nicht an alles denken! Damals in Teanson, wo ich mal in den Ferien war, hab’ ich die Milch direkt aus dem Kuheuter getrunken. Richtig unter der Kuh gelegen und gesoffen. Das war wenigstens noch Milch, Freunde!
    Ich glaube, ich habe wieder vor mich hin geredet! John Morgan, reiß dich zusammen. Auch wenn du wie ein alter Tattergreis aussiehst, mußt du nicht wie einer daherreden! Ich versuche aufzustehen, aber ich fühle mich schwach und elend. Schön ist es nicht, alt zu sein! Doc Lundi, das hast allein du mir eingebrockt!
    Wenn ich jetzt wieder in Teanson wäre, würde ich spazieren gehen. Morgens, wenn der Dunst noch über den Wiesen hängt, und die Luft frisch, wie kühler Tau schmeckt. Komisches Zimmer, wo ich hier sitze! Kenne ich gar nicht! Na ja, ist ja auch egal, Hauptsache, das ich erst mal ein vernünftiges ordentliches Nickerchen machen kann, wie sich’s für einen alten Mann gehört!
    Mir fallen die Augen zu, dann rasselt es an der Tür und jemand tritt ein. Ich weiß nicht wer und es ist mir auch ziemlich gleichgültig. Außerdem kaufe ich grundsätzlich nichts an der Tür. Man hat schließlich seine Prinzipien!
    „Ich kaufe nichts“, brumme ich böse. „Lassen Sie mich in Ruhe!“
    Aber der Bursche weicht nicht von der Stelle.
    „Mister Morgan!“ rief Getman leise. „Sie müssen aufwachen, Mister Morgan!“
    „Ich kaufe nichts!“ wiederholte die zusammengekauerte Gestalt auf der Pritsche zornig. „Verschwinden Sie, junger Mann!“
    Einer der Männer an der Tür schüttelte den Kopf.
    „Es hat keinen Zweck, Mr. Getman. Er ist völlig hinüber, glaube ich. Mein Gott, ich kann es einfach nicht begreifen!“
    „Was wollen Sie damit sagen?“ kreischte der Alte plötzlich und schien mit einem Mal hellwach. „Sie meinen wohl, ich bin verrückt, wie? Aber glauben Sie das nur nicht, mein Junge. Eine Rotznase wie Sie will immer alles besser wissen!“
    Getman wandte sich schulterzuckend ab. Gerade, als er die Zelle wieder verlassen wollte, wurde der Blick des Gefangenen etwas klarer.
    „Mr. Getman!“ sagte er heiser. „Sie leben also auch noch!“
    Der Direktor blieb erstaunt stehen.
    „Warum sollte ich nicht?“
    Der gealterte Mann schwieg, dann sagte er plötzlich: „Bitte, sagen Sie mir eines: Hat es in den letzten drei Tagen Vorfälle in London gegeben, die man sich nicht erklären kann?“
    Die Leute an der Tür zuckten zusammen, begannen zu tuscheln. Getman trat wieder einen Schritt auf den Greis zu und fragte mit gepreßter Stimme: „Was meinen Sie, Holbers? Sie können doch von nichts etwas wissen, da man Ihnen keine Zeitung brachte.“
    „Von nichts etwas wissen …“ echote der alte Mann. „Dann bin ich also doch nicht verrückt. Sie werden etwas Schreckliches in den Morgennachrichten hören. Von tausend Toten …, ich, sagen Sie, ist es eigentlich noch weit bis Teanson?“
    „Bis Teanson?“ fragte Getman verwirrt. „Wieso wollen Sie das wissen?“
    „Wegen Klara“, murmelte der Greis. „Sie ist meine Freundin.“

    Drei Tage später brachten sie den alten Mann zum Portal des Zuchthauses. Sein Fall hatte Schlagzeilen gemacht. Die Altersheime rissen sich nach der Begnadigung um ihn, aber man überließ ihn lieber der Obhut eines erfahrenen Arztes, der sich seiner annehmen wollte.
    Als die schweren Eisentore aufgeschoben wurden, blitzten die Lampen der Fotografen auf, man rief durcheinander, drängelte, schubste sich herum, nur um den Alten bewundern zu können, den die Angst vor dem Strick so verändert hatte.
    Getman drückte dem Greis die Hand.
    „Leben Sie wohl, Mr. Holbers. Dort hinten steht ein Wagen, da werden Sie drei meiner Leute hin begleiten. Wenn Sie erst einmal eingestiegen sind, werden Sie Ruhe vor den Reportern haben. Und Sie sind in guten Händen.“
    Der alte Mann lächelte dankbar und erwiderte schwach den Händedruck des Direktors.
    „Danke für alles“, sagte er mit dünner Stimme. „Lassen Sie mich bis zum

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