0339 - Die Stunde des Eisernen Engels
verlöschten.
Breitbeinig hatte sich der Dämon aufgebaut. Seine beiden Knochenklauen umspannten den langen Stiel der Sense. Er sank nicht in die Tiefe, hielt sich auf der Oberfläche und kämpfte.
Hier sah Suko genau das Bild, das sich durch die Jahrtausende erhalten hatte und von den Menschen, vor allen denen im Mittelalter, immer wieder aufgegriffen worden war.
Der Sensenmann…
So war der Schwarze Tod. Seine Waffe pfiff durch die Luft. Und jedesmal, wenn sie von oben nach unten geführt wurde, bekam sie reichlich Beute. Die aus dem Sumpf steigenden stummen Gestalten wurden erwischt. Das scharfe Blatt zerteilte und zerstörte die mumienhaften Geschöpfe, so daß Teile von ihnen nach allen Seiten wegflogen.
Meisterhaft beherrschte der Schwarze Tod diese Waffe. Und er räumte unter den Gestalten auf.
Suko wischte über seine Augen. So beeindruckt hatte ihn das unheimliche Bild. Er schaute fragend auf den Eisernen Engel, bevor er sagte: »Der Schwarze Tod und der Namenlose sind keine Gegner?«
»Nein.«
»Weshalb tötet der andere dann diese Sumpfmonster?«
»Weil sie ihn hindern. Er ist der Schnitter. Er will dem anderen den Weg ebnen.«
»Und weshalb kehrt der Namenlose zurück?« wollte der Inspektor wissen.
»Man hat seine Ruhe gestört.«
»Und du willst gegen ihn antreten?«
Der Eiserne nickte. »Das werde ich nicht nur, daß muß ich auch. Bleib du hier in der Maschine. Da bist du am sichersten. Ich werde mich dem anderen stellen.«
Der Inspektor atmete tief ein. Er wäre gern mitgegangen, doch er hatte auch im Flugzeug eine Aufgabe zu erfüllen. Claudine Auber und Jane Collins konnten nicht allein gelassen werden.
»Es ist gut«, erwiderte Suko leise. »Ich wünsche dir viel Glück!«
»Danke.« Mehr sagte der Eiserne nicht. Er sprang aus dem Einstieg und breitete sofort danach seine Flügel aus, so daß er in die Höhe getragen wurde.
Die Schwertspitze wies auf den Sumpf, das magische Pendel glühte, denn es hatte reagiert und die unheimlichen Kräfte des Höllensumpfs geweckt.
Für Suko stand eines fest.
Die Stunde des Eisernen Engels hatte begonnen…
***
Kara hielt mich noch immer fest, denn sie wollte sichergehen, daß ich nichts tat, was den Einsatz gefährden konnte. Sie hatte von Myxin als Joker oder Trumpf gesprochen.
War er der Joker?
Ich wußte es nicht und mußte mich auf Karas Worte verlassen.
Dennoch war es für mich schwer, ihr zu gehorchen. Irgendwo, in einer anderen Welt und in einer anderen Zeit spielten sich Dinge ab, die für die Gegenwart bestimmend werden konnten. Ich war es gewohnt, einzugreifen und das Meine dazu beizutragen, daß sich das Schicksal zu unseren Gunsten veränderte.
Nun sollte ich passiv sein?
Nein, das konnte ich einfach nicht, und das erklärte ich auch der Schönen aus dem Totenreich. »Es tut mir leid, Kara, aber du kannst mich nicht halten. Ich bin nicht jemand, der einfach zuschaut. Nicht daß ich immer nur Action brauche, aber du kennst mich lange genug. Gib mir den Weg frei! Ich stehe Myxin zur Seite.«
»John, wenn du dein Leben aufs Spiel setzen willst und auch das der anderen gefährdest…«
»Das habe ich oft genug!«
»Auch das Leben anderer in Gefahr gebracht?«
Ich ging in die Knie und ballte gleichzeitig die Hände. »So meine ich das nicht, Kara. Laß mich mit Myxin reden! Bitte, es ist besser so. Vielleicht weiß er mehr.«
Kara überlegte. Sie schaute mir so scharf ins Gesicht, als wollte sie die schweren Gedanken hinter meiner Stirn lesen. Das Seufzen, das aus ihrem Mund drang, war nicht gespielt. »Du machst es mir verflixt schwer, John Sinclair.«
»Ich weiß, daß ich kein einfacher Partner bin. Aber es ist mein Job, mich mit diesen Dingen herumzuschlagen. Deshalb gib mir die Chance, Kara. Nur reden will ich.«
Sie nickte. »All right, du kannst gehen. Ich werde jedoch an deiner Seite bleiben.«
»Das kannst du!« Himmel, war ich froh, daß ich Kara endlich hatte überzeugen können.
So löste ich mich von ihr und schritt mit zügigen Schritten auf das Quadrat zwischen den Steinen zu. Die Sonne blendete mich ein wenig.
Ich hörte nicht das Rauschen des Windes, wenn er die dunkelgrünen Blätter der Bäume bewegte, ich vernahm weder das Murmeln des Bachs, noch sah ich die letzten verdampfenden Schleier der Feuchtigkeit zwischen den Bäumen. Für mich zählte allein der Stein, in dessen Innern ich genau die Umrisse des kleinen Magiers erkannte.
Myxin war die Verbindung in eine andere Dimension, wo die Zeit keine
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