0339 - Die Stunde des Eisernen Engels
Rolle spielte. In dieser Dimension hatte ich gesteckt, dort befanden sich noch meine Freunde.
Ich konnte sie nicht im Stich lassen!
Mit diesem Gedanken übertrat ich die magische Linie und befand mich einen Schritt später innerhalb des von den flaming stones gebildeten Quadrats.
Sofort spürte ich die andere Atmosphäre. Sogar die Luft kam mir verändert vor.
Sie war kühler geworden und gleichzeitig auch reiner. Bei jedem Atemzug drang sie tief in meine Lungen. Bis zum letzten Winkel hin füllte sie diese aus.
Ich hatte das Gefühl, Kraft und Optimismus zu tanken.
Ich blieb so stehen, daß ich genau auf den Stein schauen konnte.
Dann ging ich vorsichtig weiter.
Hinter mir raschelte das Gras. Ein Zeichen, daß auch Kara mir langsam folgte. Etwa einen halben Schritt entfernt blieb ich vor dem Stein stehen. Wenn ich jetzt den Arm ausstreckte, konnte ich die Masse berühren. Myxin mußte mich einfach sehen, daran ging kein Weg vorbei.
Ich schaute ihn an.
Seltsam verschwommen wirkte der kleine Magier. Er schien mit dem Gefüge des Steins verwachsen zu sein. Die Arme hatte er halb erhoben, ebenfalls den Kopf mit der Maske und sein Blick war, ich interpretierte es wenigstens so, in unendliche Fernen gerichtet.
Vielleicht sah er über Raum und Zeit hinweg in eine Dimension, die für uns so wichtig war.
Wenn ich mir ihn so anschaute, traute ich mich kaum, ihn anzusprechen. Ich mußte erst Hemmungen über Bord werfen, um seinen Namen sagen zu können.
»Myxin!« Meine Stimme klang leise. Der kleine Magier rührte sich nicht. Vielleicht hatte er mich auch nicht gehört, jedenfalls sah ich keine Regung.
Nur die Augen der Maske glühten in fünf verschiedenen Farben.
Durch sie gelang es ihm, in die Vergangenheit zu schauen. Was sah er?
War es für uns wichtig?
Kara stand neben mir, deshalb fragte ich sie: »Was kann Myxin erleben? Weißt du es? Hast du eine Vorstellung davon?«
Sie verneinte.
»Soll ich ihn noch einmal ansprechen?«
»Es ist deine Sache, John. Ich habe dich nicht hindern können. Vielleicht siehst du auch nur seinen Körper, wobei sich die Seele woanders befindet. Zwischen dir und dem Stein ist die Distanz sehr kurz. Auf dem ersten Blick jedenfalls. Aber glaube mir, euch beide trennen Welten. Was hier so nahe aussieht, ist tatsächlich so weit entfernt, daß irdische Maßstäbe kaum ausreichen, um es begreifbar zu machen.«
Das nahm ich ihr ab, obwohl ich es mit dem klaren Verstand kaum erfassen konnte.
Ich starrte weiterhin den kleinen Magier an. Eingeschlossen kam er mir vor. Wie zum Stein gehörend, dessen Gefüge ihn fest umschlossen hielt.
Wie würde es enden?
Ich hatte den ersten Schritt getan und wollte auch vor dem zweiten nicht zurückschrecken. Deshalb ging ich noch weiter vor und berührte den Stein beinahe.
»John…«
Nein, diesmal hörte ich nicht auf Kara, setzte alles auf eine Karte, merkte, daß der Stein zwar vorhanden war, ich aber dennoch hineingehen konnte. Er war zu einer zerfließenden Masse geworden, die mir, als ich Zugriff, keinen Widerstand entgegensetzte.
Plötzlich war ich bei Myxin…
Jetzt hätte ich ihn eigentlich berühren müssen, aber er war nicht vorhanden.
Ich drehte den Kopf.
Kara sah ihn nicht mehr. Auch die übrige Umgebung nicht. Der Stein hatte mich aufgesaugt. Ich kam mir vor wie auf einer Brücke stehend, die verschiedene Zeiten miteinander verband.
Es war müßig, nach Erklärungen zu suchen, ich hätte sowieso keine gefunden. Magie ermöglichte mir das, von dem andere träumten. Ob es ein Fluch oder ein Segen war, konnte ich jetzt nicht beurteilen.
Ich hatte die Augen weit geöffnet. Eine automatische Reaktion, so bekam ich wenigstens das Gefühl, mehr sehen zu können.
Es blieb wirklich beim Gefühl, denn ich erkannte so gut wie nichts.
Kein Blick in eine andere Welt wurde mir gestattet. Alles blieb so grausam leer. Dennoch war etwas vorhanden.
»Myxin!« Wieder rief ich ihn und hatte dabei das Gefühl, laut zu schreien.
Ein Echo hallte durch die Unendlichkeit, und in dieses Echo hinein, drang die Antwort.
»Was willst du, John?« Das war Myxins Stimme. Endlich hatte er mich gehört. Um meine Lippen zuckte es, bevor ich die nächste Antwort gab. »Ich muß bei dir sein. Ich will dorthin, wo du auch bist…«
»Die Vergangenheit ist für mich die Gegenwart«, erklärte er. »Ich bin ein Gefangener dieser Zeit.«
»Kannst du nicht zurück?«
»Ich will es nicht, John Sinclair!«
»Warum – was hält dich?«
»Deine Freunde,
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