0356 - Die Tarot-Hexe
für ihn war es das Château wohl noch.
Zamorra hatte ursprünglich den Gedanken gehabt, Raffael selbst zurückzuholen.
Aber jetzt, nach der neuerlichen unverhüllten Drohung, wurde ihm das Risiko doch zu groß. Sollte Raffael selbst sehen, wie er zum Château kam. Zamorra wußte ja jetzt, daß der alte Mann auf ihn warten würde.
Dabei hatte er immer noch nicht die geringste Ahnung, wie er Raffael von Leonardos Bann befreien sollte.
Zusammen mit Nicole verließ er Feurs.
In Pierres Gaststube erwartete ihn eine Überraschung.
***
Nicole überwand ihre Sprachlosigkeit als erste. »Grüß Gott, Herr Teufel«, sagte sie kopfschüttelnd. »Ich dachte, man hat dich eingesperrt, Monsieur François Deville.«
»Du kannst beim alten Namen bleiben«, sagte Amos und breitete einladend die Arme aus. »Nehmt Platz, meine Freunde. Soll Mostache euch auch so einen Drink machen, wie er ihn für mich gebraut hat? Ist ein Spezialrezept.«
»Speit man danach Feuer? Nein danke«, wehrte Zamorra ab. »Wie kommst du hierher? Bist du geflogen?«
Sid Amos schüttelte den Kopf. »Als sie mich nach rechts zu den Zellen führten, bin ich einfach nach links abgebogen. Habe mich ein wenig unsichtbar gemacht. In der Zelle brütet derzeit ein Scheinkörper. Man wird ihn ein wenig verurteilen. Vielleicht habe ich bis dahin spaßeshalber zwischendurch seinen Platz wieder eingenommen. Du hast doch bestimmt einen guten Anwalt, Zamorra, den du mir empfehlen kannst? Ich habe nämlich keine Lust, diese Tarnexistenz zu opfern. Ich möchte sie nicht aufgeben, sondern weiterverwenden. Als Vorbestrafter könnte ich damit in den Untergrund gehen. Man muß flexibel sein in diesen Zeiten.«
»Du redest zuviel, Alter«, sagte Zamorra und winkte Mostache. »Für uns beide Fruchtsaft und Kaffee. Der freundliche Herr hier bestellt und zahlt selbst.«
»Dann nochmal dasselbe für mich«, verlangte Sid Amos.
Zamorra schnüffelte an dem Gebräu. Da waren wahrscheinlich mehr Gewürze drin als Flüssigkeit. Pfeffer, Paprika, Pepperoni… mindestens, und in gewaltigen Mengen. Wer das Zeug vertrug, mußte eine Edelstahleinlage im Magen haben.
»Also, raus mit der Sprache. Was sollte deine große Schau?« fragte Zamorra.
»Sie ist noch nicht ganz beendet«, grinste Sid Amos. »Denn Raffael ist ja noch nicht wieder normal, oder? Und du schaffst es allein nicht.«
»Du bietest mir Hilfe an.«
»Du warst schon immer ein schlaues Kerlchen, Zamorra«, sagte Amos.
Er öffnete sein Hemd und zog das Amulett hervor, das Zamorra ja schon kannte – die beiden anderen hatte er sorgfältig verborgen. »Mit zwei Amuletten, deinem Dhyarra-Kristall und der Katalysator-Magie von Ysabeau Derano mag es gelingen, Leonardo ein Schnippchen zu schlagen und ihm seinen Methusalem-Diener wegzunehmen.«
»Mir gefällt die Respektlosigkeit nicht, mit der du von Raffael Bois sprichst«, sagte Zamorra scharf.
Amos winkte ab. Er legte das Amulett auf den Tisch. »Ich habe dafür gesorgt, daß Raffael wieder freikommt, und ich helfe dir, daß er befriedet wird. Ist das nicht ein gutes Angebot?«
»Die Sache hat doch einen Pferdefuß«, warf Nicole ein. »Du verlangst doch bestimmt etwas dafür. Es wäre das erstemal, daß du es nicht tätest.«
»Nun ja«, sagte Amos. »Ich geb’s offen zu: Mein momentaner Job ist mir lästig. An Merlins Stelle zu stehen, engt mich zu sehr ein. Ich möchte mich wieder frei bewegen können, ohne von kosmischen Gesetzen abhängig zu sein. Also muß ich den Job loswerden. Merlin muß wieder geweckt werden. Und da du, Zamorra, anscheinend kein sonderliches Interesse daran zeigst, muß ich dich eben ködern.«
Zamorra senkte die Brauen. »Ich bin schon an Merlins Erweckung interessiert…«
»Und warum tust du dann nichts dafür? Ich bin hier, um einen Handel mit dir abzuschließen.« Ihm entging nicht Zamorras und Nicoles Zusammenzucken; früher hatte der Teufel mit Seelen gehandelt. »Ich helfe dei- 82 nem Diener und Freund Raffael und damit dir, eine Vorleistung habe ich ja schon erbracht. Und du, Zamorra, findest Sara Moon und zwingst sie, mit der Magie Merlin zu befreien, die sie von Ihrer Mutter, der Zeitlosen, geerbt hat.«
»Die du verdammter, rachsüchtiger Narr umbringen mußtest!« fuhr Nicole ihn an.
Amos grinste. »Entschuldigung. Inzwischen tut es kaum jemandem mehr leid als mir. Ich habe mich da in eine Situation manövriert, die mir höchst unangenehm ist…«
»Darum geht es nicht mal. Das war nur der Bumerang, Amos«, sagte
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