0363 - Der Werwolf von Alaska
Hand des Teufels«, sagte er. »Bitte einzutreten…« Er öffnete die Tür und ließ Zamorra und Nicole vor sich her den Saloon betreten.
Es war brütend heiß hier drinnen. Zamorra riß sich die gefütterte Jacke förmlich auf, bevor ihm der Schweiß ausbrechen konnte, und öffnete auch die Weste. Er war froh, nicht zu den Brillenträgern zu gehören - wahrscheinlich hätte er minutenlang überhaupt nichts mehr sehen können, weil das Glas sofort beschlagen wäre.
Der Saloon war gut gefüllt. Es gab eine lange Theke, an der Männer standen und Bier oder hochprozentigen Alkohol tranken, an Tischen wurde diskutiert oder Karten gespielt, und im Hintergrund machten ein paar Männer mit Klavier, Gitarre und anderen nicht zusammenpassenden Instrumenten Musik. Auf einer kleinen Bühne aus Holzbohlen versuchte ein schwarzhaariges nacktes Mädchen im farbigen Spotlicht zu den Klängen zu tanzen.
»Soviel zum Nachtleben von Camp Eisbär«, sagte Nicole. Sie grinste jungenhaft.
Angaunok zog sie nach vorn zu einem Tisch, der gerade frei geworden war, wie es schien. Er winkte zur Theke. Zamorra rückte Nicoles Stuhl zurecht und nahm dann selbst Platz. Allmählich merkte er, daß es so furchtbar heiß hier drinnen gar nicht war -es war nur der Unterschied von der Kälte draußen zur normalen Raumtemperatur.
Ein weiteres Mädchen tauchte auf, räumte die leeren Gläser der bisherigen Gäste ab und nahm die Bestellung auf.
Zamorra sah sich um. Ein großer Teil der Männer hier waren Eskimos. Ein paar Indianer mochten auch dazwischen sein. Der Rest stammte wahrscheinlich aus den nördlichen Staaten der USA und Kanada. Muskelbepackte Männer mit Tagesbartstoppeln, die es wohl gewohnt waren, hart zuzupacken, und die den Tag damit beschlossen, daß sie sich müde tranken. Der Saloon war recht liebevoll eingerichtet worden, wahrscheinlich von den Arbeitern selbst. Hier konnten wildgemütliche Feste gefeiert werden.
Die rätselhaften Todesfälle der letzten Tage schienen die Stimmung zumindest hier im Saloon nicht zu drücken.
»Was sagt denn die Polizei zu den Unfällen?« fragte Nicole, den Gesprächsfaden wieder aufgreifend. »Hat es schon Untersuchungen gegeben?«
»Darüber redet ihr am besten mit dem Boß«, sagte Angaunok. »Ich habe mich um anderes zu kümmern.«
Die Getränke kamen. Zamorra dachte an Adam Van Clane, den Ölmilliardär, der sich unten in Texas in der Nähe von Houston eine Burg hatte errichten lassen. Keine gewöhnliche Burg - er hatte sie in Wales in England gekauft, abbrechen und orginalgetreu in Texas wieder errichten lassen. Daß er ein Gespenst mitgekauft hatte, wurde ihm erst später klar. Erst Zamorra war es gelungen, den Rachegeist unschädlich zu machen, der gemordet und versucht hatte, den neuen Besitzer zu vertreiben. Dem Geist Sir Parcivals hatte es nicht gefallen, daß seine Burg über den Ozean verpflanzt worden war.
Adam Van Clane war selbst noch immer nicht so ganz davon überzeugt, daß es sich um einen Rachegeist gehandelt hatte, der ihm so zusetzte. Aber immerhin war er nachdenklich geworden. So nachdenklich, daß er Zamorra gebeten hatte, nach dem Rechten zu sehen, als die Meldung von mehreren unerklärlichen Mordfällen aus Camp Eisbär kam. Hier waren Menschen unter mysteriösen Umständen gewaltsam zu Tode gekommen, niemand wußte, wie. Gerüchte kursierten. Spuren schien es so gut wie keine zu geben.
So waren Zamorra und Nicole der Bitte Van Clanes gefolgt und nach Alaska geflogen. Zunächst nach Anchorage, von dort aus mit einer kleineren Maschine nach Camp Barrow an der arktischen Küste nördlich des Polarkreises, und von dort aus mit dem Geländewagen weiter zum Ölcamp, das die COC hier unterhielt.
Während für die Ölbarone in Texas eine Kriesenzeit anbrach und eine Förderstellte nach der anderen geschlossen werden mußte, hatte Van Clane den Sprung nach vorn gewagt und ein großes Landstück in Alaska aufgekauft. Hier sollte ein neues Ölfeld erschlossen werden. Die ersten Probebohrungen waren sehr ergiebig gewesen, und jetzt wurden die ersten Fördertürme errichtet. Zamorra wurde aus Van Clane nicht schlau. In einer Zeit des Rückschrittes baute dieser Mann seine Firma aus. Zamorra wünschte ihm, daß er damit nicht in die Pleite fuhr. Zu leicht konnte er sich bereits verkalkuliert haben. Aber das war sein Problem, nicht das Zamorras.
Vom heißen, sonnigen Texas ins kalte Alaska - klimatisch ein gewaltiger Unterschied. Aber es interessierte Zamorra selbst, womit
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