0371 - Der unheimliche Dschinn
es ist da. Wir kommen bis zu einer bestimmten Stelle, an der diese Abscheu, dieser Ekel einsetzt. Wir konnten ihn bislang nicht überwinden. Einige von uns sind vielleicht zwei, drei Meter weit in die Barriere eingedrungen, kehrten dann aber fluchtartig wieder um, weil sie es nicht mehr aushielten.«
»Sie erzählen das hier alles so schön«, warf Nicole ein, »aber fürchten Sie nicht, man könnte Sie auslachen?«
»Sie lachen mich nicht aus«, sagte Suleiman. »Das steht doch fest. Ich habe mich über Sie erkundigt. Über Sie beide. Sie sind nicht nur Parapsychologe, Professor Zamorra, Sie sind ein Mann, der die Gesetze der Magie kennt und Dämonen und Geister jagt. Deshalb habe ich mich an Sie gewandt. Ich möchte herausfinden, was sich hinter der unsichtbaren Barriere befindet. Aber in meiner Fakultät würde ich mich lächerlich machen, und einen Lehrstuhl für Parapsychologie besitzen wir in unserem Land nicht. Daher bitte ich Sie um Ihre Hilfe.«
»Sie leben in einem Land, in dem die Märchen Wahrheit sind«, sagte Zamorra. »Ein Land voller Farben und Fantasie. Voller Märchenerzähler, Gaukler und Zauberer. Kann Ihnen kein Zauberer Ihres Landes helfen?«
»Die sich hier Magier schimpfen, sind Scharlatane«, behauptete Suleiman. »Aufschneider und Dummköpfe, die von der noch größeren Dummheit anderer Menschen leben. Ich brauche die Hilfe eines Experten, eines Wissenschaftlers auf diesem Gebiet. Verstehen Sie? Für Ihre Unkosten kommt die Universität, wie schon in der Einladung versprochen, selbstverständlich auf.«
Zamorra nickte.
»Ich bin einverstanden. Ich will versuchen, Ihnen zu helfen. Aber - Erfolg kann ich Ihnen nicht versprechen, Doktor Suleiman. Denn ich muß erst feststellen, worum es sich bei dieser Sperre handelt. Vielleicht gibt es sogar eine ungewöhnliche natürliche Lösung des Problems. Aber das werden wir sehen.«
»Ich danke Ihnen«, sagte Suleiman. »Ist es ungebührlich, wenn ich mich danach erkundige, wann Sie bereit sind zum Aufbruch? Wie ich schon erwähnte, befindet sich die verlassene Kasbah etwa sechzig bis siebzig Kilometer entfernt.«
Zamorra und Nicole wechselten wieder einen raschen Blick.
»Wir können jederzeit aufbrechen«, sagte der Parapsychologe. »Wo werden wir übernachten?«
»Wir können Sie in unserem Lager unterbringen, aber Sie können natürlich auch Ihr Quartier hier in Marrakesch behalten. Wir würden Sie hin und her fahren. Wobei ich hoffe, daß wir zu einer schnellen Lösung kommen. Denn jeder Tag, an dem wir in dem fraglichen Bezirk nicht arbeiten können, kostet Geld, viel Geld.«
Zamorra nickte.
»Ich weiß«, sagte er. »Ich kenne diese Probleme. Haben Sie einen Historiker in Ihrem Team, Doktor?« Er erinnerte sich an alte Zeiten, an seinen Freund Bill Fleming, der Historiker gewesen war. Auch Bill war oft genug auf magische Phänomene gestoßen und hatte Zamorra zu sich gebeten. Aber Bill war tot. Es würde nie mehr gemeinsame Expeditionen geben.
»Wir haben, Professor«, sagte Suleiman. Er erhob sich. »Sagen wir, ich schicke Ihnen in zwei Stunden einen Wagen? Dann haben Sie Muße, vorher noch zu Mittag zu essen und sich auf die Fahrt vorzubereiten.«
»Einverstanden«, sagte Zamorra.
Suleiman verneigte sich, verabschiedete sich und schritt mit wehender Dschellaba davon.
»Eine unsichtbare Sperre, die Übelkeit und Abscheu erzeugt, in einer verlassenen, verfallenen Kasbah«, sagte Zamorra. »Das interessiert mich. Wer mag da etwas zu verbergen haben?«
»Mit etwas Glück wissen wir es heute abend schon«, sagte Nicole.
Zamorra fragte sich, warum er ausgerechnet jetzt wieder an den Zeitungsartikel über das spurlose Verschwinden Khoutabs denken mußte…
***
Etwa zu dieser Zeit schlenderten zwei recht gegensätzliche Männer über den frühmittäglichen Basar von Marrakesch. Der eine dunkelhaarig, groß und massig, der andere weit weniger massig, mit streichholzkurzem Blondhaar. Sie waren Europäer, genauer gesagt Briten, und sie hielten sich aus keinem anderen Grund in Marrakesch auf als dem, wohlverdienten Urlaub zu machen.
Colonel Christopher Sparks und Commander Lionel »Lyle« Othmarsen, ehemalige Offiziere des Medizinischen Stabes der Royal Air Force und derzeit freiberuflich aktiv als Außerordentliche Geisterjäger Ihrer Königlichen Hoheit. Daß die Queen nichts von der Tätigkeit der beiden selbsternannten Geisterjäger ahnte, tat ihrem Elan keinen Abbruch.
Hier in Marokko wollten sie allerdings nicht unbedingt
Weitere Kostenlose Bücher