0392 - Phantom-Kommando
ich nicht doch lieber schießen?
Da teilten sie sich.
Plötzlich flogen einige einen Bogen, gerieten aus der Reichweite unserer Kugeln, aber sie verfolgten einen Plan, und es gelang ihnen, in die Nähe der Figur zu kommen.
Sie sollten sie nicht haben.
»John, du bist näher dran!« brüllte Suko, als er mit einem gewaltigen Satz zurücksprang.
Das war ich auch, aber ich lief nicht direkt hin, denn eine Person, mit der sie nie gerechnet hatten, erschien plötzlich auf dem Dach des Yard Building. Es war Hester Shapiro!
***
Sie taumelte hektisch aus dem kleinen Penthouse, in dem sich auch noch zwei Lifttüren befanden. Mit einer der Kabinen mußte sie hochgekommen sein, und ihr Ziel war die Figur!
»Nein!« brüllte sie. »Ihr dürft sie nicht nehmen! Nein, sie gehört uns. Laßt sie…!«
»Hester!«
Auf meinen überlauten Ruf reagierte sie nicht. Sie sah auch nicht die Gefahr in der sie schwebte.
Ich konzentrierte mich auf die Gruppe um den Würfel. Suko nahm sich die anderen vor, die mir hätten gefährlich werden können und die Luft durcheilten.
Es war zu spät.
Drei Pfeile jagten auf die herannahende Frau zu.
Und alle drei trafen.
Kopf, Brust und Beine wurden erwischt. Mitten im Vorwärtsdrang stoppte Hester. Sie schrie nicht einmal, und erst als der Schock vorbei war und die Flammen sie erfaßt hatten, begann sie zu brüllen.
Es war schrecklich für uns. Beistehen konnten wir ihr nicht, denn das Phantom-Kommando gab nicht auf.
Ich aber auch nicht.
Während Hester Shapiro starb, konzentrierte ich mich noch einmal auf den Würfel. Seine Schlieren gerieten in Bewegung, sie vermittelten meine Befehle weiter, und die wiederum waren auf reine Vernichtung eingestellt.
Das Phantom-Kommando mußte restlos zerstört werden!
Es gelang.
Plötzlich wurden die flammenden Pfeile von Händen gepackt, aus den Köchern gerissen, und dann rammten sich die Wesen ihre Waffen selbst in die Körper.
Es kam zu einem Massen-Selbstmord!
Ich stand mit unbewegtem Gesicht und verkanteten Zügen und schaute zu, wie ihr eigenes Feuer, das anderen den Tod bringen sollte, jetzt sie verbrannte.
Die silbernen Masken lösten sich auf, und auch die Körper wurden zu flirrenden Staubfahnen.
Auch hinter mir wurde nicht mehr geschossen. Als ich einen Blick über die Schulter warf, sah ich Suko mit hochgezogener Waffe starr auf einem Fleck stehen. Die Mündung der Beretta wies zu Boden.
Kein Mitglied des Phantom-Kommandos jagte noch über das Dach hinweg. Wir hatten sie erledigt.
Diesmal war es ein kurzer, sehr intensiver und verdammt harter Kampf gewesen, aber als Sieger fühlte ich mich beileibe nicht.
Hester Shapiros Ende ging mir nahe. Sie lag auf dem Dach. Letzte Restflämmchen zuckten noch über ihren bereits verbrannten Körper.
Vielleicht hatte sie gewußt, was ihr bevorstand und war freiwillig den Weg gegangen, den auch ihr Mann genommen hatte.
Und noch eine Gestalt erschien: Sir James. Uns sah er nicht; er ging direkt auf die tote Hester zu.
»Sir, es tut mir leid«, sagte ich. »Aber wir…«
Er winkte ab. »Wahrscheinlich haben wir alle Schuld an ihrem Tod. Wir hätten sie nicht allein lassen sollen.« Er schaute sich um.
»Haben Sie das Phantom-Kommando erledigt?«
»Das ist vorbei.«
Unser Chef lachte. »Vorbei? Daran will ich nicht glauben. Ich habe das Gefühl, daß dadurch einiges in Bewegung geraten ist. Ich glaube, wir fangen jetzt erst an.«
Der Ansicht war ich auch…
Was war, außer einem bitteren Nachgeschmack über Hester Shapiros Tod geblieben?
Das Wissen um ein geheimnisvolles Bergvolk, das in Südfrankreich leben sollte, und eine Statue, die in irgendeinem Zusammenhang mit den Templern stand.
War sie ein Götze der Templer?
Wir wußten nur, daß man ihr den Namen Harun gegeben hatte, das war alles.
Suko war ebenso nachdenklich wie ich. Keiner von uns beiden wußte, ob wir tatsächlich das gesamte Phantom-Kommando erledigt hatten. Jedenfalls kamen wir zu einem Fazit, das Suko sogar noch erweiterte. »Sollte uns die Spur nach Südfrankreich führen, könnten wir ja gleichzeitig nachforschen, ob auch ein gewisser Hector de Valois mit den Templern in Verbindung gestanden hat. Möglich, John, ist alles.«
Dem hatte ich nichts hinzuzufügen…
ENDE
[1] Siehe John Sinclair Nr. 390 »Ich folgte der Teufelsspur«
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