0397 - Der Fluch des Inka
herausgebracht hatte. Jacáo und seine Huaqueros waren von der Polizei nicht zu fassen. Sie banden sich nicht an einen Ort; sie führten ihre Plünderungen generalstabsmäßig organisiert durch und waren mal hier und mal da. Bloß hatten sie sich noch nie im Regenwald bewegt.
Hatte Jacáo plötzlich kalte Füße bekommen, weil ihm der Boden im Hochland zu heiß wurde, und war er deshalb in unbekanntes und unerforschtes Gebiet ausgewichen? Aber dann hatte er doch von Ausgrabungen erfahren müssen, oder zumindest von einem Fund.
Die Quelle, aus der Jacáo seine Informationen bezogen hatte, war plötzlich für Batiano wichtiger als alles andere. Aber Jacáo konnte er nicht fragen. Der war vor seinen Augen doch spurlos verschwunden!
Aber wie, und wohin? Was hatte dieses Verschwinden bewirkt?
Vom Fluch der Pharaonen hatte Batiano gehört, der Grabräuber in Ägypten getroffen haben sollte. Aber Ägypten war weit, und auch dort waren Menschen nie spurlos verschwunden, die die alten Königsgräber geplündert hatten. Hier war etwas Unbegreifliches geschehen.
Batiano fuhr sich mit der Zungenspitze über die ausgetrockneten Lippen.
Er fühlte eine dumpfe Furcht in sich wachsen. Gleichzeitig wuchs das Verlangen, auf dieses Geschäft zu verzichten und schleunigst aus Iquitos wieder zu verschwinden. Er war allein hierher gekommen; es gab keinen Zeugen, daß er sich mit Jacáo getroffen hatte. Batiano machte das immer so. Huaqueros ließ er nur zu sich kommen, wenn er allein war. Die Art seiner Geschäfte bedingte absolute Diskretion. Schließlich wollte er vermeiden, daß seine Quelle durch einen dummen Zufall verschüttet wurde. Nicht nur die Polizei war wachsam, auch die Konkurrenz schlief nicht. Batiano war nicht der einzige, der sich mit dem illegalen Verkauf gestohlener Antiquitäten eine goldene Nase verdiente.
Jacáo hatte ihn angerufen und gebeten, nach Iquitos zu kommen. Er war hergeflogen, hatte sich ein Hotelzimmer genommen und gewartet.
Und der Grabräuber war gekommen.
Und nun hatte er sich in Nichts aufgelöst…
Da stand Batianos Entschluß fest.
Diesen Schmuck-Set nahm er mit. Der hatte ihn nichts gekostet und würde ihn wenigstens zwanzigtausend US-Dollar reicher machen. Auch wenn niemand erfuhr, woher diese Stücke wirklich stammten. Batiano beschloß, sich einen anderen Herkunftsort für diese Teile aus den Fingern zu saugen. Diese Dschungel-Fundstätte war ihm nicht geheuer. Er wollte damit nichts mehr zu tun haben. Etwas hatte dafür gesorgt, daß Jacáo verschwand, und diesem etwas wollte Batiano lieber kein zweites Mal in die Quere geraten.
Koffer packen und verschwinden! Jacáo nicht nur vergessen, sondern ganz aus dem Gedächtnis streichen!
Batiano entriegelte die Tür, verließ sein Zimmer und ging nach unten.
An der Rezeption ließ er sich das Telefon geben. Den Luxus eines Zimmertelefons gab es in der Absteige nicht, in der er sich einquartiert hatte, dafür fragte hier aber auch niemand nach dem Woher und dem Namen. Hier war er Señor Niemand aus Nirgendwo. Nachforschungen würden im Sande verlaufen. –Er telefonierte. Zehn Minuten später wußte er, daß er vier Stunden Zeit hatte, bis er ein kleines Flugzeug nach Lima startete.
Vier Stunden, die sich zu einer Ewigkeit dehnten, wenn er an den verschwundenen Jacáo dachte…
***
Als er das Hotel mit gepacktem Koffer verlassen wollte, wurde er von zwei Männern aufgehalten, die ihm in den Weg traten.
Finster sahen sie ihn an. Sie waren alles andere als gut gekleidet, aber unter ihren Khaki-Jacken konnte er Pistolen erkennen. Einer hielt etwas in der Hand, das er Batiano kurz zeigte – ein Schnappmesser, dessen Klinge noch verborgen war. Noch! Aber diese Klinge konnte jederzeit hervorschnellen.
Er kam an den beiden Männern nicht vorbei. Sie versperrten ihm den Ausgang.
Batiano warf einen hilfesuchenden Blick zur Rezeption. Dort war aber niemand mehr. Für das, was sich in den nächsten Minuten hier abspielen würde, gab es keine Zeugen.
»Was soll das? Gehen Sie mir aus dem Weg!« stieß Batiano hervor. Die beiden Männer waren im Vorteil. Um an seine Pistole zu kommen, mußte er erst den Koffer loslassen, den er in der rechten Hand trug. Das gab den anderen unschätzbare Zeitvorteile…
»Dort drüben sind Sessel und ein Tisch. Warum setzen wir uns nicht, Señor Batiano?« fragte einer der beiden Männer.
»Was wollen Sie von mir? Ich muß zum Flughafen! Meine Maschine startet in einer halben Stunde…«
»Sie wird ohne Sie
Weitere Kostenlose Bücher