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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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beliebt! Der Alte kann es nicht mehr hören; er ist fort. Sein Name ist ausgestrichen. May aber steht noch immer nicht da. Das paßt mir schlecht! Wie lange soll man da warten! Jetzt, wo wir heute wieder hörten, wie sehr es mit der Devils pulpit eilt! Kommen wir auch nur einen halben Tag zu spät, verlieren wir Summen, deren Höhe sich jetzt gar nicht bestimmen läßt!“
    Der so sprach, war Sebulon. Hariman antwortete:
    „Das befürchte ich allerdings auch. Aber können wir fortgehen, ohne die Ankunft dieses für uns hochwichtigen deutschen Ehepaares abgewartet zu haben?“
    „Warum nicht? Wenigstens einer von uns beiden kann fort, um Kiktahan Schonka festzuhalten, bis der andere ihm folgt! Aber das ist es doch gar nicht, was mich so erregt, sondern mich ärgert deine sogenannte Ehrlichkeit, die mir in unseren Verhältnissen so wahnsinnig vorkommt, daß es mir geradezu unmöglich ist, sie zu begreifen! Ja, wir wollen und müssen den ‚Nugget-tsil‘ und das ‚Dunkle‘ oder meinetwegen auch ‚Finstere Wasser‘ kennenlernen, und dieser Deutsche ist der einzige, der imstande ist, uns diese Orte zu zeigen. Aber das ist noch lange kein Grund, ihm so, wie du willst, mit ganz besonderer Liebe zugetan zu sein!“
    „Wer hat hiervon gesprochen? Ich nicht! Ich habe nur Ehrlichkeit verlangt, keine besondere Liebe!“
    „ Pshaw! Ehrlichkeit gegen den Mörder unseres Vaters!“
    „Das ist er nicht! Vater war selbst daran schuld, daß er in dieser Weise zugrunde ging! Und er holt uns nach, uns alle, uns alle! Nur wir beiden sind noch übrig. Und wenn wir nicht ehrlich sind, geht es mit uns in doppelter Eile zu Ende! Ich hoffe und hoffe noch immer auf Rettung! Die aber ist nur dann möglich, wenn das Geschehene Verzeihung findet. Und auch hier ist der Deutsche der einzige, der sie gewähren kann; die anderen sind ja tot! Siehst du das nicht ein?“
    Sebulon antwortete nicht gleich. Es wurde für kurze Zeit still. Wir hörten ein Räuspern, welches aber schon mehr wie Schluchzen klang. Von wem kam das? Von Hariman? Von Sebulon? Dann sagte der letztere, aber mehr klagend als erregt:
    „Es ist fürchterlich, geradezu fürchterlich, wie das innerlich schreit und lockt, wie es treibt und schiebt, wie es drängt und drängt, immer weiter, immer weiter! Ich wollte, ich wäre schon tot!“
    „Ich auch, ich auch!“
    Wieder trat eine Pause ein, nach welcher wir Sebulon sagen hörten:
    „Es rechnet in mir, es rechnet! Unaufhörlich! Bei Tag und bei Nacht! Wenn wir den Schatz, der mit dem Vater in das Wasser ging, doch heben könnten! Und wieviel würde Kiktahan Schonka zahlen, wenn wir ihm den Deutschen an das Messer lieferten! Wie viele, viele Beutel voller Nuggets, vielleicht eine ganz Bonanza, ein ganzes Placer!“
    „Um Gottes willen!“ rief Hariman erschrocken aus. „Diesen Gedanken laß ja fallen!“
    „Kann ich? Der Gedanke kann wohl mich fallen lassen, aber nicht ich ihn! Er kommt; er kommt! Und wenn er kommt, ist er da, viel stärker und viel mächtiger als ich, mit dem bißchen Kraft, das ich noch besitze! Und jetzt – jetzt überkommt mich ganz plötzlich eine Angst, eine Angst! Was das nur ist? Steht vielleicht jemand da draußen vor der Tür, um uns zu belauschen –?!“
    Da nahm ich meine Frau am Arm und zog sie schleunigst in mein Zimmer, welches gleich daneben lag, hinein. Wir nahmen uns gar nicht Zeit, die offenstehende Tür zuzumachen, sondern wir huschten durch den ganzen Raum hindurch bis in das Kabinett, wo wir stehen blieben und lauschten. Wie gut war es, daß wir die Tür offengelassen hatten! Die Brüder kamen heraus. Sie standen an unserer Tür.
    „Es ist niemand da“, sagte Hariman. „Du hast dich getäuscht.“
    „Wahrscheinlich“, antwortete Sebulon. „Es war auch nur in mir. Gehörte habe ich nichts, gar nichts. Aber diese Tür! War sie nicht schon offen, als wir kamen?“
    „Ja. Der Alte ist fort, und man hat sie offengelassen, um zu lüften.“
    „Unsinn! Wäre ein Horcher da drin, so hätte er die Tür hinter sich zugemacht; das ist doch gewiß!“
    „Wenigstens wahrscheinlich.“
    Er kam aber doch herein, ging einige Schritte vorwärts und stieß dabei an einen Stuhl.
    „Mach keinen Lärm!“ warnte Hariman.
    Da wendete sich der andere zurück und ging hinaus. Sein Bruder schob die beiden Flügel der Jalousietür heran, daß sie nun zu war, und dann verschwanden sie wieder in ihrer Stube. Wir aber gingen in das Zimmer meiner Frau, wo wir, weil es nach der anderen Seite lag,

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