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0408 - Der Gespenster-Galgen

0408 - Der Gespenster-Galgen

Titel: 0408 - Der Gespenster-Galgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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verschwinden«, sagte er.
    Sie nickte. »Ja. Weg von den Galgen. Er macht mir Angst.«
    Er hob die Fackel wieder auf und faßte nach ihrer Hand. »Komm, wir gehen«, sagte er.
    Sie setzten ihren Weg mit veränderter Richtung fort, dem Wald entgegen. Fort von diesem makabren Instrument des Todes.
    Aber sie kamen nicht weit…
    ***
    Irgendwann erwachte Stefanie. Ihr war speiübel. Rings um sie herum war es dunkel, und sie spürte die Kühle der Nacht. Es mußte schon spät sein, viel später als…
    Mit einem jähen Ruck stemmte sie sich hoch — und stöhnte auf. Vor ihren Augen tanzten bunte Ringe. Ein stechender Schmerz raste von ihrem Hinterkopf bis in die Wirbelsäule, und die Übelkeit nahm zu. Ihr wurde schwindlig. Für Sekunden war sie nahe daran, wieder in Bewußtlosigkeit zu versinken, ihre Arme, auf die sie sich stützte, wollten nachgeben.
    Aber sie bezwang die Schwäche.
    Sie lag im Gras. Irgendwo an einem unbekannten Ort. Über ihr waren Mond und Sterne. Sie tastete zu ihrem Hinterkopf, zu der Stelle, von der die Schmerzwelle gekommen war. Dort waren harte, kleine Krümel in ihrem langen Haar. Verkrustetes Blut… und ihre Kleidung war verschmutzt. In der Bluse ein Riß. Sonst nichts.
    Was war geschehen?
    Sie waren durch die Nacht spazieren gegangen, Hand in Hand. Maurice und sie. Maurice hatte die Fackel getragen…
    Maurice!
    Warum war er nicht hier? Plötzlich hatte sie den Schlag auf den Kopf gespürt, und dann war alles aus gewesen. Sie wußte nicht einmal, daß sie gestürzt war. Wo, um Himmels willen, war Maurice? Warum hatte er sie allein gelassen?
    Sie stöhnte auf, kam auf die Knie, erhob sich. Sie fühlte sich schwindlig, immer noch. Ihre Knie wollten wieder nachgeben. »Maurice!« Sie glaubte laut zu schreien. In Wirklichkeit war ihre Stimme kaum hörbar.
    »Maurice…«
    Etwas stimmte nicht. Sie befand sich auf einem Hügel. Wieder taumelte sie unter einem Schwächeanfall, lehnte sich unwillkürlich an…
    ...den Galgen!
    Was ihre Hand da fühlte, was ihre Augen jetzt sahen, war der Galgen. Die Erinnerung kam wieder. Sie hatten den Galgen auf dem Hügel gesehen und waren in die andere Richtung ausgewichen. Dann kam der Schlag auf ihren Kopf…
    Ihre Blicke irrten ab. Da hing etwas. Der Galgen war nicht leer. Zwei Füße baumelten vor Stefanies Gesicht.
    Am Galgen hing ein Mann.
    Und da wußte sie auch, wer dieser Mann war.
    Für sie reichte es nicht einmal mehr für einen entsetzten Aufschrei, als sie ohnmächtig zusammenbrach…
    ***
    Irgendwann, als es hell wurde, hatte sie es geschafft, sich nach Hause geschleppt. Am Küchentisch sank sie auf einen Stuhl, ein hilfloses, weinendes Nervenbündel. Marie-Louise Grausson fand ihre Tochter dort vor, als sie, wie üblich, als erste im Haus aufgestanden war, um Kaffee zu kochen, das Frühstück vorzubereiten und sich daran zu machen, ihren Mann durchs Badezimmer zu schleusen und in den Rollstuhl zu setzen. Früher war er, auf den Armstumpf gestützt, mit Krücken gegangen. Aber der Rollstuhl war wesentlich bequemer.
    An diesem Morgen mußte Pierre Grausson warten.
    »Um Himmels willen, Stefanie!« stieß Marie-Louise hervor. »Was ist passiert? Woher kommst du? Hat man dich überfallen und…?« Sie sprach nicht weiter, aber der Tonfall sagte alles.
    Stefanie hob den Kopf. Aus verweinten Augen sah sie ihre Mutter an.
    »Nein«, sagte sie leise. Sie schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht, weil die Bewegung wieder schmerzte. »Man hat nicht. Mutter… sie haben… sie haben…« Sie verstummte wieder, schluchzte hilflos.
    »Wer hat was?« Marie-Louise zog einen zweiten Stuhl heran und ließ sich neben ihrer Tochter nieder. Sanft strich sie ihr durchs Haar und fand die Verletzung. »Wer hat dich geschlagen?«
    »Ich… ich weiß es nicht«, sagte Stefanie. »Da war der Galgen. Wir wollten weg. Und da… da passierte es. Sie haben…«
    Marie-Louise wartete stumm ab. Es hatte keinen Sinn, Stefanie zu drängen. Und nach ein paar Minuten sprach sie endlich leise weiter.
    »Sie haben Maurice aufgehängt.«
    Marie-Louise schluckte. »Was? Was sagst du da?«
    »Sie haben ihn umgebracht. Diese verfluchten Schweine.« Sie schrie auf. »Umgebracht haben sie ihn. Aufgehängt. An einem Galgen! Maurice ist tot, tot! Aufgehängt! Ermordet!«
    Aus dem elterlichen Schlafzimmer kam ein Ruf. Pierre wollte wissen, was los war, warum er seine Tochter schreien hörte.
    »Ich komme gleich«, rief Marie-Louise zurück. Stefanie zuckte heftig zusammen.
    »Erzähle«,

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