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0428 - Der Gedanken-Töter

0428 - Der Gedanken-Töter

Titel: 0428 - Der Gedanken-Töter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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unermüdlich an seinem Werk gearbeitet, dessen Lektüre dem Leser ein völlig neues Lebensgefühl verleihen solle, so er sich an die Tips und Ratschläge hielte. Natürlich könne in dem Buch nur eine Auswahl an Themen gebracht werden, ein besseres, einfacheres und optimistischeres Leben zu führen. Aber die Scientisten, die Anhänger der von Mister Havard neu begründeten Wissenschaft, veranstalteten auch Seminare, um den Mitmenschen Wege zum Glück zu zeigen, Depressionen abzubauen, Schwierigkeiten überwindbar zu machen…
    »Das klingt mir alles ziemlich wild nach ›think positive‹«, sagte Zamorra. »Denke positiv, stell dir vor, alles könnte viel schlimmer gekommen sein, und so weiter…«
    »Aber es ist viel mehr als das, Sir«, hakte die Scientistin ein. »Sehen Sie, es ist nicht nur ein Lebensgefühl, es ist tatsächlich eine Wissenschaft. Mister Havards Erkenntnisse, richtig angewandt, können Ihr ganzes Leben revolutionieren…«
    Zamorra winkte ab. »Ich denke, wir sind auch ohne dieses Buch glücklich«, sagte er und wollte endlich weitergehen. Aber die Brünette stand ihm schon wieder so im Weg - natürlich ganz zufällig beabsichtigt - daß er umständlich um sie hätte herum gehen müssen. »Vielleicht glauben Sie wirklich, glücklich zu sein, Sir. Vielleicht sind Sie sogar fest davon überzeugt. Aber können Sie wirklich hundertprozentig sicher sein? In jeder Lebenslage? Vielleicht bedrückt Sie Ihre nächste Steuererklärung, vielleicht geht Ihnen der Tod eines nahen Verwandten zu Herzen, vielleicht ärgern Sie sich über einen verpaßten Lotteriegewinn oder die Dummheiten des Autofahrers vor Ihnen… es gibt bestimmt immer wieder Dinge, in denen Sie Mister Havards Erkenntnisse und seine Tips zum besseren Bewältigen von Problemen benötigen könnten. Glück ist doch immer relativ, nicht wahr? Und es ist flüchtg, Sir. Zudem ist Mister Havards Wissenschaft universal. Kaufen Sie das Buch ›Parascience‹. Sie werden die zehn Dollar niemals bereuen. Lesen Sie, verinnerlichen Sie sich die Worte Mister Havards, und vielleicht werden Sie Interesse an dieser Wissenschaft finden, vielleicht werden Sie sogar selbst Scientisten werden wollen. Sie…«
    Ihre blonde Kollegin hatte bereits in aller selbstverständlichen Geschäftstüchtigkeit eine der Hochglanzbroschüren ergriffen und streckte sie erst Zamorra und dann, als er nicht danach griff, Nicole entgegen. »Seien Sie sicher, daß es in diesem Leben keine Frage gibt, auf die Sie als Scientist nicht viel leichter eine zufriedenstellende Antwort finden werden denn als Unwissender…«
    Nicole nahm die Broschüre und rollte sie in der Hand zusammen. »Ich glaube schon, daß es eine solche Frage gibt«, sagte sie.
    Die Blonde starrte sie überrascht an. »Und - was sollte das für eine Frage sein?«
    Nicole lächelte maliziös. »Die Frage, was die ehrbaren Bürger dieser wunderschönen Stadt Atlanta von Ihnen denken werden, wenn ich gleich ganz laut über die Straße rufe, Sie hätten meinem Lebensgefährten einen unsittlichen Antrag gemacht. Dürfen wir jetzt endlich weitergehen?« Rigoros schob sie die beiden Frauen beiseite, und Zamorra bemühte sich, ihr in ihrem »Kielwasser« zu folgen.
    Sprachlos starrten die beiden Scientistinnen ihnen nach.
    Ein paar Meter weiter seufzte Zamorra erleichtert. »Himmel, haben die ein Redetalent. Als wenn ihr Seelenheil davon abhinge, uns dieses Buch für zehn Dollar anzudrehen.«
    »Das sieht mir in der Tat nach Seelenheil und Seelenfang aus«, sagte Nicole. Unwillkürlich stutzte Zamorra; in der ersten Sekunde erinnerte ihn das Wort Seelenfang an die Höllenmächte, gegen die sie ständig anzukämpfen hatten, aber wenn diese beiden Damen dämonischer Abkunft gewesen wären, hätte Zamorras Amulett sich bemerkbar gemacht. Er erkannte, daß Nicole es im übertragenen Sinne meinte. Aber war es ein Wunder, wenn er mittlerweile hinter jeder Sache eine schwarzmagische Aktivität sah? So oft, wie sie bisher mit den Schwarzblütigen aneinandergeraten waren…
    »Ich habe das dumpfe Gefühl, daß es sich um eine Art Sekte handelt, die Mitglieder gewinnen will. Hast du die Listen gesehen?«
    Zamorra nickte.
    »Da haben sich garantiert bereits Leute für die Mitgliedschaft in dieser Sekte eingetragen.«
    »Die Brünette sprach von einer Wissenschaft, einer neu begründeten«, warf Zamorra ein.
    Nicole winkte ab. »Das ist doch ein alter Trick. Nachdem Leute wie Mun oder der Bhagwan den Begriff ›Sekte‹ zu etwas recht

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