0434 - Das Erbe des Ertrusers
anmutende Wiederbelebung von Gevoreny Tatstun gewesen. Hier hatte sich etwas ereignet, das mit den Naturgesetzen nicht in Einklang zu bringen war. Ein seit vielen Jahren toter Mensch hatte fünf Minuten lang gelebt und völlig klar gesprochen! Corellos Mutter war zwar energetisch konserviert gewesen - aber diese Konservierung hatte seines Wissens nach erst bei ihrem Tod stattgefunden.
Dennoch ..., überlegte der Transmittergeschädigte, ... musste noch irgendwo in ihr ein Funke Leben gewesen sein, sonst hätte der Cappin sie nicht übernehmen können. Cappins hatten den Tod ihrer Opfer zu fürchten, denn sie starben mit ihnen, wenn sie sich nicht rechtzeitig vorher zurückzogen. Der Cappin, der nun wieder hinter der Plastikmaske in seinem Gesicht leuchtete, war aber in Gevoreny Tatstun eingedrungen. Er konnte sie nicht im vollen Sinne des Begriffes wiederbelebt haben; dazu waren diese Lebewesen unfähig. Seelen-Aktivierung!
Saedelaere nickte.
Das war die einzige Erklärung. Wie im Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Erforschung der cappinischen Pedotransferierung ermittelt worden war, besaß jedes dem Menschen vergleichbare intelligente Lebewesen eine sechsdimensionale Energiekonstante, die sogenannte „Überlagernde Sexta-Bezugs-Frequenz", in Kurzfassung ÜBSEF-Konstante genannt. Ohne diese Konstante war eine Ausbildung von Bewusstsein, nämlich des Bewusstseins der eigenen Existenz und des Bewusstseins selbst, unmöglich. Es erschien als wahrscheinlich, dass die Sextadim-Konstante außerdem der Träger dessen war, was man die Seele nennen konnte. Beim Tode eines intelligenten Lebewesens, beim organischen Gehirntod, wurde diese Sextadim-Konstante frei, verschwand in einem noch rätselhaften unbegreiflichen Überraum - wenn es ein 'Raum' in des Wortes Bedeutung war! - und wartete, bis irgendwann ein intelligentes Lebewesen im Ei oder im Mutterleib heranzureifen begann. Zu einem bestimmten Zeitpunkt dieser Entwicklung wirkten dann seltsame Kräfte zusammen und schöpften aus dem unsichtbaren Reservoir freier Sextadim-Konstanten den „göttlichen" Atem für das neue Lebewesen. Bei Gevoreny Tatstun musste die bei Eintritt des Todes erfolgte energetische Konservierung das Freiwerden dieser Sextadim-Konstante verhindert haben, so dass es nur des Auftauchens von Alaskas Cappin im Körper bedurfte, um - für den Zeitraum von fünf Minuten - Gevorenys Gehirn durch den Geist zu beleben. Nach dem Zerfall von Corellos Mutter musste die Sextadim-Konstante dann endgültig freigeworden sein. Doch so leicht sich diese Vorgänge alle erklären ließen, so wenig waren sie in ihrer ganzen Konsequenz fassbar. Der Transmittergeschädigte fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn, als wollte er diese entsetzlichen Gedanken verscheuchen. Dabei merkte er, dass seine Hand unkontrolliert zitterte. Er starrte die Tür an, hinter der Corello lag - und wandte sich marionettenhaft steif ab.
Unwillkürlich zuckte er zusammen, als Major Patulli Lokoshan vor ihm stand. Der SolAb-Agent musste schon einige Zeit dagewesen sein. Er blickte Alaska freundlich an und trug seine Statuette wie üblich unter dem Arm.
„Hallo, Saedelaere!" sagte der kleine dürre Mann. „Wie ich sehe, wollen Sie ebenfalls den lieben Corello besuchen. Gehen wir doch zusammen."
Alaska willigte ein. Er wusste nicht, wie er dem Major erklären sollte, dass er die Begegnung mit dem Supermutanten fürchtete.
Drinnen herrschte rötliches Dämmerlicht. Vier Parapsi-Spezialisten standen vor verschiedenen Schaltpulten und drehten an Knöpfen. Über dem Lager, auf dem der Supermutant angeschnallt worden war, hing eine sehr flache Haube mit einem Durchmesser von etwa zwei Meter. Von ihr ging das rötliche Leuchten aus, das zusammen mit den Kontrolllampen der Schaltpulte die einzige Beleuchtung darstellte.
Ein seltsam klingender Ton hing konstant in der Luft. Corellos nackter, wie in roter Glut gebadeter Leib wurde von intervallartigen Zuckungen durchlaufen. Die daumendicken Adern unter der straffgespannten Haut des Riesenschädels strafften sich und erschlafften in gleichmäßigem Rhythmus. Die großen Augen standen weit offen, schienen aber nichts zu sehen. Zögernd gingen der Transmittergeschädigte und Lokoshan näher heran. Die Ärzte blickten kurz auf, dann konzentrierten sie sich wieder auf ihre Arbeit. Alaska fühlte, wie die beklemmende Furcht allmählich wich.
Nun, da er direkt vor dem Supermutanten stand, fand sich sein Bewusstsein mit den Realitäten ab.
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