0446 - Die Zeitbrüder
Augen trat ein entschlossener Glanz.
„Ovaron II!" sagte er fest. „Nun wissen wir beide alles voneinander. Eine Frage noch: Vertraust du mir?"
Ovaron II lächelte. Für einen Moment sah es aus, als wollte er sich selbst die Hände auf die Schultern legen. Doch dann schreckte er davor zurück.
„Wie könnte es anders sein", sagte er verwirrt. „Wir sind ein- und dieselbe Persönlichkeit, aber du hast mir achtzehn Lotronjahre Erfahrungen voraus. Ja, ich vertraue dir -und wenn du es willst, vertraue ich auch deinen terranischen Freun-den."
Ovaron Inickte.
„Danke, Zeitbruder. Höre mir bitte genau zu: Mit dem, was ich über Lasallo und die auf Lotron arbeitende Verbrechergruppe der Takerer weiß, könntest du schon jetzt Anklage vor dem Gericht der Cappin-Völker erheben. Du brauchtest gar nicht erst nach Lotron zu fliegen und würdest achtzehn wertvolle Jahre sparen.
Aber beachte meinen dringenden Rat: vergiß unsere Begegnung und führe alles nach Plan durch. Andernfalls müßte ein Zeitparadoxon stattfinden, das unter Umständen die Existenz der Menschheit in Frage stellt.
Die takerischen Bio-Experimente auf Lotron müssen durchgeführt werden, sosehr sie gegen die Gesetze aller Cappin-Völker sind.
Doch aus der fernen Zukunft betrachtet, erweisen sie sich als notwendig. Aus diesen Experimenten geht nämlich eine ganz neue Rasse, die lemurische Rasse hervor, ohne die es weder Terraner noch Arkoniden und viele andere Völker dieser Galaxis geben könnte."
„Sie erweisen ... sich ... als ... not-wendig ...?" Ovaron II war nun vollends verwirrt. „Diese Verbrechen sollen ... durchgeführt werden?"
„So ist es, Zeitbruder", antwortete Ovaron Iernst. „Das ändert nichts an ihrem verbrecherischen Charakter. Aber wir haben kein Recht, die Existenz von fünfundzwanzig Milliarden Bewohnern des Tranat- beziehungsweise Solsystems und vieler Milliarden Bewohner anderer Sonnensysteme zu gefährden, nur um unserem Recht Genüge zu tun."
Ovaron war blaß geworden.
„Aber es ist dennoch ungeheuerlich: ein Verbrechen dulden, um etwas, das noch lange nicht existieren wird, zu retten ...!"
„Das ist eine Frage des Zeitpunktes", warf Atlan ein. Der ehemalige Arkonidenadmiral lächelte kalt. „Sie können nicht ruhigen Gewissens zweihunderttausend Jahre galaktischer Geschichte auslöschen, Ganjo. Oder doch ...?"
Ovaron II blickte den Arkoniden prüfend an. Dann wanderte sein Blick weiter zu Geoffry Abel Waringer, Ras Tschubai und Perry Rhodan.
„Nein, ich glaube nicht", gab er leise zurück. Seine Stimme klang belegt. „Ich werde tun, was mein ,älterer' Zeitbruder wünscht. Darf ich Ihnen, den Freunden aus meiner Zukunft, zum Abschied die Hand ge-ben?"
Impulsiv ergriff Perry die Hand des Cappin.
„Wir alle danken Ihnen, Ganjo-Zeitbruder unseres Freundes Ovaron!"
Auch die anderen Personen schüttelten Ovaron II die Hand.
Atlans Augen glitzerten seltsam dabei.
Dann neigte der Ganjo den Kopf, legte die Rechte auf seine Brust und sagte: „Ich wünsche Ihnen allen Glück!" Er sah Gucky und Tschubai auffordernd an. Die Teleporter stellten den Kontakt mit ihm her - und entmaterialisierten...
*
„Werden wir uns wiedersehen?" fragte Ovaron II, nachdem er mit Tschubai und dem Mausbiber in seiner Kabine an Bord des Beibootes materialisiert war.
Ras lächelte wissend.
„Nun, das ist relativ. Sie, Ganjo, werden uns wiedersehen. Aber wir haben Sie schon gesehen - vor zweihunderttausend Jahren.
Für uns war das hier das Wiedersehen."
„Er wird uns wiedersehen", bekräftigte der Mausbiber, „und nicht wissen, daß es ein Wiedersehen ist. Auf Wiedersehen, Ovaron, alter Freund!"
Er winkte und entmaterialisierte dabei. Ras Tschubai folgte ihm einen Augenblick später in die übergeordnete Dimension.
Ovaron II blickte nachdenklich dorthin, wo die beiden Teleporter eben noch gestanden hatten. Wenn er auf Grund des Wissens, das er durch Ovaron lerhalten hatte, handelte, würde er den Teleportern niemals begegnet sein.
Nein!
Der Ganjo fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen, als müßte er einen Alptraum verscheuchen.
Wenn er so handelte, würde er dieses Wissen niemals bekommen -nicht, bevor er achtzehn Jahre lang auf Lotron - oder der Erde, wie die Terraner den dritten Planeten Tranats nannten - geweilt hatte.
Befreit lächelte er.
Die Besorgnisse dieses Arkoniden waren völlig unbegründet gewesen.
Seine Handlungen lagen fest, waren vorherbestimmt, gleichsam in den Strom der Zeit
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