Fluch des Magiers
Zweites Kapitel
Der Vorschlag des Evari
F ern von dem Ort, an dem Erulim seine Pläne ausbrütete, saß Rogon, einst Prinz von Andhir und nun nichts weiter als ein streifender Abenteurer, in seiner Kammer in Tawaldon , der Hauptstadt des Reiches T’wool, und sann darüber nach, wohin er sich als Nächstes wenden sollte. Tirah, die magische Kriegerin, deren Körper sich bei einem misslungenen Zauber aufgelöst hatte und in ihm aufgegangen war, mischte sich immer wieder in seine Überlegungen ein.
»Du solltest Tharon fragen, wo wir Sirrin finden können. Ich würde gerne wieder einen eigenen Körper besitzen«, erklärte sie eben mit Nachdruck.
»Schade!«, entfuhr es Rogon.
In Tirah wallte Zorn auf. »Was sagst du da?«
»Ich finde es schade, dass wir uns in dem Fall trennen müssen, denn du bist eine ausgezeichnete Reisegefährtin und könntest mir in so vielen Dingen raten.«
Rogons Antwort besänftigte sie. »Auch du bist ein angenehmer Bursche und kein solcher Angeber wie die meisten Wardan -Prinzlein, die vor Stolz auf ihre Ahnenreihe beinahe platzen. Aber wenn ich meiner Evari dienen will, brauche ich meinen Körper. Das musst du verstehen! Ich war über tausend Jahre lang Sirrins Schwertarm und weiß, dass sie meine Unterstützung benötigt – und zwar dringender denn je.«
»Das begreife ich ja, aber …« Rogon kam nicht dazu, den Satz zu Ende zu sprechen, denn in dem Augenblick öffnete sich die Tür, und Tharon kam herein. Mit seinem pechschwarzen Talar, dem weiten Umhang und dem Barett mit einer Agraffe aus Rotgold stellte der schwarze Evari eine beeindruckende Erscheinung dar. Allerdings dämpften ein Krug und zwei Becher in seinen Händen diesen Eindruck.
»Ich glaube, dass wir beide einen guten Schluck vertragen können«, sagte er zu Rogon, als er die Gefäße auf den Tisch stellte. Dabei tat er so, als würde er die violette Kriegerin, die in dem jungen Wardan steckte, nicht bemerken.
»Es ist guter Marangree -Wein und keiner aus T’wool, obwohl man auch hier einen guten Tropfen zu keltern weiß«, fuhr er fort und schenkte ein.
»Auf dein Wohl, Rogon! Ohne dich und die weiße Katze wären wir der Rebellen wohl kaum Herr geworden. König Arendhar hat dir daher zu Recht den Titel eines Ritters von T’wool verliehen. Aber ich frage mich, ob so ein junger Bursche wie du hierbleiben und ein Landgut bewirtschaften will. Immerhin bist du ein blauer Wardan …«
»… und die werden in T’wool derzeit höchst ungern gesehen«, unterbrach Rogon den Evari.
Tharon lachte leise auf. »So habe ich es nicht gemeint. Obwohl du natürlich recht hast! Aber ich halte dich für einen Kerl, der etwas von der Welt sehen will. Wenigstens habe ich das angenommen, als wir uns das erste Mal begegnet sind.«
»Vorsicht, er führt etwas im Schilde!«, warnte Tirah Rogon mit ihrer Gedankenstimme. »Aber ich will zu Sirrin! Frag ihn, wo diese derzeit zu finden ist.«
»Mache ich«, versprach Rogon ebenso lautlos und wandte sich dem Evari zu.
»Du hast recht, Tharon. Ich will tatsächlich nicht in T’wool bleiben, sondern weiterziehen.«
Bevor er nach Sirrin fragen konnte, unterbrach Tharon ihn. »Welch ein Zufall, ich nämlich auch! Hast du noch immer Interesse daran, mit mir nach Süden zu reisen und den grünen Todeswall, der die Einbruchslande abschließt, mit eigenen Augen zu sehen?«
»Geh nicht darauf ein«, klang Tirahs Stimme warnend in Rogons Kopf auf.
»Nun, vielleicht, aber eigentlich wollte ich Sirrin suchen.«
»Was willst du denn von der violetten Evari?«, fragte Tharon abwehrend.
»Ihr dieses Schwert bringen! Es ist eines der großen Schwerter der violetten Seite. Ich habe es durch Zufall gefunden.«
»Bring das Schwert in die Heilige Stadt zum violetten Tempel, dann bist du es los. Die Priesterschaft wird schon dafür sorgen, dass die Klinge zu Sirrin kommt.«
Tharons Vorschlag war nicht ernst gemeint, denn eine Reise Rogons nach Edessin Dareh war das Letzte, das er sich wünschte. Er brauchte den jungen Mann selbst. Doch dafür musste er ihn so weit ködern, dass dieser mit ihm kam.
Der Evari musterte Rogon durchdringend und wünschte sich, ihn in Ruhe untersuchen und seine Fähigkeiten ausloten zu können. Dafür aber hätte er ihn magisch lähmen müssen. Mit einer solchen Handlung jedoch hätte er das Vertrauen dieses erstaunlichen Wardan-Jünglings verloren. Erneut fragte er sich, warum Sirrin ihre beste Kriegerin in Rogons Körper gesteckt hatte. Sie konnte dabei nur den
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