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045 - Das verschwundene Volk

045 - Das verschwundene Volk

Titel: 045 - Das verschwundene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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auch nicht verhungern.« Er grinste unerwartet. »Komm schon, es geht doch nur um eine Nacht. Morgen kehren wir um und schlagen den Bogen nach Süden. Okay?«
    Aruula wusste, dass sie dem nichts entgegenzusetzen hatte. Eine Nacht und das Versprechen, danach aus Orguudoos Gegenwart zu flüchten - mehr konnte sie nicht verlangen.
    »Einverstanden.«
    Tuakum he…
    Halb wurde er gezogen, halb schob sich Matt aus eigener Kraft über eine letzte Felskuppe und blieb erschöpft auf dem warmen Stein liegen. Er bemerkte Aruula, die vor ihm stand, das Seil aufwickelte und dabei den Kopf schüttelte.
    »Warum musst du unbedingt selbst auf diese Felsen klettern?«, fragte sie vorwurfsvoll. »Ich hätte dir berichten können, was es hier oben zu sehen gibt.«
    Matthew richtete sich auf und ergriff ihre ausgestreckte Hand. »Du hast mir zwei Wochen lang alles berichtet. Es wird Zeit, dass ich mir die Dinge wieder selbst ansehe.«
    »Du solltest die Götter um mehr Geduld bitten, Maddrax.«
    Er ließ sich von Aruula auf die Füße ziehen und hob die Schultern.
    »Vielleicht sollte ich das, aber…«
    Matt brach ab, als er zum ersten Mal einen Blick in das Pueblo warf. Er stand am Eingang einer scheinbar natürlich entstandenen Höhle, deren Wände mit bunten Zeichnungen bedeckt waren. Schlangenlinien, Punkte und dunkle Figuren mit überlangen Gliedmaßen lösten sich in einer strikten Reihenfolge ab. An anderen Stellen waren abstrakte Symbole direkt in den Stein gemeißelt worden. Zahlreiche Leitern ragten aus Löchern bis zum Boden und im hinteren Teil der Höhle zweigten Gänge ab, die sich in der Dunkelheit verloren.
    Wie der Eingang eines riesigen Termitenhügels, dachte Matt, während er das Seil von seiner Hüfte löste. Das ist kein Dorf, sondern eine ganze Stadt.
    Er drehte sich um und hinkte zu einer Reihe von kunstvoll bemalten Tonkrügen, die in der Nähe des Eingangs standen. Vorsichtig nahm er einen Deckel ab und bemerkte beinahe unterbewusst, dass sich kein Staub darauf befand.
    Aruula trat neben ihn. »Ist das Mehl?«, fragte sie mit einem Blick auf das trockene weiße Pulver, das den Krug bis zum Rand füllte.
    »Ich weiß nicht.«
    Matt bedeckte seine Handfläche mit dem weißen Pulver und roch misstrauisch daran. Er zögerte einen Moment, dann berührte er es mit der Zungenspitze, bereit, das Pulver sofort wieder auszuspucken.
    »Es ist tatsächlich Mehl«, sagte er überrascht.
    »Hier leben Menschen!«
    Instinktiv griff er nach seiner Waffe, während Aruula sich langsam im Kreis drehte. Erst jetzt fiel ihm auf, wie still es an diesem Ort war. Selbst das ferne Grollen der Vulkane reichte nicht bis in die Höhle hinein. Wenn sich die Dorfbewohner wirklich vor ihnen verbargen, dann hatten sie sich tief in das Pueblo zurückgezogen.
    Aus den Augenwinkeln sah Matt, wie Aruula ihr Schwert an die Wand lehnte, sich auf den Boden setzte und die Beine anzog. Ihr Gesicht nahm einen entspannten Ausdruck an, dann schloss sie die Augen.
    Sie versucht zu lauschen, erkannte er. Sie wird die Gedanken der Dorfbewohner wahrnehmen, wenn sie noch hier sind.
    Aruulas telepathische Fähigkeiten waren ihm längst nicht mehr so unheimlich wie zu Beginn ihrer Beziehung. Er hatte sich daran gewöhnt und sie als Vorteil zu schätzen gelernt - wenn man einmal von den wenigen Gelegenheiten absah, bei denen er so bei einer Lüge ertappt worden war.
    Einige Minuten verstrichen, dann öffnete Aruula die Augen. »Wir sind allein. Es ist niemand hier.«
    »Bist du sicher?«
    »Ja.« Sie stand auf und nahm das Schwert wieder in die Hand. »Was ist ein Pueblo«, fragte sie übergangslos.
    Matt riss sich von den Spekulationen los, die ihm durch den Kopf schossen.
    »Das spanische Wort für Dorf«, sagte er.
    »Hier lebten früher Indianer. Die Spanier - ein Volk aus Euree - nannten so die Ureinwohner in diesem Teil des Kontinents. Sie glaubten, dass die Indianer große Mengen Gold besaßen.«
    »Haben sie gegeneinander gekämpft?«
    »O ja, die Stämme kämpften zuerst gegen die Spanier, dann gegen die Franzosen, die Engländer, die Mexikaner und schließlich gegen die Amerikaner.«
    Indianische Stammesnamen, die er längst vergessen geglaubt hatte, drängten in sein Bewusstsein zurück: Navajo, Zuni, Apachen, Hopi… Tausende waren in den ungleichen Kämpfen gestorben.
    »Wer hat gewonnen?«
    Aruulas Frage klang ebenso naiv wie berechtigt. Matt sah sie an und lächelte bedauernd.
    »Meine Vorfahren«, sagte er, »kamen über dieses Land wie

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