0455 - Der Lord und die Geister-Lady
installiert worden, und das Licht sollte für den schwer arbeitenden Butler eine Hilfe sein. Durch den Strahl trieben die bleichen Nebelschleier, wallten und drehten sich. Das Licht hatte die Atmosphäre nach Meinung des Butlers noch unheimlicher werden lassen, und er schüttelte sich einige Male, bevor er wieder zum Spaten griff und das Blatt ins feuchte Erdreich versenkte.
Er gab nicht auf, schaute auch nicht auf seine Uhr, schätzte aber, daß die Zeit bald vorbei war.
Hin und wieder hörte er in den weiter entfernt liegenden Büschen ein Rascheln. Es gab hier Füchse. Wahrscheinlich waren sie unterwegs, um nachzuschauen, was der Mensch in dieser frühen Abendstunde dort alles tat.
Längst stand er im Grab, und immer wieder rammte er das Blatt des Spatens in die feuchte, klebrige und harte Erde, bis er plötzlich auf den ersten Widerstand stieß.
Er vernahm ein dumpfes Geräusch und erschrak. Hastig zog er den Spaten wieder zurück und wäre fast aus dem Grab geklettert.
Der nächste Schreck erreichte den Butler, als er plötzlich die Stimme hörte.
»Na, schon fertig?«
Gilbert fuhr herum. Sein Blick fiel auf eine hochgewachsene Gestalt am Grabrand, die von Nebelschwaden umgeistert wurde.
Da stand der Lord. Noch immer trug er seinen Mantel. Die Hände hielt er in den Taschen verborgen. Aus dem Mantelausschnitt am Brustbein schaute die unvermeidliche Fliege. Sein eisgraues Haar war sorgfältig gekämmt. An der Stirn war es gelichtet. Weiter oben zeigte es eine fast jugendliche Dichte. Der ebenfalls eisgraue Schnauzer saß auf seiner Oberlippe wie angemalt.
»Noch nicht ganz, Sir!« gab Gilbert krächzend zurück, als er seinen ersten Schreck überwunden hatte. »Aber ich habe bereits Kontakt bekommen, Sir.« Er hob den Spaten an und drückte ihn wieder nach unten, so daß der Lord das dumpfe Geräusch hörte, als das Blatt den Sargdeckel traf.
»Das ist nicht schlecht«, sagte der Lord. »Nur würde ich vorschlagen, daß Sie nun die Schaufel nehmen, Gilbert. Ich gebe sie Ihnen.«
Die beiden Männer tauschten die Werkzeuge aus.
Der Lord lehnte den Spaten an einen Baumstamm und schaute zu, wie sein Butler jetzt vorsichtiger zu Werke ging und den Sargdeckel allmählich freilegte.
Der Scheinwerferstrahl leuchtete geradewegs in das offene Grab.
So war zu erkennen, daß der Lord am Sarg für seine Frau nicht gespart hatte. Aus dunklem Ebenholz war er gefertigt worden. Das Material hatte auch seinen eigenen Glanz in den letzten fünf Tagen nicht verloren.
Gilbert stach auch die Erde an den Sargseiten ab, bis er die golden schimmernden Griffe freigelegt hatte. Dann blickte er hoch auf seinen Brötchengeber. »Tut mir leid, Sir, ich kann den Sarg allein nicht aus dem Grab heben.«
»Das ist mir klar.« Der Lord bückte sich. »Können Sie ihn vielleicht kanten?«
»Ich werde es versuchen, Sir.«
»Ich helfe Ihnen.«
Sosehr sich Gilbert auch bemühte, es klappte nicht. Das Grab war einfach zu eng. »Tut mir leid, Sir, das ist die Tücke des Objekts, mit der ich zu kämpfen habe.«
Lord Danford schabte über sein Kinn. »Es wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben, als den Sarg im Grab zu öffnen. Können Sie das übernehmen, Gilbert?«
Der Butler hob die Schultern. »Sir, so etwas habe ich noch nie gemacht, wenn Sie verstehen.«
»Man macht immer etwas zum erstenmal im Leben, auch wenn man so alt wie Sie ist, Gilbert.«
»Verstehe, Sir.«
»Schauen Sie mal nach.«
Es war sehr eng im Grab, so daß es dem Butler Mühe bereitete, sich zwischen Sarg und Grabwand zu bewegen. Trotzdem schaffte er es, die Verschlüsse des Sargs freizulegen.
»Es klappt, Sir.«
»Habe ich mir gedacht«, erwiderte der Lord in einem etwas gespannten Tonfall, der seinem Butler durchaus auffiel. Und wieder einmal verspürte Gilbert einen dicken Klumpen im Magen. Er wußte nicht, was der Lord im einzelnen vorhatte. Daß es aber etwas Außergewöhnliches war, konnte er sich schon vorstellen.
Manchmal war ihm dieser Mensch unheimlich. Da hatte er einen Blick in den Augen, der nicht nur Angst machte, sondern dem anderen tief in die Seele dringen konnte.
»Sind Sie soweit, Gilbert?« Die Stimme des Lords unterbrach die Gedanken des Butlers.
»Fast.«
»Ich warte.« Danford hatte sich vorgebeugt und starrte in das geöffnete Grab.
Gilbert war dabei, soeben die letzten Verschlüsse an der linken Seite zu lösen. »Jetzt kann ich den Deckel anheben, Sir«, erklärte er mit zitternder Stimme.
»Dann tun Sie es.«
»Ja,
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