0456 - Der Geisterseher
Geschäftskosten selbst schon die zweite Flasche Wasser leergemacht.
Sie trat durch den Hinterausgang. Vom Sternenhimmel war nichts zu sehen; die stets dichte Smogwolke über Baton Rouge verhinderte das. Der Himmel war ein finsteres Graublau; gerade Gevatter Mond schaffte es, blaß hindurchzuleuchten.
Moskitos schwirrten und suchten nach Lichtquellen und menschlichem Schweiß, um sich mit nervtötendem Sirren darauf zu stürzen. Das schien die drei Schatten nicht zu stören, die sich unterhielten.
Unwillkürlich spitzte Angelique die Ohren.
In Buddys Hinterhof hatte keiner was zu suchen.
Vielleicht fühlten die drei sich gerade deshalb ungestört.
Sie versuchte die Stimmen zu erkennen. Aber sie waren Fremde. Das waren keine von Buddys Stammgästen.
Und worüber sie sich unterhielten, konnte Angelique gar nicht gefallen. Die drei Männer, die sie im Gegenlicht nur als Schatten sehen konnte, sprachen über ein Blutritual, für das sie ein Menschenopfer benötigten!
Ihr wurde klar, daß das kein Scherz war. Die drei Männer, die nach einem Opfer suchten, meinten es teuflisch ernst!
In diesem Moment wurde ihr auch klar, daß sie das Opfer sein würde, wenn die drei Männer merkten, daß sie belauscht worden waren!
So lautlos wie möglich zog sie sich zurück.
In diesem Moment öffnete Jake, Buddys rechte Hand in der Rolle des ahnungslosen Engels, hinter ihr die Tür. »Angelique, bist du noch hier draußen? Buddy braucht dich!«
Das Licht traf sie voll.
Die flüsternden Stimmen verstummten. Dadurch, daß jetzt rund um Angelique Licht war, konnte sie nicht einmal mehr die Schatten sehen.
Aber von einem Moment zum anderen war ihr klar, daß die drei Kerle sie gesehen hatten und jetzt wußten, belauscht worden zu sein!
Eine eiskalte Hand krampfte sich um Angeliques Herz. Blitzschnell schlüpfte sie an Jake vorbei und riß die Tür hinter sich zu. Sie wollte ihn anschreien, aber er konnte doch nichts dafür!
»Was ist, Mädchen?« stieß er hervor. »Warum bist du so blaß?«
»Ruf die Cops, schnell!« stieß sie hervor. »Im Hof sind drei Killer!«
***
»Sie hat uns belauscht!«
»Vielleicht hat sie uns auch gesehen! Wir waren unvorsichtig!«
»Wir müssen sie beseitigen. Oder der Hohe Schwarze wird uns zürnen. Er erwartet, daß wir zu seiner Zufriedenheit arbeiten.«
»Sie heißt Angelique. Wir wissen, wie sie aussieht. Das Licht traf sie günstig. Wir werden sie aus dem Weg schaffen.«
»Warum so voreilig? Vielleicht können wir sie lebend schnappen.«
»Und dann? Eine Kugel oder ein Messer aus dem Dunkeln ist sicher. Wenn wir sie lebend gefangennehmen, müssen wir sie durchfüttern. Und dann?«
»Denk logisch. Der Hohe Schwarze will ein Opfer! Haben wir nicht gerade darüber geredet, wie wir es am besten anstellen, daß…?«
»Du hast recht!« Ein klatschendes Geräusch entstand, als eine flache Hand eine Stirn traf. »Wir nehmen sie als Opfer, und der Hohe Schwarze wird zufrieden sein!«
»Irgendwann hat sie Feierabend. Dann erwischen wir sie.«
»Aber zunächst müssen wir hier verschwinden. Wenn wir davon ausgehen, daß sie uns belauscht hat, kann es sein, daß sie uns die Cops auf den Hals hetzt.«
»Glaubst du im Ernst, die trauen sich hierher?«
»Ja!«
»Der Hohe Schwarze wird uns schützen!«
»Der Hohe Schwarze ist mächtig, aber er hilft nur denen, die sich selbst helfen. Also beweg deinen fetten Hintern von hier weg, ehe die Bullen auftauchen! Es gibt andere Punkte, wo wir uns verstecken und diese verdammte Kneipe unter Beobachtung halten können, damit uns die Kleine nicht entwischt.«
***
»Du bist ja verrückt!« entfuhr es Buddy, als Angelique ihm von ihrer unfreiwilligen Lauschaktion erzählte; Jake hatte es einfach nicht wahrhaben wollen und sie sofort zum Boß weitergeschoben. »Mein Hof ist doch kein Verbrecher-Treff!«
»Trotzdem waren sie da! Ich schwör's dir, Buddy. Habe ich dich jemals angelogen? Und sie wissen, daß ich sie belauscht habe, sie haben mich gesehen. Buddy, ich habe Angst!«
Der Dicke zuckte mit den Schultern. »Glaubst du im Ernst, daß sie noch da sind? Okay, ich rufe die Polizei an. Aber es wird nichts dabei herauskommen, wetten?«
Angelique wettete nicht. Sie war dazu einfach nicht in der Stimmung. Sie hatte einfach nur Angst, hundsgemeine Angst. Normalerweise war sie alles andere als schreckhaft. Sie wurde mit allem fertig, was ihr über den Weg lief. Selbst jenem undurchschaubaren Typen, der sich Sid Amos nannte, und der angeblich der
Weitere Kostenlose Bücher