0456 - Der Geisterseher
Teufel selbst sein sollte, hatte sie gezeigt, wo's lang ging. Okay, der hatte ihr einiges vorgemacht, was nicht mit rechten Dingen zugehen konnte, aber daß er ein Teufel sein sollte, daran zweifelte sie doch sehr. Es gab keinen Teufel. Es gab nur Leute, die an den Teufel glaubten und sich Angst machen ließen. Angelique gehörte nicht dazu.
Aber es war etwas anderes, mit Illusionistenspuk fertig zu werden, oder handfeste wirkliche Verbrecher zu belauschen und von ihnen entdeckt zu werden.
Die Polizei kam.
Ein Patrol-Car der City Police mit gleich drei Mann in Uniform. Buddys Gäste konnten sie nicht verschrecken, weil von denen keiner ein schlechtes Gewissen hatte. Deshalb waren die Uniformen auch keine Geschäftsschädigung, sondern eher eine Garantie für Sicherheit. In anderen Lokalen des Hafenviertels sah das anders aus.
Der Hof wurde durchsucht.
Natürlich fand man keinen Menschen vor, aber dort, wo Angelique die Schatten gesehen hatte, lag ein Zigarettenstummel. Das bewies, daß zumindest ein Fremder hier gewesen sein mußte, weil weder Buddy noch Jake und schon gar nicht Angelique rauchten. Über die Mauer geworfen worden sein konnte die Kippe auch nicht. So weit hätte sie nicht fliegen können.
Damit erschöpfte sich der Spurenvorrat aber auch schon. Angelique selbst konnte den Beamten auch nicht mehr sagen, als daß die Rede von einem geplanten Ritualmord und der Suche nach einem geeigneten Opfer gewesen war. Weitere Details kannte sie nicht.
»Das ist nicht gerade viel, Miß Cascal«, sagte der Streifenführer. »Ich werde die Meldung auf jeden Fall ans Präsidium weitergeben. Vielleicht kann man da mehr mit anfangen. Hin und wieder tauchen ja immer irgendwelche Teufelsanbetersekten auf, denen man so schnell wie möglich das Handwerk legen sollte. Nur sind dafür nicht wir zuständig, sondern die Kollegen in Zivil, die auch noch viel besser bezahlt werden als wir arme Schweine.«
»Die Verbrecher werden versuchen, mich mundtot zu machen«, sagte Angelique.
Der Streifenführer seufzte. »Miß Cascal, wir tun, was wir können, aber nur auf einen vagen Verdacht hin können wir Ihnen keinen ständigen Polizeischutz gewähren.« Das wäre auch das letzte gewesen, was Angelique gewollt hätte - schon allein ihres Bruders wegen. »Wir können nur etwas häufiger als sonst in dieser Gegend patrouillieren und den Weg zu Ihrer Wohnung sichern sowie die Gegend genau im Augenschein behalten. Wir können aber nicht überall sein. Wir möchten gern, aber es geht nicht.«
»Vielleicht sollte ich Sie niederschlagen und ernsthaft verletzen. Dann muß Ihr Kollege mich einsperren.«
Der Beamte lächelte. »So einfach geht das auch nicht… ich würde mich wehren. Aber ich versichere Ihnen, daß wir alles tun, was in unserer Macht steht, um für Ihre Sicherheit zu sorgen.«
Angelique nickte.
Es war ihr absolut klar. Aber ebenso klar war ihr, daß die Beamten kaum wirklich optimal für ihre Sicherheit sorgen konnten, obgleich sie das wollte. Die Sachzwänge waren dagegen. Nun, immerhin wußte sie jetzt Bescheid.
»Ich bringe dich nachher nach Hause, wenn du Feierabend machst«, verspracht Buddy. »An meine breiten Schultern wagt sich so schnell keiner ran.«
Angelique lächelte verloren. Buddy an ihrer Seite zu wissen, versprach natürlich Schutz.
Aber lieber hätte sie den listen- und trickreichen Ombre als Schutz gehabt. Doch Ombre war auf einem seiner nächtlichen Streifzüge durch Baton Rouge. Er ahnte nichts. Er würde erst im Morgengrauen mit oder ohne Beute zurückkehren.
Und dann würde er müde sein und schlafen wollen. Kein optimaler Aufpasser für die hellen Stunden des Tages.
Die Angst wollte Angelique nicht mehr aus ihren Klauen lassen.
***
Der von den Sterblichen ›Hoher Schwarzer‹ genannt wurde, betrat in Höllentiefen den Thronsaal des Fürsten der Finsternis.
Er wollte dem Herrn der Schwarzen Familie der Dämonen einen Zwischenbericht erstatten. Er wollte von Erfolgen seines schwarzmagischen Zirkels berichten, von den Teufelsanbetern, deren Sekte er neu begründet hatte, die aber mehr und mehr Zuwachs bekam. Der ›Hohe Schwarze‹ gehörte zu jenen Dämonen, die es für am besten hielten, sich mit dem Fürsten der Finsternis zu arrangieren, der bei vielen Erzdämonen nicht gut gelitten war. Immerhin munkelte man, daß er schon vor seiner Geburt für den größten Feind der Dämonen gehalten worden war. Sein Vorgänger hatte erfolglos versucht, ihn zu vernichten. Nun saß der
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