047 - Amoklauf
Schultern. »Ich werde einige Polizisten hier lassen, die das Haus bewachen. Sonst kann ich eigentlich nichts tun. Und ich werde einen Polizeiarzt vorbeischicken, der die Frauen untersuchen soll.« Rahan stand auf. »Sollte wieder etwas geschehen, dann verständigen Sie mich bitte sofort, Mr. Stack. Ich lasse Ihnen meine Karte hier. Da steht auch meine Privatnummer drauf.«
»Hoffentlich bleibt es heute ruhig«, sagte ich und schüttelte seine Hand.
Dann sprach Rahan mit den Polizisten, die das Haus weiterhin beobachten sollten. Niemand durfte es verlassen. Einige Minuten später fuhr er ab. Ich sah ihm nach, steckte mir eine Zigarette an und fühlte mich unbehaglich. Ich hatte das dumpfe Gefühl, daß dieser Abend auch einige Überraschungen bringen würde, hoffte aber, daß ich mich täuschte.
Ich blieb bis fast zehn Uhr allein. In der Zwischenzeit hatte ich mein Gepäck ins Haus gebracht, meine Kleidungsstücke verstaut, mich geduscht und umgezogen. Jetzt saß ich im Wohnzimmer, rauchte, trank und wartete. Meine Gedanken kreisten immer wieder um Hewitt. Ich überlegte, wie ich ihn ausschalten konnte, doch so sehr ich auch nachdachte, mir fiel nichts ein.
Durch das Auftauchen von Grace und Gloria wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Mir kamen beide Frauen verändert vor. Sie wirkten ruhig und gelassen, was im krassen Gegensatz zu den Ereignissen stand, die hinter ihnen lagen. Grace trug ein tief ausgeschnittenes Abendkleid, das ihre Schultern völlig entblößte und mehr als nur die Ansätze ihrer großen Brüste zeigte. Unwillkürlich spannten sich meine Muskeln an, als sie sich neben mich auf die Sitzbank setzte.
»Der Inspektor ist gegangen?« fragte sie leise.
»Ja«, sagte ich und ließ sie nicht aus den Augen. Würde sie wieder zudringlich werden? Im Augenblick verhielt sie sich noch ruhig.
Gloria mixte ihr einen Drink und stellte ihn auf das kleine Tischchen vor uns. »Was wollen Sie trinken?« wandte sie sich an mich.
»Einen Bourbon mit viel Eis«, sagte ich.
Gloria nickte, warf einige Eiswürfel in ein hohes Glas und schüttete den Whisky darüber. Kleine Dunstwolken stiegen auf.
»Wasser?« fragte sie, und ich schüttelte den Kopf.
Ich wurde aus dem Verhalten der beiden Frauen nicht klug. Sie waren so entspannt. Ich war neugierig, was weiter geschehen würde.
»Wo ist eigentlich Barbara?« fragte ich.
»Sie will nicht aufstehen«, sagte Grace. »Sie hat ein Schlafmittel genommen.«
Gloria setzte sich links neben mir nieder. Ich hob mein Glas und starrte nachdenklich den feuchten Abdruck an, den mein Glas auf der Tischplatte hinterlassen hatte. Dann trank ich einen Schluck, strich mit dem rechten Finger gedankenverloren über die Tischplatte und verschmierte den Abdruck. Wie von selbst formte ich einen Drudenfuß. Als ich damit fertig war, lehnte ich mich zurück und trank noch einen Schluck.
Grace fing rascher zu atmen an. Sie konnte ihren Blick nicht von dem Drudenfuß losreißen. Gloria ging es nicht viel besser. Langsam rückten sie vom Tisch ab. Ich beschloß, einen Schritt weiterzugehen, holte mein Amulett hervor und hielt es Grace hin. Entsetzt rutschte sie auf das äußerste Ende der Bank.
»Was haben Sie da?« fragte sie mit weit aufgerissenen Augen. »Tun Sie es fort!«
Ich hob es hoch, und das Licht spiegelte sich darin und blendete Grace. Sie stieß einen schmerzerfüllten Schrei aus und sprang auf. Keuchend lief sie zur Tür, riß sie auf und schlug sie hinter sich zu. Ich wandte mich nachdenklich Gloria zu und hielt auch ihr das Amulett hin. Sie atmete schwerer, reagierte aber nicht so hysterisch wie ihre Mutter, doch auch sie konnte den Blick nicht davon losreißen. Für mich war das sehr interessant, denn es zeigte mir, daß sich Gloria zur Zeit nicht so stark wie ihre Mutter im Bann Hewitts befand. Von Gloria drohte im Augenblick also kaum Gefahr, während ihre Mutter sich jeden Moment verändern konnte. Ich steckte das Amulett wieder ein, und Gloria entspannte sich sofort.
»Wir dürfen Ihre Mutter nicht aus den Augen lassen«, sagte ich.
»Warum nicht?« fragte Gloria. »Sie ist ganz normal. Ich habe mich mit ihr unterhalten. Sie behauptet, daß sie sich nicht verändert hätte. Und ich glaube ihr auch. Sie versuchen uns etwas einzureden, Mr. Stack. Vielleicht stecken Sie überhaupt hinter all den Vorfällen.« Sie sah mich herausfordernd an.
»Auf diesen Unsinn gebe ich Ihnen keine Antwort«, sagte ich.
»Vielleicht wäre es besser, Sie würden uns
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