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047 - Amoklauf

047 - Amoklauf

Titel: 047 - Amoklauf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Davenport
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von Furien gehetzt aus der Halle gelaufen. Der Anblick des Amuletts war einfach zuviel für sie gewesen. Er hatte ihr körperliche Schmerzen verursacht, so als hätte sie jemand mit Benzin überschüttet und dann angezündet. Sie rannte in ihr Zimmer, warf sich aufs Bett, und ihr Körper wurde von Krämpfen geschüttelt. Es dauerte einige Minuten, bis die Schmerzen nachließen. Noch halb betäubt richtete sie sich auf, schlüpfte aus dem Kleid und trat vor den Spiegel. Ihre Haut war glatt und wies keine Verletzung auf. Sie schüttelte den Kopf und strich langsam mit beiden Händen über ihren Körper. Ihre Hände prickelten seltsam. Nachdenklich setzte sie sich aufs Bett und schloß die Augen. Sie fühlte sich schwach, müde und völlig lethargisch.
    Ihre Gedanken wanderten hin und her. Sie konnte sich nicht konzentrieren. Ihre Hände zitterten immer stärker. Sie versuchte sich gerade zu halten, doch es gelang ihr nicht. Rücklings ließ sie sich aufs Bett fallen und stöhnte. Schließlich drehte sie sich zur Seite und rollte sich zusammen. Die Augen hielt sie geschlossen. Ihre Augäpfel brannten. Sie keuchte und strampelte mit den Beinen, als würde sie einen unsichtbaren Feind abwehren, der nach ihr greifen wollte.
    »Was ist mit dir, Mutter?« hörte sie plötzlich Glorias ängstliche Stimme. Sie schien durch eine Mauer zu kommen, ganz leise und kaum verständlich.
    Grace spürte die Hände ihrer Tochter an den Schultern. Die Berührung verursachte ihr Schmerzen, und sie stöhnte erneut laut auf. Der Griff wurde stärker und die Schmerzen wuchsen.
    »Wasser!« stöhnte Grace. »Ein Glas Wasser!«
    Gloria lief ins Badezimmer und holte das Gewünschte. Ihre Mutter lag jetzt auf dem Rücken und strampelte mit den Beinen. Sie hielt das Glas an ihre Lippen, trank einen Schluck, verschüttete aber das meiste auf das Kopfkissen.
    »Geht es dir besser, Mutter?«
    Grace nickte schwach. Sie öffnete die Augen und strich sich mit einer Hand über die Stirn. »Ja«, sagte sie fast unhörbar. »Es geht mir besser. Viel besser.« Ihr Gesicht hatte tatsächlich etwas Farbe bekommen, und die Schmerzen waren verschwunden. Aber dafür hatte etwas anderes von ihr Besitz ergriffen, ein unbestimmtes Verlangen, eine Gier, die sie nicht zu definieren imstande war.
    »Ich fühle mich sehr seltsam, Gloria«, sagte sie und richtete sich auf. »Ich muß mit Harry darüber sprechen. Er weiß sicher einen Rat.«
    »Du willst mit Vater sprechen?« fragte Gloria entsetzt.
    »Ja, was ist daran so seltsam? Weshalb schaust du mich denn so an?«
    »Aber kannst du dich denn nicht erinnern, Mutter?«
    »Woran, Kind?«
    Gloria blickte ihre Mutter entsetzt an. »Du weißt nicht, was mit Vater geschehen ist – und mit Tony und mit Will?«
    »Was ist denn geschehen?« fragte Grace erstaunt. »Ich sprach doch noch vor wenigen Minuten mit ihnen. Du benimmst dich sehr merkwürdig, Gloria.«
    Gloria preßte die Lippen zusammen. Ihre Mutter hatte den Verstand verloren. Waren die Ereignisse der vergangenen Tage für sie zuviel gewesen, oder steckte da etwas ganz anderes dahinter?
    »Was macht das Abendkleid da?« fragte Grace verwundert. »Haben wir Gäste?«
    »Ja, Mr. Stack«, sagte Gloria.
    »Stack?« fragte Grace verwundert. »Ich kenne keinen Mr. Stack. Wahrscheinlich ein Freund von Tony, nicht wahr?«
    Gloria schüttelte den Kopf. Sie war den Tränen nahe und hatte keine Ahnung, was sie tun und sagen sollte.
    »Warum antwortest du nicht, Gloria?«
    »Ja, du hast recht«, sagte sie tonlos. »Er ist ein Freund von Tony.«
    »Wie ich es vermutet hatte«, sagte Grace fröhlich. »Laß mich jetzt allein! Ich will mich umziehen.«
    Gloria war nur zu froh, aus dem Zimmer zu kommen. Sie blieb vor der Tür stehen und atmete schwer. Nachdenklich ging sie in die Halle. Ein uniformierter Polizist und der Polizeiarzt erwarteten sie bereits.
    »Gott sei Dank, daß Sie gekommen sind, Doktor!« sagte sie erleichtert, als sie Dr. Thomas Burger erkannte.
    Burger war hochgewachsen, braungebrannt und konnte nicht viel älter als fünfunddreißig sein. Er lächelte dem Mädchen freundlich zu.
    »Setzen Sie sich bitte, Doktor!« sagte Gloria und deutete auf die Sitzbank.
    Burger ließ sich nieder und beugte sich vor.
    »Meine Mutter hat den Verstand verloren«, sagte Gloria rasch. »Sie kann sich an nichts mehr erinnern. Stellen Sie sich vor, sie wollte sich mit meinem Vater unterhalten. Sie hat keine Ahnung, daß er tot ist. Und vor einer Stunde führte sie sich sehr

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