047 - Amoklauf
Asmodis kündete von seiner mühsam unterdrückten Wut. Mit einem einzigen Ruck riß er die schwarze Decke vom Tisch und fing vor Empörung zu toben an.
Ich hatte mich nicht getäuscht. Die junge Eingeborenenfrau, die ich vor einigen Tagen von den bösen Geistern geheilt hatte, lag auf dem Tisch. Sie war nackt. Die Eingeborenen hatten sie nach meinen Angaben tätowiert, und ich hatte mir da recht hübsche Dinge einfallen lassen. Auf dem Bauch prangte ein großer Dämonenbanner, die Brüste waren mit ineinander verschlungenen Kreuzen bedeckt, die Schenkel mit Bannsprüchen verziert. Es war für den Fürsten der Finsternis unmöglich, das vorbereitete Opfer zu nehmen, denn zwischen ihren Beinen leuchtete ihm ein kunstvoller Drudenfuß entgegen.
Asmodi führte sich wie ein Wahnsinniger auf. Die Familienangehörigen wichen erschrocken zurück, doch die überall aufgestellten Dämonenbanner trieben sie wieder in den Kreis, in die Reichweite des tobenden Familienoberhauptes.
Aber ich war mit meinen Überraschungen noch nicht am Ende. Wieder drückte ich einen Knopf am Schaltkasten. Es krachte laut, und der Behälter, den ich an den Pfahlbauten der Eingeborenen befestigt hatte, explodierte, sprang auf und Hunderte von mit Weihwasser und Knoblauch getränkten Kreuzen flogen über die Köpfe der Schwarzen Familie. Sie prallten auf ihre Leiber und verursachten schwere Brandwunden.
Auf dem Platz vor dem Haus war das Chaos perfekt.
Asmodi wollte sich auf die junge Eingeborenenfrau stürzen und seine Wut an ihr abreagieren, doch er konnte sich ihr nicht nähern, was seine Empörung noch steigerte.
Wieder nahm ich mir das Schaltkästchen vor, und wieder leuchtete die Infrarotlampe auf; diesmal zusätzlich noch zwei andere Lampen. Und das war das Ende des Hexensabbats. Auf dem Haus erschien erneut das Kreuz, und ober- und unterhalb war je ein Bannspruch zu lesen.
Das Heulen der Gesellschaft war unglaublich. Einige der Gestalten verschwanden, und allmählich folgten immer mehr ihrem Beispiel. Dämonen wanden sich am Boden; ihre Leiber wurden von Krämpfen geschüttelt.
Asmodi hüpfte erst wie ein Wahnsinniger zwischen seinen Familienmitgliedern herum, beruhigte sich dann jedoch von einem Augenblick zum anderen. Er hob die Arme über den Kopf, und der Himmel bedeckte sich. Ein wütender Sturm kam auf, und die ersten Blitze zuckten herab. Einige Sekunden, nachdem das Unwetter eingesetzt hatte, schlugen ein Dutzend Blitze in das Haus der Richardsons ein, das in Sekundenschnelle in Flammen stand. Dann trafen die Blitze die Pfahlbauten der Eingeborenen, die wie Zunder brannten.
Immer mehr Familienangehörige entfernten sich. Die Nacht war taghell. Das Haus brach krachend zusammen. Das Kreuz und die Bannsprüche verschwanden, wurden von den Flammen ausgelöscht.
Und schließlich setzte der Regen ein; ein Regen, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. Die Tropfen waren so groß wie Hagelkörner und prasselten mit unglaublicher Gewalt zu Boden. Der Regen fiel so dicht, daß ich nichts mehr erkennen konnte. Ich klammerte mich an einen Ast. Der Baum wurde wie eine Gerte hin und her gebogen, und ich hatte Mühe, nicht herunterzufallen.
Das Unwetter dauerte fast eine halbe Stunde, dann war es vorüber, so plötzlich wie es gekommen war. Ich kroch wieder auf den Sitz und hob das Glas. Das Haus der Richardsons war völlig abgebrannt, und auch von den Pfahlbauten der Eingeborenen war nichts mehr übrig. Und die Dämonen waren verschwunden. Der schwarze Tisch ebenfalls.
Ich hatte es geschafft. Es war mir gelungen, den Hexensabbat aufzulösen. Noch wußte die Schwarze Familie nicht, daß ich dahintersteckte, doch ich war mir sicher, daß es nur kurze Zeit dauern würde, bis sie den Urheber der Störung kannten.
Ich kroch vom Baum herunter. Meine Glieder wollten mir nicht gehorchen, die Muskeln waren noch zu verkrampft. Als ich den Platz erreichte, kreischten wieder die Vögel, die bis jetzt geschwiegen hatten. Dann setzten die üblichen Geräusche des nächtlichen Dschungels ein. Es war, als hätte sich nichts geändert.
Ich blieb stehen. Die Toten lagen noch immer aufgestapelt. Ich zog meine Stablampe hervor, knipste sie an und leuchtete den Platz ab. Der Strahl fiel auf Anthony Richardson, der auf dem Rücken lag. Ich trat näher. Jemand hatte ihm den Kopf abgeschlagen. Schaudernd wandte ich mich ab und fragte mich, was wohl mit dem Eingeborenenmädchen und Gloria und Barbara geschehen war.
Ich griff in die Brusttasche, holte ein
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