0488 - Blutregen
leuchteten.
Aber etwas, das praktisch aus dem Nichts kam, hatte Zamorra getroffen und den Transportvorgang gestört. Von Nicole, die bei ihm gewesen war, hatte Zamorra nichts mehr gesehen. Er war statt dessen in einem geradezu unüberschaubar riesigen Feld von Regenbogenblumen unter freiem Himmel angekommen, sofort überfallen und niedergeschlagen worden, und als er wieder erwachte, fand er sich angekettet in einer Zelle.
Alles, was er am Leib trug, hatten sie ihm abgenommen. Seine Kleidung, seine Uhr, die silberne Halskette, an der er normalerweise das Amulett unter dem Hemd vor der Brust zu tragen pflegte, sogar den Freundschaftsring, den seine Lebensgefährtin Nicole Duval ihm vor einiger Zeit mal geschenkt hatte. Vermutlich waren seine unheimlichen Gegner der Ansicht, daß er all diese Dinge ohnehin nie wieder benötigte.
Warum die beiden schwebenden Kuttenträger, die Yomoy wie dressierte Hunde aufs Wort gehorchten, ihn trotz seiner Gegenwehr mit magischer Kraft auf den Folterstuhl gezwungen hatten, war ihm unklar. Er konnte verstehen, daß Yomoy und die anderen Brüder vom Stein gern erfahren wollten, woher er so plötzlich gekommen war, aber auf die Idee, ihn einfach so zu fragen, schien Yomoy nicht zu kommen. Der Sadist hatte Zamorra nach einiger Wartezeit in der steinernen Zelle gleich in die Folterkammer schleppen lassen.
Noch war keine einzige Frage gestellt worden, aber die Instrumente lagen bereits in der Feuerschale und wurden zum Glühen gebracht.
Und Zamorra, praktisch hilflos ohne seine magischen Waffen, konnte nur zusehen und abwarten, bis das glühende Mi sen ihn berührte…
Und er wußte nicht einmal aus welchem Grund!
***
Ted Ewigk begab sich mittels der Regenbogenblumen nach Château Montagne und wollte sich den schwarzhäutigen Gnom zur Brust nehmen, der seiner Ansicht nach die Verantwortung für dieses Fiasko trug. Aber dann sah er das verzweifelte Häufchen Elend und erkannte, daß der Namenlose das niemals so gewollt haben konnte, daß er nicht einmal im schlimmsten Alptraum mit einer solchen Entwicklung gerechnet hatte.
Der Verwachsene mit der kohleschwarzen Haut und der schreiend bunten Kleidung verbarg sein Gesicht in den Händen. »Alles, was ich anfasse, mache ich falsch, dabei meine ich es doch nur gut! Nun sind sie vielleicht sogar tot, und alles, alles ist meine Schuld!«
»Dann stimmt mein Verdacht also, daß du dahintersteckst?« erkundigte Ted Ewigk sich leise. »He, Kleiner - nun brech doch nicht schon wieder in Tränen aus! Hier schwimmt ja schon alles. Wenn Zamorra und Nicole zurückkommen, können sie ein neues Hallenbad eröffnen…«
Sein Versuch, den Gnom mit einer witzigen Bemerkung aufzuheitern, mißlang. Erstens wußte der Schwarzhäutige nichts mit dem Begriff Hallenbad anzufangen, und zweitens war er nicht in der Stimmung für Witze.
»Er war betrunken«, stieß er zwischendurch hervor. »Sinnlos betrunken, hat fast eine ganze Flasche Cognac allein leergemacht, und das innerhalb nur einer Stunde! Im Sessel ist er eingeschlafen, und da wollte ich den schweren Kerl ins Gästezimmer zaubern, damit Herr Raffael und ich nicht so schwer an ihm zu schleppen hätten. Und da ist er nicht angekommen. Der Zauber muß ihn woandershin getragen haben.«
Von Don Cristofero Fuego del Zamorra y Montego war die Rede, dem Mann, den ein mißlungener Zauber seines treuen, gnomenhaften Dieners aus dem Jahr 1673 in die Gegenwart verschlagen hatte. Dem wohlbeleibten Vorfahren Zamorras aus der spanischen Linie der Familie hatte zur Zeit des Sonnenkönigs vorübergehend Château Montagne gehört, das er selbst »Castillo Montego« nannte. Alle Versuche, in seine Zeit zurückzukehren, waren bisher gescheitert. Wo immer Don Cristofero auftauchte, zeigte er sich von adliger Arroganz und Ignoranz, war zwar brennend an allem interessiert, was für ihn neu war, pflegte aber dennoch die Ansicht, daß die moderne Zeit sich gefälligst ihm anzupassen habe und nicht umgekehrt. Dadurch wurde er oftmals zu einer unerwünschten Nervensäge und beschwor bisweilen die haarsträubendsten Situationen herauf. Und während der Gnom geradezu versessen auf Süßigkeiten war und darüber häufig seine Pflichten vernachlässigte, war Cristofero Cognac-Liebhaber. Ted Ewigk konnte nur den Kopf schütteln; fast eine ganze Flasche innerhalb einer Stunde - das mußte doch annähernd zu einer Alkoholvergiftung führen! Aber vielleicht hatten die beträchtlichen Fettmassen, die der Grande mit sich herumtrug,
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