0496 - Das Knochenhaus
zweiter Keller.
Nicht leer, er war mit schwarzgrünem Wasser gefüllt, das fast den Rand der Luke erreichte und an der Oberfläche aussah wie ein dunkler Spiegel.
Das genau hatte er gesucht! Hier war der Einstieg, im zweiten Keller würde er es finden.
Wieder warnte ihn sein Unterbewußtsein, lieber zu verschwinden. Er ignorierte dies. So dicht vor dem großen Ziel wollte er nicht aufgeben. Jetzt mußte er auch das letzte Geheimnis lösen.
Seine Bewegungen waren gelassen, als er die Taucherbrille vor die Augen schob und- sich das Mundstück zwischen die Zähne klemmte. Er drehte am Ventil der Preßluftflasche, atmete einige Male tief durch und war mit dem Test zufrieden.
Dem letzten Ausflug in ein unterirdisches Reich stand nun nichts mehr im Wege. Es konnte auch eine Reise in den Tod werden.
Daran jedoch dachte der Mann nicht, als er sich leicht drehte und sein rechtes Bein vorschob, den Fuß in die brackige Brühe tauchte und seinen gesamten Körper nachschob.
Sekunden später hatte ihn die Tiefe verschluckt. Nur noch einige Kreise auf der Oberfläche zeugten davon, daß sich der dunkle Spiegel überhaupt bewegt hatte…
***
Etwas pfiff heran. Ich hörte nur dieses verdammte Surren, blieb aber stehen, weil es für ein Ausweichen zu spät war. Dann war ich froh, mich nicht bewegt zu haben, denn der Dolch oder das Messer hätte mich möglicherweise erwischt. So aber hieb es dicht neben meinem rechten Ohr in die Innentür des Wohnwagens und blieb dort zitternd stecken.
Aus dem schummrigen Halbdunkel vor mir hörte ich eine rauchige, finster klingende Frauenstimme, die mich warnte. »Das nächste Messer trifft deine Stirn.«
»Okay, okay«, sagte ich und blieb steif stehen. »Ich habe verstanden. Aber begrüßt man so seine Gäste?«
»Noch bist du kein Gast.«
»Sie haben mich doch eingeladen.«
»Warte es ab.«
Die Stimme klang auch gedämpft, weil sie von einem Vorhang gefiltert wurde, hinter dem die einzige Lampe im Wohnwagen brannte. Er war durch den Vorhang in zwei Hälften geteilt, möglicherweise befand sich hinter dem Vorhang der Schlafbereich.
Er war in der Mitte geöffnet. Durch den nur handbreiten Spalt hatte die Person das Messer auf mich geschleudert. Sie mußte eine Meisterin ihres Fachs sein, daß sie trotz der Finsternis so genau zielen konnte. Und sie hatte während des Vorgangs am Boden gehockt, von dem sie sich jetzt aufrichtete, so daß ich hinter dem Vorhang die Umrisse ihrer Gestalt erkennen konnte.
Der Spalt erweiterte sich so weit, daß die Frau hindurchtreten konnte. Noch immer konnte ich sie nicht genau erkennen, aber ich sah das zweite Messer in ihrer Hand, sie hatte also nicht geblufft.
Im Wagen lag ein Teppich. Er schluckte das Geräusch ihrer Schritte. »Bleib wo du bist!« warnte sie mich.
Ich nahm die Sache jetzt lockerer. »Klar, ich habe mich mittlerweile auch daran gewöhnt.«
»Dann ist es gut.«
Sie zündete ein Streichholz an. Ich verfolgte den Weg der Flamme, der zu einem Leuchter führte, in dem drei Kerzen standen, die sie der Reihe nach anzündete.
Die Dochte nahmen das Licht an, es flackerte noch ein wenig, bekam mehr Nahrung und wurde fingerlang, so daß es nicht nur das Innere des Wagens einigermaßen erhellte, sondern auch noch drei Kreise mit zerfasernden Rändern unter die Decke malte.
Endlich konnte ich die Frau sehen, die sich mit der drehenden Bewegung an einen Tisch setzte. Ihr gegenüber befand sich noch ein freier Stuhl.
»Sie machen es sich gemütlich« sagte ich. »Soll ich hier weiterhin stehenbleiben?«
»Du kannst kommen.«
»Und was ist mit dem Dolch?«
»Laß ihn stecken.«
»Wie Sie wollen.«
Mit einem etwas weichen Gefühl in den Knien löste ich mich von der Tür und schritt auf den noch freien Stuhl zu. Das gab mir Gelegenheit, die Frau genau anzuschauen.
Sie war über 30, besaß einen sehr fraulichen Körper und trug ein langes, dunkelrotes gewandähnliches Kleid, das gleichzeitig Ähnlichkeit mit einem Morgenmantel oder Bademantel besaß. Der Unterschied war nicht genau festzustellen. Das Kleid zeigte einen spitzen Ausschnitt. Die Haut auf den Ansätzen ihres Busens schimmerte wie Alabaster. Im Gegensatz dazu standen die dunklen Augen in ihrem südländisch wirkenden Gesicht mit der dunkleren Haut und den pechschwarzen Haaren, die sie im Nacken zusammengebunden hatte, so daß ich auch die großen, goldenen Ohrringe erkannte, die zu beiden Seiten des Kopfes schaukelten und blinkten.
Ihr Mund, das sah ich selbst im Licht
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