05 - Der Conquistador
umzubringen, wenn wir uns nicht alle ergeben …«
Ts’onot hatte das Gefühl, in einem Abgrund zu versinken. »Mutter! Was redest du da?«
»Sie überfielen uns im Schlaf und schleppten deinen Vater weg. Mich schickten sie zu dir, um ihr Ultimatum zu überbringen!«
Ts’onot konnte es noch immer nicht begreifen. »Du sprichst von den fremden Eroberern, die vom falschen Gott angeführt werden? Aber –«
»Ich weiß, was du sagen willst«, unterbrach sie ihn. »Dass sie unmöglich unbemerkt in den Palast hätten vorstoßen können. Doch genau das ist passiert! Es war keine Armee, die in unsere Räume vordrang, sondern eine Handvoll Männer, die genau gewusst haben müssen, wo sie den Kaziken finden können.«
»Der ›Weiße‹!« Ts’onots Kiefer mahlten so hart, dass seine Zähne knirschten. »Er hat es ihnen gesagt. Wahrscheinlich hat er sie sogar geführt – an allen Wachen vorbei. Hast du ihn gesehen?«
Came nickte. »Er war es, der mir das Ultimatum gab, das du dem Volk verkünden sollst.«
Ts’onot versuchte seine Erschütterung zu verbergen. Den »Weißen« in einer Vision zu sehen war etwas völlig anderes, als ihn schon unter dem Dach des Palastes zu wissen. »Wie lautet es?«
Came schluckte und rang nach Worten. Schließlich aber sagte sie: »Dass unser Volk sich sofort und bedingungslos unterwirft, seine Armee unbehelligt in die Stadt einziehen lässt und alles Gold zusammenträgt, um es den Fremden zu übergeben …«
Ts’onot spürte, dass sie den letzten Teil der Botschaft noch nicht ausgesprochen hatte. »Sonst …?«, fragte er.
»Sonst wird er deinen Vater und meinen Gemahl hinrichten lassen.«
***
»So sieht man sich also wieder«, sagte der »Weiße Gott«.
Ah Ahaual war wie erstarrt. Äußerlich. In seinem Kopf hingegen arbeitete es unablässig.
Er hatte – wie jeder andere auch – mit einem Ansturm auf die Stadt gerechnet, nicht einer kleinen Kommandoeinheit, die bis in Palast vordringen und ihn im Schlaf überwältigen würde! Ein solches Vorgehen war nur jemandem zuzutrauen, der keine Sorge um sein eigenes Leben haben musste. So wie der »Weiße« eben, der zwar nichts greifen, aber eben auch nicht angegriffen werden konnte. Ah Ahaual war sich gewiss: Die Männer, die ihn begleiteten, waren dem falschen Gott gleichgültig. Wäre die Aktion gescheitert, hätte er es am nächsten Tag auf andere Weise versucht.
»Reden wir nicht lange um den heißen Brei – du weißt, warum ich hier bin.«
»Schamloser Betrüger! Kennen deine neuen Verbündeten schon deine Heimtücke? Hast du ihnen gesagt, dass du die Welt zerstören willst mit allem, was darauf kreucht und fleucht?«
»Schrei nur, so laut du willst.« Die geisterhafte Gestalt verzog keine Miene. »Hier versteht dich niemand außer mir. Sie beherrschen deine Sprache nicht. Sie aufhetzen zu wollen, ist somit sinnlos. Ich aber will dir zuhören – in der einzigen Sache, die für mich von Belang ist. Sollen die anderen dein Gold zusammenraffen, ich will nur eines: Sag mir, wo ihr die Teile der Maschine versteckt habt! «
Ah Ahaual bemühte sich um eine ebenso steinerne Miene. »Das wirst du nie erfahren!«, spie er dem »Weißen« entgegen.
»Oh«, erwiderte sein Gegenüber kühl. »Ich glaube, da irrst du dich. Ihr seid Meister im Bereiten von Schmerz – aber es wird sich noch erweisen, ob ihr auch Meister im Ertragen von Schmerzen seid.« Der falsche Gott wandte sich an seine hochgewachsenen Begleiter. Fremde Laute drangen aus seinem Mund. »Er gehört euch. Foltert ihn, bis er das Versteck verrät. Am Ende darf er sterben – als Lohn, wenn er sich endlich besinnt.«
Ah Ahaual hatte kein Wort der Ansprache verstanden, aber er wusste auch so, was ihn erwartete. Stolz blickte er den Schergen des Ungeheuers entgegen.
Sie folterten ihn die ganze Nacht, doch als der Morgen dämmerte, hatten sie seine Zunge noch immer nicht gelockert.
»Elender Narr!« Der »Weiße« klang nicht, als wollte er die Widerstandsfähigkeit des Kaziken honorieren. »Aber du unterschätzt mich noch immer. Ich wette, es gibt mindestens noch eine weitere Person, die mir sagen kann, wo mein Eigentum verborgen liegt. Ich glaube, es ist nun an der Zeit, dass ich mich mit deinem Sohn befasse …«
***
Ts’onot tat sich schwer mit der Entscheidung zur Kapitulation. Er kannte seinen Vater gut genug, um zu wissen, dass Ah Ahaual es nicht gewollt hätte, seinetwegen ihr ganzes Volk in die Waagschale zu werfen.
Er sprach mit seiner Mutter, und
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