05 - Der Schatz im Silbersee
Rafters zu sagen, daß sie sich bereithalten mögen.“
Er schlich sich, um nicht bemerkt zu werden, möglichst heimlich vom Haus fort und nach dem Versteck, in welchem sich seine Pferde befanden.
Der scharfsinnige Häuptling hatte sich auch in Beziehung auf die Ankunft der Kundschafter nicht getäuscht. Kaum war die auf den Mittag fallende Arbeitspause vorüber, so sah man zwei Reiter langsam vom Fluß her geritten kommen. Nach der Beschreibung, welche der Yankee von ihnen geliefert hatte, war nicht zu zweifeln, daß sie die Erwarteten seien.
Old Firehand begab sich schnell zu Hartley, welcher schlief, aber gern aufstand, um zu sehen, ob es nicht etwa andre Männer seien. Nachdem er sie mit voller Bestimmtheit als die Betreffenden rekognosziert hatte, ging Old Firehand in die neben dem Bureau liegende Stube, um durch die nur angelehnte Tür Zeuge der Unterredung zu sein. Er hatte während der Draisinenfahrt den Ingenieur vollständig für seinen Plan gewonnen und ihm denselben so genau erklärt, daß ein Fehler des Bahnbeamten fast unmöglich war.
Dieser letztere befand sich in seinem Zimmer, als die beiden Männer eintraten. Sie grüßten höflich, und dann überreichte der eine, ohne zunächst über den Zweck seiner Anwesenheit etwas zu sagen, den Empfehlungsbrief. Der Ingenieur las denselben und sagte dann in freundlichem Ton: „Ihr wart bei meinem Freund Norton angestellt? Wie geht es ihm?“
Es folgten nun die unter solchen Umständen gewöhnlichen Fragen und Antworten, und dann erkundigte sich der Ingenieur nach dem Grund, welcher den Schreiber aus Kinsley fortgetrieben hatte. Der Gefragte erzählte eine wehmütige Geschichte, welche zwar mit dem Inhalt des Briefes harmonierte, die er sich aber selbst ausgesonnen hatte. Der Beamte hörte ihm aufmerksam zu und sagte dann: „Das ist so traurig, daß es allerdings mein Mitgefühl erregt, zumal ich aus diesen Zeilen ersehe, daß Ihr das Wohlwollen und Vertrauen Nortons besessen habt. Darum soll seine Bitte um eine Anstellung für Euch nicht vergebens sein. Ich habe zwar schon einen Schreiber, bedarf aber schon seit langem eines Mannes, dem ich auch vertrauliche und sonst wichtige Sachen in die Feder geben darf. Meint Ihr, daß ich es da mit Euch versuchen darf?“
„Sir“, antwortete der angebliche Haller erfreut, „versucht es mit mir! Ich bin überzeugt, daß Ihr mit mir zufrieden sein werdet.“
„Well, versuchen wir es. Über das Gehalt wollen wir jetzt noch nicht sprechen; ich muß Euch erst kennenlernen, und das wird in einigen Tagen geschehen sein. Je anstelliger Ihr seid, desto besser werdet Ihr bezahlt. Jetzt bin ich sehr beschäftigt. Seht Euch einstweilen im Ort um, und kommt um fünf Uhr wieder. Bis dahin werde ich einige Arbeiten ausgesucht haben. Ihr wohnt hier bei mir im Haus, eßt mit mir an meinem Tisch und habt Euch nach der Hausordnung zu richten. Ich wünsche nicht, daß Ihr mit den gewöhnlichen Arbeitern verkehrt. Punkt zehn Uhr wird die Tür verschlossen.“
„Das ist mir recht, Sir, denn gerade so habe ich es bisher stets gehalten“, versicherte der Mann, welcher eine große Genugtuung darüber empfand, daß er überhaupt engagiert wurde. Dann fügte er hinzu: „Und nun noch eine Bitte, welche hier meinen Reisegefährten betrifft. Hättet Ihr vielleicht Arbeit für ihn?“
„Was für Arbeit?“
„Irgendwelche“, antwortete der andre bescheiden. „Ich bin nur froh, wenn ich Beschäftigung erhalte.“
„Wie heißt Ihr?“
„Faller. Ich habe Master Haller unterwegs getroffen und mich ihm angeschlossen, als ich hörte, daß hier an der Bahn gearbeitet wird.“
„Haller und Faller. Das ist eine sonderbare Ähnlichkeit der Namen. Hoffentlich seid Ihr auch in andrer Beziehung ähnlich. Was seid Ihr denn bisher gewesen, Mr. Faller?“
„Ich war längere Zeit Cowboy auf einer Farm drüben bei Las Animas. Das war ein wüstes, unartiges Leben, welches ich nicht länger mitmachen konnte, und ich ging also fort. Darüber kam ich noch am letzten Tag mit einem andern Boy, einem rüden Burschen, in Streit, wobei mir sein Messer durch die Hand fuhr. Die Wunde ist noch nicht ganz heil; ich hoffe aber, daß ich in zwei oder drei Tagen die Hand zur Arbeit, wenn Ihr mir welche geben wollt, gebrauchen kann.“
„Nun, Arbeit könnt Ihr zu jeder Zeit haben. Bleibt also immerhin da; pflegt die Hand, und wenn sie heil geworden ist, so meldet Euch. Jetzt könnt Ihr gehen.“
Die Burschen verließen das Bureau. Als sie draußen an dem
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