Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
auszuruhen?“
    „Es ist uns jeder ehrliche Mann willkommen“, antwortete Old Shatterhand, indem er mit scharfem Auge erst die Reiter und dann die Pferde betrachtete.
    „Hoffentlich haltet Ihr uns nicht für das Gegenteil!“ meinte Hilton, indem er den durchdringenden Blick des Jägers scheinbar ruhig aushielt.
    „Ich urteile über meine Mitmenschen nur dann, wenn ich sie kennengelernt habe.“
    „Nun, so gestattet, daß wir Euch die Gelegenheit dazu geben!“
    Die beiden waren abgestiegen und setzten sich mit an das Feuer. Sie hatten jedenfalls Hunger, denn sie warfen ziemlich sehnsüchtige Blicke nach dem Braten. Der gutmütige Jemmy schob ihnen einige Stücke desselben zu und forderte sie auf, zu essen, was sie sich nicht zweimal sagen ließen. Jetzt verbot es die Höflichkeit, Fragen an sie zu richten; darum wurde die Zeit, bis sie gesättigt waren, in Schweigen verbracht.
    Der andre erwähnte Trupp, welcher sich dem Wald von der andern Seite näherte, bestand aus einer Schar von gegen zweihundert Indianern. Old Shatterhand war zwar auch auf dieser Seite gewesen, um zu rekognoszieren, aber er hatte, als er die dort sich öffnende Prärie überblickte, die heranreitenden Roten nicht sehen können, da sie sich zu dieser Zeit noch hinter einer vorspringenden Waldecke befunden hatten. Auch sie mußten die Gegend genau kennen, denn sie hielten gerade auf den Ausgang des schmalen Waldpfades zu, durch dessen Eingang die Weißen nach der Blöße gekommen waren.
    Die Roten befanden sich auf dem Kriegspfad, wie die grellen Farben bezeugten, mit denen sie ihre Gesichter angemalt hatten. Die meisten waren mit Gewehren und nur wenige mit Bogen und Pfeilen bewaffnet. An ihrer Spitze ritt ein riesenhafter Kerl, welcher ein Häuptling war, denn er trug eine Adlerfeder im Schopf. Sein Alter war nicht zu erkennen, da auch sein Gesicht ganz mit schwarzen, gelben und roten Linien bedeckt war. Am Pfad angekommen, stieg er ab, um denselben zu untersuchen. Die vordersten Krieger des Zuges, welche hinter ihm hielten, sahen seinem Beginnen mit Spannung zu. Ein Pferd schnaubte. Er erhob warnend die Hand und der betreffende Reiter hielt dem Tier die Nüstern zu. Da der Häuptling damit zur größten Stille aufforderte, mußte er etwas Verdächtiges bemerkt haben. Er ging langsam, Schritt für Schritt und den Oberkörper tief zum Boden niedergesenkt, eine kurze Strecke auf dem Pfad weiter in den Wald hinein. Als er dann zurückkehrte, sagte er leise in der Sprache der Utah, welche ein Glied der shoshonischen Abteilung des Sonorasprachstammes ist: „Ein Bleichgesicht war hier vor der Zeit, welche die Sonne braucht, um eine Spanne weit zu laufen. Die Krieger der Utah mögen sich mit ihren Pferden unter den Bäumen verbergen. Ovuts-avaht wird gehen, um das Bleichgesicht zu suchen.“
    Der Häuptling, welcher fast noch länger, breiter und stärker als Old Firehand war, hieß also Ovuts-avaht, zu deutsch der ‚Große Wolf‘. Er schlich in den Wald zurück; als er nach vielleicht einer halben Stunde zurückkehrte, war keiner seiner Leute zu sehen. Er ließ einen leisen Pfiff hören und sofort kamen die Roten unter den Bäumen hervor, indem sie die Pferde dort zurückließen. Er gab einen Wink, auf welchen die Unteranführer, fünf oder sechs an der Zahl, zu ihm traten.
    „Sechs Bleichgesichter lagern bei den Felsen“, sagte er ihnen. „Das sind wohl die sechs, welche gestern entkamen. Sie essen Fleisch, und ihre Pferde weiden bei ihnen. Meine Brüder mögen mir folgen, bis der Pfad zu Ende geht; dann teilen sie sich; die Hälfte schleicht nach rechts, die andern nach links, bis die Lichtung umstellt ist. Dann werde ich das Zeichen geben und die roten Krieger brechen hervor. Die weißen Hunde werden so erschrocken sein, daß sie sich gar nicht wehren. Wir werden sie mit den Händen greifen und nach dem Dorf schaffen, um sie dort an den Pfahl zu binden. Fünf Leute bleiben hier, um die angebundenen Pferde zu bewachen. Howgh!“
    Dieses letztere Wort ist ein Bekräftigungswort und hat ungefähr die Bedeutung unsers ‚Amen‘ oder ‚Basta‘, ‚abgemacht‘! Wenn ein Indianer dies ausspricht, so hält er den Gegenstand für vollständig erschöpft besprochen und erledigt.
    Ihren Häuptling voran, drangen die Roten auf dem Pfad in den Wald ein, leise, so leise, daß nicht eine Spur von Geräusch zu hören war. Als sie die Stelle erreichten, an welcher der Weg auf die Blöße mündete, gingen sie nach beiden Seiten auseinander, um den

Weitere Kostenlose Bücher