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05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nämlich die Nüstern hoch, drehten sich nach allen Richtungen, sogen die Luft ein und rannten dann freudig wiehernd dem Rand der Lichtung zu.
    „Ja, was ist das?“ rief auch Jemmy. „Es sind Rote in der Nähe!“
    Das untrügliche Auge Old Shatterhands erfaßte mit einem einzigen scharfen Blick die Gefahr. Er antwortete: „Wir sind umzingelt, jedenfalls von den Utahs, deren Nähe durch die Pferde verraten worden ist und die sich nun also gezwungen sehen werden, loszubrechen.“
    „Was tun wir da?“ fragte Davy. „Wehren wir uns?“
    „Zunächst wollen wir ihnen zeigen, daß wir mit diesen Raubmördern nichts zu tun haben. Das ist die Hauptsache. Also nieder mit ihnen!“
    Er schlug Knox die geballte Faust gegen die Schläfe, daß der Getroffene wie ein Holzblock niederstürzte, und dann bekam Hilton, ehe er ihn zu parieren vermochte, ganz denselben Hieb.
    „Nun schnell hinauf auf den Felsen“, gebot Old Shatterhand. „Dort haben wir Deckung, hier unten aber nicht. Dann müssen wir das weitere abwarten.“ Die Steinkolosse waren nicht leicht zu ersteigen; aber in Lagen, wie die gegenwärtige eine war, verdoppeln und vergrößern sich die Fähigkeiten des Menschen; in drei, vier, fünf Sekunden waren die vier Jäger hinauf und hinter den Ecken, Kanten und Sträuchern, wo sie sich niederduckten, verschwunden. Seit dem Wiehern der beiden Indianerpferde war bis jetzt kaum eine Minute vergangen. Der Häuptling hatte sofort das Zeichen zum Angriff geben wollen, dies aber unterlassen, als er sah, daß das eine Bleichgesicht zwei andre niederschlug. Er konnte sich das nicht erklären und zögerte; dadurch hatten die vier Zeit gewonnen, sich auf die Felsen zu retirieren.
    Jetzt stellte sich der ‚Große Wolf‘ die Frage, was nun unter den gegenwärtigen Umständen zu tun sei. Die Weißen zu überrumpeln, das war versäumt worden. Jetzt steckten sie oben und konnten von den Kugeln und Pfeilen nicht erreicht werden; wohl aber waren sie imstande, vom Felsen aus den ganzen freien Raum zu beherrschen und ihre Kugeln nach allen Richtungen zu senden. Zweihundert Rote gegen vier oder höchstens sechs Weiße! Der Sieg der ersteren war gewiß. Aber wie sollten sie ihn gewinnen? Etwa die Felsen stürmen? Es war vorauszusehen, daß dabei viele Indianer fallen würden. Der Rote ist, wenn es sein muß, tapfer, kühn, ja sogar verwegen; aber wenn er sein Ziel durch List und ohne Gefahr zu erreichen vermag, so fällt es ihm nicht ein, sein Leben auf das Spiel zu setzen. Der Häuptling rief also durch einen Pfiff seine Unteranführer zu sich, um sich mit ihnen zu beraten.
    Das Resultat dieser Beratung war sehr bald zu sehen oder vielmehr zu hören. Es ertönte vom Rand der Lichtung her eine laute Stimme. Da der freie Platz höchstens fünfzig Schritte breit war und die Entfernung zwischen den Felsen und der Stelle, an welcher diese Stimme erscholl, also nur die Hälfte, fünfundzwanzig Schritte, betrug, so konnte man jedes Wort deutlich vernehmen. Es war der Häuptling selbst, welcher, an einem Baum stehend, herüberrief: „Die Bleichgesichter sind von vielen roten Kriegern umringt, sie mögen herunterkommen!“
    Das war so naiv, daß gar keine Antwort gegeben wurde. Der Rote wiederholte die Aufforderung noch zweimal und fügte, als er auch da noch keine Erwiderung fand, hinzu: „Wenn die weißen Männer nicht gehorchen, werden wir sie töten.“
    Darauf antwortete nun Old Shatterhand: „Was haben wir den roten Kriegern getan, daß sie uns umringt haben und überfallen wollen?“
    „Ihr seid die Hunde, welche unsre Männer getötet und unsre Pferde geraubt haben.“
    „Du irrst. Nur zwei dieser Räuber sind hier; sie kamen kurz vorher zu uns, und als ich ahnte, daß sie die Feinde der Utahs sind, habe ich sie niedergeschlagen. Sie sind nicht tot; sie werden bald wieder erwachen. Wenn ihr sie haben wollt, so holt sie euch.“
    „Du willst uns hinüberlocken, um uns zu töten!“
    „Nein.“
    „Ich glaube dir nicht.“
    „Wer bist du? Wie ist dein Name?“
    „Ich bin Ovuts-avaht, der Häuptling der Utahs.“
    „Ich kenne dich. Der ‚Große Wolf‘ ist stark vom Körper und vom Geist. Er ist der Kriegsherr der Yampa-Utahs, welche tapfer und gerecht sind und den Unschuldigen nicht die Sünden des Schuldigen entgelten lassen werden.“
    „Du redest wie ein Weib. Du jammerst um dein Leben. Du nennst dich unschuldig, aus großer Angst vor dem Tod. Ich verachte dich. Wie lautet dein Name? Es wird der Name eines alten,

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