05 - komplett
schloss vor Schmerz die Augen, bemüht, sie nicht fallen zu lassen. Tief einatmend öffnete er die Tür und ging in die Kabine. Erst nachdem er die Tür wieder geschlossen hatte, setzte er Beatrice ab.
„Wenn du mich anschreien möchtest, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt.“
Sie öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder. Diese Genugtuung würde sie ihm nicht geben. Stattdessen sah sie sich um. Sie war noch nie auf einem Schiff gewesen, obwohl Portsmouth einer der größten Seehäfen Englands war. Nach der üppigen Ausstattung zu urteilen befanden sie sich im Kapitänsquartier.
Sie drehte sich um, wollte Charles fragen, was das alles zu bedeuten hatte, doch er war fort.
Beatrice ging zur Tür und drehte am Knauf. Verschlossen. Verflixt.
Wütend trat sie gegen die Tür. Das allerdings brachte ihr bloß einen schmerzenden Zeh ein.
34. KAPITEL
In der Erwartung, splitterndes Holz zu hören, ging Charles an Deck auf und ab. Indes verhielt sich Beatrice erstaunlich ruhig. Er wünschte fast, sie würde schreien. Diese Stille machte ihn ein wenig nervös.
Diese Nervosität und die Tatsache, dass er seine eigene Gattin entführt hatte, änderte jedoch nichts daran, dass er sich großartig fühlte. Sein halbes Leben hatte er mit dem Gefühl verbracht, durch den Verlust von Vater und Bruder einen Teil seiner selbst verloren zu haben. Inzwischen aber gab es neue Familienmitglieder in seinem Leben. Er hatte eine Gattin, würde ein Kind haben und er liebte beide mehr, als er es jemals für möglich gehalten hätte.
Außerdem hatte er zwei Schwägerinnen, die sich als äußerst loyal erwiesen hatten.
Er stand tief in Helens und Eleanors Schuld. Womöglich würden die anderen Familienmitglieder ein wenig länger benötigen, um ihn zu mögen, aber Charles war zuversichtlich, dass ihre beiden Familien im Laufe der Zeit zu einer verschmelzen würden. Zum ersten Mal seit vielen Jahren fühlte er sich wieder als ganzer Mensch.
Er wollte Beatrice genug Zeit geben, um ihre Wut ein wenig abzukühlen. Zwar würde sie ihm wohl immer noch zürnen, gleich, wie lange er wartete, er indes wollte nicht länger mit ihr streiten. Alles, was er wollte, war, dass sie ihm verzieh, dass sie den Rest ihres Lebens gemeinsam verbrachten, ohne Wut und ohne Bitterkeit. Inständig wünschte er, dass sie seine Liebe erwiderte.
Als der Mond am Himmel erschien, beschloss er, zu ihr zu gehen. Er ließ sich einen Imbiss zubereiten und ging mit dem Tablett zur Kabine. Mit angehaltenem Atem stand er vor der Tür, bevor er sie öffnete, argwöhnisch fliegende Gegenstände erwartend.
Doch nichts geschah.
Er stellte das Tablett ab und ließ den Blick umherschweifen. Da er Beatrice nicht erblickte, ging er in den angrenzenden Schlafraum. Dort fand er sie schließlich auf einem Stuhl sitzend vor. Ganz offensichtlich brodelte die Wut immer noch in ihr, das sah er ihrer Miene an. Sie hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, Mantel und Schuhe auszuziehen.
„Ich habe dir einen Imbiss gebracht“, sagte er.
„Ich will nicht essen. Ich will nach Hause.“
Charles seufzte und setzte sich aufs Bett. Er hatte gehofft, sie würde es ihm einfacher machen. „Wir fahren nach Hause, Beatrice.“
Sie krauste die Stirn. „Hältst du es etwa für richtig, mich zu zwingen, das zu tun, was dir beliebt?“
„Ich habe dich gebeten, mit mir nach Pelham House zurückzukehren, bevor ich zu dieser Maßnahme griff.“
„Du hast mich nicht gebeten, du hast es mir befohlen.“
„Um Himmels willen, das ist doch gleich“, bemerkte Charles verärgert. „Du wärst ohnehin nicht mitgekommen. Du hast in deines Vaters Haus kein einziges Mal mit mir gesprochen. Du bist an dieser Situation ebenso schuld wie ich.“
„Ich bin schuld!“, rief Beatrice und sprang auf. „Wie kannst du mir die Schuld geben?
Du hast mich zwei Mal verlassen. Und da wunderst du dich, dass ich nicht gerade begeistert war, mit dir zurückzukommen?“
„Ich habe bereits mehrmals zugegeben, dass mein Handeln unrecht war. Und ich sage es wieder. Ich habe unrecht gehandelt, und es tut mir leid. Was soll ich denn noch tun, damit du mir vergibst?“
Beatrice schwieg. Charles schaute sie so niedergeschlagen an, dass sie ihm beinahe glaubte. Einzig, dass es tatsächlich etwas gab, was er hätte tun können, hielt sie davon ab. Würde er ihr seine Liebe gestehen, würde sie ihm alles verzeihen. Charles liebte sie indes nicht, und sie war zu stolz, ihn um einen Liebesbeweis zu bitten.
„Wofür
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