05 - komplett
über ihn beugte, um ihn zu küssen.
Kurz bevor sich ihre Lippen trafen, raunte er: „Ich liebe dich, Beatrice.“
Rasch setzte sie sich auf. „Na also. War das etwa schlimm?“
Charles hob eine Augenbraue. „Nein, aber vielleicht könntest du mich dennoch küssen, dann könnte ich weiter üben.“
Sie tat so, als müsse sie sich das überlegen. „Tja ...“
Er wartete nicht auf ihre Antwort. Überrascht keuchte sie auf, als er herumrollte und sie mit sich zog. Nun lag er auf ihr und senkte den Kopf, um sie zu küssen. „Ich liebe dich“, sagte er, während er seinen Mund über ihr Kinn streifen ließ, hinunter zu ihrem Hals. „Ich liebe dich, sehr sogar.“
Beatrice seufzte vor Wonne. „Du wirst noch richtig gut darin werden.“
„Ich weiß“, sagte Charles. Seine Lippen zogen eine glühende Spur zum Ansatz ihrer Brüste. „Ich muss auch gut darin werden, denn ich muss es all meinen Söhnen sagen.“
„Und Töchtern, Charles, vergiss die Töchter nicht.“
„Ich freue mich auf jedes einzelne unserer Kinder“, sagte er mit rauer Stimme und sah ihr in die Augen. „Ich hätte gerne sechs Kinder.“
Beatrice errötete. „Das sollte möglich sein.“
Er zog sie an sich. „Glaubst du wirklich, Beatrice?“ Seine Augen funkelten verführerisch. „Wir können es versuchen. Es wird harte Arbeit werden, aber ich denke, mit Entschlossenheit und Übung können wir alles erreichen. Vielleicht können wir gleich mit dem Üben anfangen?“
Sie gab ihm einen Klaps auf die Schulter. „Charles! Doch nicht hier. Wenn jemand kommt ...“
Er erhob sich und half ihr auf. „Komm“, sagte er und zog sie zu der Wand, um die Tür zum Geheimgang zu öffnen. „Hast du den Gang erkundet?“
„Ich bin nur ein paar Schritte weit gegangen. Wohin führt er?“
„In unser Schlafzimmer.“ Charles zog sie hinein und lachte. Er war noch nie so glücklich gewesen. „Apropos Schlafzimmer, du kannst es gerne renovieren.“
„Bist du dir sicher?“, fragte sie.
„Ich war mir noch nie zuvor so sicher, aber bitte tapeziere bloß nicht die Wände.“
Dann griff er hinter sich und schloss die Tür.
Am nächsten Morgen, als Beatrice, erfreut über diese Abkürzung vom Schlafzimmer ins Erdgeschoss, wieder durch den Gang ging, entdeckte sie einen Umschlag.
Neugierig nahm sie ihn auf. Er war an ihren Gatten gerichtet. Sie steckte ihn in die Tasche und kehrte ins Schlafzimmer zurück, wo Charles immer noch im Bett lag.
„Charles?“
„Hm?“, murmelte er.
Beatrice setzte sich zu ihm und zog den Brief aus der Tasche. „Ich habe das hier im Gang gefunden.“
Er nahm den Umschlag und steckte ihn unter das Kissen. „Danke.“
Damit wollte sich Beatrice nicht zufriedengeben. „Er ist vom Kriegsministerium. Das ist doch der Brief, von dem du mir erzählt hast. Willst du ihn nicht öffnen?“
Er setzte sich auf. „Ich kann nicht, wenn es schlechte Nachrichten sind ...“ Er brach ab.
„Charles, du musst dich deinen Ängsten stellen, damit du sie bekämpfen kannst.
Ungewissheit ist schwerer zu ertragen als schlechte Nachrichten. Bitte, lies ihn.“
Er wusste, sie hatte recht. Und obgleich er sich vor dem Inhalt fürchtete, war es an der Zeit, sich der Wahrheit zu stellen, um die Geister seiner Vergangenheit endgültig zu verbannen. Er brach das Siegel und las.
Nach einer Minute verlor Beatrice die Geduld. „Was ist, Charles?“
Er antwortete zuerst nicht, schaute sie nur an. „Er ist tot“, sagte er schließlich. „Vor wenigen Wochen wurde seine Leiche in Suffolk an Land gespült. Ich weiß nicht, warum ich je daran gezweifelt habe. Er hätte in diesen eisigen Wassern so weit vom Land entfernt gar nicht überleben können. Warum habe ich mich an dem Unmöglichen festgeklammert, wenn die Wahrheit so offensichtlich war?“
Beatrice antwortete nicht darauf. Sie beugte sich vor und küsste ihn.
Charles seufzte und zog sie zu sich unter die Decke. Er hatte geglaubt, sein Glück könne nicht größer werden, als Beatrice ihm vor zwei Tagen gestand, dass sie ihn liebte. Diese Meinung hatte er inzwischen geändert, denn sein Glück war noch größer geworden, als er ihr tags zuvor endlich seine Liebe eingestehen konnte. Nun indes schien es, als ob sein Glück mit jedem Tag wuchs und sich zu einer tiefen, allumfassenden Zufriedenheit wandelte. Zum ersten Mal seit vielen Jahren war ihm eine große Last von der Seele und von seinem Herzen genommen, und er fühlte sich ganz und gar im Frieden mit sich selbst.
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