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Braunhaarige und einen Rotschopf mit Sommersprossen ausmachen (ein untoter Pumuckl!), als Tina zu sprechen begann.
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„Majestäten", sagte sie und zeigte mit großer Geste auf die Gruppe, die nun den Raum füllte, „darf ich Euch unsere europäischen Brüder vorstellen: Alonzo, Christophe Benoit, David Edouard, Carolina Alonzo . ."
Tina kam nicht mehr dazu, die beiden letzten vorzustellen, denn in dem Moment schoss Sophie durch das Empfangszimmer und stürzte sich kratzend und beißend auf Alonzo.
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Mehr als einen kurzen Blick konnte ich nicht auf Alonzo werfen -einen spindeldürren, gut aussehenden Mann mit espressofarbener Haut (starker Espresso!) und Augen mit einem Gelbstich -, bevor Sophie ihren ganzen Ehrgeiz daransetzte, ihm das Gesicht zu verwüsten. Alles war so verheerend schnell gegangen, dass nur Sinclair sie hätte stoppen können. Doch der sah lediglich zu und bemerkte mit einem Achselzucken: „Franzosen!"
Also war mal wieder ich diejenige, die moralische Bedenken zu Gehör brachte. „Halt! Halt!", kreischte ich. „Sophie, was tust du da? Lass ihn los!"
Inzwischen war Sophie zu seinen Augen übergegangen und spuckte einen feuchten Schwall vermutlich unhöflicher französischer Wörter aus. Alonzo sah nicht so aus, als würde sie ihm Schmerzen zufügen. Er schien mir durchaus in der Lage zu sein, sie abzuwehren. Immerhin forderte sie seine Aufmerksamkeit so weit, dass er kein Wort sagte.
Liam trat einen Schritt nach vorne - ob in der Absicht, die Liebe seines Lebens zurückzuhalten oder ihr zu helfen, war schwer zu sagen -, aber Tina war so umsichtig, ihn wieder zurück auf die Couch zu schubsen. Jessica suchte den Raum mit den Augen nach einem Gegenstand ab, den sie werfen könnte, oder, wenn sie klug war, nach einem sicheren Versteck. Eric sah dem Ganzen zu, Tina an seiner Seite, während die anderen Vampire das Gerangel mit einiger Besorgnis betrachteten und zugleich in den unterschiedlichsten europäischen Sprachen miteinander redeten. (Zumindest nehme ich an, dass es europäische Sprachen
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waren, vielleicht waren es aber auch asiatische oder antarktische. Schließlich bin ich kein Fremdsprachengenie.)
Liam rappelte sich von der Couch auf, sah Sophie an und sagte: „Süße, tu das nicht." Dann ging er wieder auf sie zu. Ich versuchte nach einem von beiden zu greifen, bekam als Dank für meine Mühe aber nur einen Stoß mit dem Ellbogen ins Gesicht, der mir in vorvampirischer Zeit einen dicken blauen Fleck beschert hätte. Jetzt endlich hatte Eric die Güte, sich einzumischen.
„Es reicht."
Im Film hätte jeder auf der Stelle innegehalten. Alonzo jedenfalls tat das auch, doch Sophie hörte nicht auf, zu kreischen und zu kratzen, und ich sah, wie sie ihm ein großes Stück Haut von seiner Glatze abriss.
Eric trat vor, packte sie beim rechten Arm und stieß sie von Alonzo fort, so mühelos, wie ich einen leeren Pappkarton werfen würde. Sie prallte von der Wand ab und sah aus, als würde sie sich wider besseres Wissen auf ihn stürzen wollen. Aber ich hatte mich wieder erholt und stand nun tapfer an Erics Seite.
Mit beiden Händen in den Achseln, damit niemand sehen konnte, dass sie zitterten, meldete ich mich zu Wort, wenn auch mit unsicherer Stimme:
„Sophie, er hat gesagt, dass es reicht. Dies sind Gäste in meinem Haus."
„In unserem Haus", ließ sich Jessica mit einem bösen Blick in meine Richtung vernehmen und schlug damit alle Ratschläge, die Eric ihr vorher bezüglich des Umgangs mit antiken europäischen Vampiren gegeben hatte, in den Wind.
„Bastard!" Sophie hatte den irren Blick einer tollwütigen Katze. Noch nie hatte ich gehört, dass sie ihre Stimme erhob, geschweige denn gesehen, wie sie die Fassung verlor.
Alonzo riss in aller Ruhe den herunterhängenden Fetzen Haut von seinem Kopf (kein schöner Anblick!) und sagte mit einem 17
angenehmen spanischen Akzent: „Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite, Señorita."
„Du wagst es, du wagst es tatsächlich, mit mir zu sprechen? Du wagst es, mich anzusehen, im selben Raum wie ich zu sein und mich nicht um Vergebung anzuflehen?"
„Kennen wir uns?" Kaum zu glauben, wie sanftmütig der Mann war. Und seine Stimme klang, als könne er singen, tanzen und mit dem Schwert kämpfen - alles zur selben Zeit. Ich war gegen meinen Willen beeindruckt.
Ein träges Rinnsal Blut bewegte sich auf sein linkes Auge zu, und einer der Vampire, die hinter ihm standen, reichte ihm ein makelloses weißes Taschentuch.
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