0500 - Der Dunkle Gral
und Ritzen sickerte, wo sie verschwand.
Das also war das Ende eines Garinga!
Eigentlich hätte ich mich freuen müssen, aber in diesem Falle kam es mir nicht einmal wie ein Ende vor. Es glich mehr einem Anfang. Ich hatte einen wichtigen Sieg errungen, aber das Geheimnis, um das es ging, lag nach wie vor im dunkeln.
Doch ich war einen großen Schritt näher an den Dunklen Gral herangekommen.
Ich schaute zu, wie die Reste des Dämons versickerten. Das Kreuz entfernte ich nicht vom Schwert, denn nur durch seine Hilfe konnte ich dieses überhaupt handhaben.
Wie ging es weiter? Welche Tür würde sich nach der Vernichtung des Dämons für mich öffnen?
Noch mußte ich warten, aber ich spürte, daß sich etwas verändert hatte. Die Atmosphäre war eine andere geworden. Viel klarer und positiver. Die Strömung war von mir genau zu spüren. Sie hielt mich umklammert und glitt an meinem Körper entlang.
Wie kühlere Luft, die das drohende Dunkel, das sonst hier herrschte, verdrängen wollte.
Dann vernahm ich die Laute.
Zuerst waren es nur leise Töne, die durch die unterirdischen Gewölbe schwangen. Als stünde ein Chor vor dem Beginn eines Gesangstücks. Leise, weich und einschmeichelnd, mich an positive Dinge erinnernd, an ein lebenswertes Leben, an den Sieg über das Böse.
Den Gesang hatte ich schon einmal oben in der Templer-Kirche vernommen. Es waren die Geister der Verstorbenen gewesen, die sich aus dem anderen Reich meldeten.
Eine Welt, die jenseits unseres Vorstellungsvermögens lag. Eine Dimension für sich. Manche behaupteten, daß sie allein den Toten vorbehalten blieb, doch ich hatte schon Menschen erlebt, die zurückgekehrt waren und einen Blick in das Jenseitsreich hineingeworfen hatten.
Das Singen blieb. Ein gewaltiger Chor aus Stimmen füllte die unterirdische Höhle aus. Das Brausen dröhnte in meinen Ohren, als wollte es das Gebäude einreißen.
Eine Akustik, die mich überschwemmte, in mein Gehirn drang, und bei der ich das Gefühl bekam, aus dieser Umgebung weggeschwemmt zu werden.
Ich hatte mich auf die Klinge gestützt und schaute, noch im Gang stehend, nach vorn, wo die brausenden Stimmen aufgeklungen waren. Ein schauerlicher Gesang, bestehend aus einer alten Melodie, die ich möglicherweise nicht so verstand oder begriff, wie es hätte sein müssen.
Aber sie klang nicht negativ. Irgendwie schwang auch ein gewisser Optimismus mit, Fröhlichkeit, keine Depression mehr. Ohne daß es mir jemand gesagt oder erklärt hätte, ging ich davon aus, daß dies ein neuer Anfang war. Garinga gab es nicht mehr, die Magie war umgekippt, jetzt hatten diejenigen Kräfte die Chance bekommen, das zu übernehmen, was ihnen vielleicht einmal gehört hatte.
Es blieb nicht beim Gesang. Auch ein optisches Zeichen wurde gesetzt.
Licht erschien…
Geheimnisvoll, grüngelb. Es sickerte aus der Decke hervor, aus den Wänden, und es riß die Gestalten aus der Dunkelheit, die als Mumien und halbverwest auf ihren hochlehnigen Stühlen gesessen und wahrscheinlich meinen Kampf mit Garinga beobachtet hatten.
Der Reihe nach erschienen die Toten!
Bleich, unheimlich, vom Licht gestreift, das auch in ihre Augenhöhlen und Nasenlöcher drang, in die Mäuler floß und dort versickerte, als wollte er das Innere der Toten mit Leben ausfüllen.
Mir kamen die Leichen plötzlich nicht mehr so schlimm oder schrecklich vor. Ich hatte mich an ihren Anblick gewöhnt - und nicht nur das, in diesen Augeblicken der optischen Verwandlung empfand ich sie nicht als Feinde, mehr als Helfer.
Obwohl die Augenhöhlen leer waren, bekam ich doch den Eindruck, beobachtet zu werden.
Mit ernsten, erlösenden und auch bewundernden Blicken. Ein wenig komisch war mir schon, als ich mich überwand und auf die alten Templerleichen zuschritt.
Sie hatten eine Botschaft für mich, konnten sich noch nicht ausdrücken, so wartete ich gespannt.
Das Licht war jetzt in ihre Körper eingedrungen und gab ihnen den Anschein fast gläsern wirkender Figuren.
Es war ein kleines Wunder, eine Spielart der Magie, die sich wenig später noch steigerte, denn die alten Mumien begannen damit, sich rückzuverwandeln.
Zurück in die Templer - zu Menschen…
***
Ich konnte es kaum fassen. Meine Augen hatten einen großen, staunenden Ausdruck angenommen.
Ich stand da, blickte auf den Halbkreis der Mumien und wurde Zeuge davon, wie sich das Leben wieder in sie hineindrängte. Es war aus irgendwelchen Tiefen geholt worden, wo es so lange gewartet hatte, bis es keinen
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