0509 - Die Drachenfrau
ihrer. Erleichterung spielten Bell und seine Begleiterin mit, auch wenn beiden anzusehen war, daß sie nicht begriffen, worum es ging.
»Es besteht keine Gefahr mehr«, wiederholte Nicole mehrfach. »Begeben Sie sich auf Ihre Plätze, bitte.« Und sie fragte sich besorgt, was mit Zamorra war.
Bis sie ihn auf seinem Platz entdeckte…
***
»Irgendwie kommt mir das alles vor wie ein böser Alptraum«, sagte George Bell, als sie sich auf dem New Yorker Kennedy-Airport verabschiedeten.
»Das können wir doch nicht alles wirklich erlebt haben, oder? Diese seltsame Welt, die Panik im Flugzeug, die Sache, daß das Flugzeug sich plötzlich in einen Drachen verwandelte, der mich über dem Atlantik verschlang… oder Lizettes Tod…«
»Sie war so wenig tot, wie ich es war«, sagte Nicole. »Aber es war unglaublich realistisch. Realistischer, als es der schlimmste Alptraum jemals sein könnte. Aus dem kommt man nämlich immer heraus, indem man einfach erwacht. Hier konnte man aber nicht durch Aufwachen fliehen. Alles war fremdbestimmt. Es war -Magie.«
»Ich habe nie an so etwas geglaubt«, sagte Bell.
»Magie, daran kann man auch nicht glauben«, sagte Nicole. »Man sollte wissen.«
Lizette Carboney hatte sich sofort zurückgezogen und auf jeglichen Abschied verzichtet. Zamorra hatte angeboten, eine eventuell nötige psychiatrische Therapie, falls sie sich für Bell oder Carboney als erforderlich erwies, um die Erlebnisse zu verkraften, über die DeBlaussec-Stiftung finanzieren zu lassen. Dafür gab es die schließlich. Zamorra hatte sie vor etlichen Jahren aus dem Nachlaß eines magisch neutralisierten, millionenschweren Dämonen-Schatzes ins Leben gerufen, um mit dieser geballten Finanzkraft Opfern dämonischer Machenschaften helfen zu können.
Zamorra und Nicole stiegen in das Flugzeug nach Baton Rouge um. Dort wartete schließlich schon ihr seit Tagen vorausgeschicktes Gepäck sowie die Sendung mit den Ablegern der Regenbogenblumen nebst »Blumen-gieß-Anweisung«. Mittlerweile hatte sich auch herausgestellt, daß die Überschemmungskatastrophe des Missouri-Mississippi-Gebiets sich nicht bis ins Mündungsdelta des Mississippi hinaus ausdehnen würde; Baton Rouge blieb, weil erfreulicherweise zu weit südlich gelegen, von der Katastrophe verschont.
Zwei Amulette besaß Zamorra jetzt noch. Das, welches einmal Sid Amos gehört hatte, hing nach der Rückkehr ins Flugzeug wieder an seiner Halskette, als habe er es nie ausgeklinkt. Genauso, wie ihrer beider Originalkleidung wieder vorhanden gewesen war. Nur das 6. Amulett war verschwunden.
»Ein Kind«, sagte Zamorra plötzlich, kurz bevor sie auf dem Flughafen von Baton Rouge landeten.
»Was meinst du damit?« fragte Nicole überrascht.
»Es war etwas Unausgereiftes«, überlegte er. »Ich habe lange darüber nachgedacht, mit was für einem Wesen wir es zu tun hatten. Dämonisch kann es nicht gewesen sein, sonst hätte es nicht alles soweit wie möglich wieder in Ordnung gebracht. Praktisch sind nur die Erinnerungen geblieben, und zwei Stunden Zeitverlust für das Flugzeug auf der Strecke. Aber wir haben überlebt - wir alle. Obgleich wir tot waren - zumindest ihr beiden Frauen, nicht wahr? Gestorben in einer imaginären Welt… Was hältst du von der Annahme, daß wir das Flugzeug nie verlassen haben?«
»Wie meinst du das?«
»Den Zeugenaussagen nach sind wir auf den Sitzen geschrumpft, nicht wahr? So lange geschrumpft, bis von uns nichts mehr zu sehen war. Vielleicht sind wir durchaus im Innern der Maschine geblieben, nur in einen Mikrokosmos versetzt, den wir selbst nicht einmal als solchen erkennen konnten.«
»Und Beils Todessprung aus der Luke? Der Drache, der ihn fraß und damit auffing, so daß er wieder im Flugzeug ankam, witzigerweise im Cockpit, also im Kopf, sprich Maul, des Drachen?«
»Das mag schon wieder Suggestion gewesen sein, so etwas Ähnliches wie Hypnose…«
»Und unter deren Einfluß ist er ins von innen sicherheitsverriegelte Cockpit marschiert und hat sich Pilot und Copilot auf den Schoß gelegt, um danach zu erwachen, wie?«
Zamorra zuckte mit den Schultern. »In Zweifelsfällen gibt es ja auch noch den Faktor Magie, wenn die reine mathematische Logik aussetzt«, erwiderte er. »Trotzdem bin ich der Ansicht, daß wir all das einem kindlichen Wesen zu verdanken haben. Einem Wesen, das lernt, das experimentiert. Erinnerst du dich an Julian in seiner Jugend-Phase?«
»Das meinst du also«, murmelte Nicole. Es stimmte. Julian
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