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0515 - Der mordende Wald

0515 - Der mordende Wald

Titel: 0515 - Der mordende Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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schritt auf Zamorra zu und blieb direkt vor ihm stehen.
    »Ich bin nicht sicher, ob du ein Römer bist oder nicht. Aber solltest du Römer sein, wirst du mir eine Menge über die Pläne deiner Heerführer verraten können.«
    Seine Hand fuhr hoch. Zwei Finger berührten Zamorras Stirn.
    Als er wieder aus seiner Bewußtlosigkeit erwachte, waren Stunden vergangen und er wieder gefesselt.
    ***
    Cristofero hatte genug Duelle heil überstanden, um zu wissen, daß er dieses hièr, falls er es denn wirklich nach den Spielregeln der Helvetier durchführte, nicht überleben würde. Also mußte er seine eigenen Spielregeln einführen, was er dann auch tat. Zudem bot ihm sein Vorgehen eine winzige Fluchtchance. Er ergriff sie sofort, als sie sich ihm bot. Es war keine Feigheit, sondern das Gefühl der Verantwortung, das ihn davonlaufen ließ. Von außerhalb des Lagers konnte er vielleicht etwas zur Befreiung der anderen unternehmen, nicht aber, wenn er selbst Gefangener blieb oder gar getötet wurde.
    Der Wald nahm ihn auf.
    Erst, als er sich sicher war, nicht weiter verfolgt zu werden, hielt er ein, um sein weiteres Vorgehen zu überdenken. Daß sie in der falschen Zeit angelangt waren, war offenkundig. Kelten, Helvetier… er wußte nicht viel über sie. Genau genommen wußte er gar nichts, und daß sein Duellgegner nach seiner Entkleidung nicht verschämt und seine Blößen bedeckend davongelaufen war, hatte ihn überrascht. Niemand hatte ihm gesagt, daß die Kelten, wenn sie in den Kampf zogen, sich nicht in Rüstungen hüllten, sondern im Gegenteil völlig nackt auf den Feind einstürmten. So hatte das Gelächter der Zuschauer weniger der Entblößung selbst gegolten als dem Ungeschick des Kriegers, der das nicht durch gekonnte Abwehr verhindert hatte.
    Aber wenigstens hatte alles andere funktioniert.
    Und jetzt mußte er sehen, wie er weiter zurechtkam und Zamorra deMontagne und dessen Mätresse befreite. Danach konnten sie gemeinsam nach dem Gnom suchen. Cristofero vermißte ihn schon jetzt. Der Schwarze war ihm seit der ersten Begegnung vor vielen Jahren ans Herz gewachsen, und auch wenn Cristofero ihn übel herumkommandierte, war der Namenlose ihm doch so etwas wie ein Sohn. Er versuchte nur, es ihn niemals merken zu lassen.
    Was war mit ihm geschehen?
    Cristofero sah die violetten Ranken nicht, die aus einem Baum hervorwuchsen und nach ihm tasteten…
    ***
    Zamorra war nicht nur gefesselt. Sie hatten ihn, wie er feststellte, auch noch ausgezogen und so auf eine große Platte gebunden, daß er sich nicht bewegen konnte. Da ahnte er, was sie mit ihm vorhatten; er lag auf einem Opferaltar. Die Überlieferungen stimmten in diesem Punkt also doch; die Druiden brachten ihren Göttern Menschenopfer dar!
    Er drehte den Kopf. Er befand sich jetzt auf der anderen Seite des Lagers. Er sah eine Erdgrube, in der ein Feuer brannte. Das gefiel ihm ebensowenig wie seine exponierte Lage auf dem Blutaltar. Auch wenn die Helvetier sich auf Wanderschaft befanden - was sie für die Riten ihrer Druidenpriester benötigten, führten sie mit sich oder sorgten dafür, daß es angelegt wurde wie diese Feuergrube in unangenehmer Nähe.
    Von Nicole war nichts zu sehen. Von Cristofero auch nicht. Was war mit ihnen geschehen? Hatte man den Grande wieder eingefangen? Hatte man beide wieder in die Käfige gesperrt? Oder waren sie tot?
    Zamorra verfolgte, wie sich immer mehr Helvetier um die Opferstätte versammelten. Der ältere der Barden erschien und stimmte ein Lied an. Es klang nicht schlecht; Melodie und Wortklang paßten gut zusammen, aber natürlich verstand Zamorra kein Wort vom Text. Er war indes auch nicht sonderlich daran interessiert. Ihn beschäftigte ein wesentlich existentielleres Problem.
    Aber diesmal hatten sie ihn so gefesselt, daß er sich nicht von selbst befreien konnte.
    Als sich scheinbar der gesamte Stamm versammelt hatte, schritt endlich auch der alte Druide ein. Zamorra sah im Hintergrund zwei weitere Männer in den weißen Kutten, aber sie hielten sich zurück und beobachteten nur. Der Alte hielt ein kunstvoll mit Gold verziertes Messer in der Hand, an dessen Klinge schwarzgetrocknete Blutreste klebten. Offenbar lag die letzte Opferung noch nicht lange zurück, und der Druide hatte noch nicht die Zeit gefunden, den Opferdolch zu reinigen.
    »Du machst einen Fehler, wenn du mich tötest«, sagte Zamorra gezwungen ruhig. »Ich bin keiner eurer Feinde. Ich spreche zwar die Sprache eures Gegners, aber ich bin kein

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