Stunde der Wahrheit
Prolog
James sah dabei zu, wie Emma, die er soeben zu seiner Exfreundin erklärt hatte, sein Anwesen mit schnellen Schritten verließ. Am Beben ihrer Schultern konnte er sehen, wie sehr sie um Fassung rang. Er wartete, bis sie in ihr Auto gestiegen und davon gefahren war, dann schloss er die Tür und wandte sich Aubrey zu.
»Und? Hat sie es geschluckt?«, fragte diese und nahm ihre überkreuzten Beine vom Tisch. Sie zog ein letztes Mal an der Zigarette und blies den Rauch in kleinen Ringen zur Decke hinauf.
»Natürlich. Ich bin sehr überzeugend, schon vergessen?«, fragte James und lief zur Minibar, um sich Whiskey einzuschenken. Er exte das Glas in einem Zug und füllte es sofort nach.
»Sie hat nicht besonders viel Selbstbewusstsein, wenn sie sich so leicht abservieren lässt«, stellte Aubrey fest und erhob sich. James warf ihr einen unfreundlichen Blick zu, den sie jedoch beflissen ignorierte.
»Ich werde mich dann mal umziehen«, verkündete sie und verschwand im Gästezimmer. James antwortete nicht, sondern ließ sich auf das Sofa sinken und starrte ins Leere. Insgeheim war er froh, dass sich Emma so schnell überzeugen ließ. So hatte er ihren verzweifelten Blick nicht länger ertragen müssen. Als Aubrey angezogen wiederkam, hatte James bereits das zweite Glas geleert. Aus den Augenwinkeln sah er, wie sie ihm einen langen Blick zuwarf, doch es war ihm egal. Der Alkohol betäubte bereits seine Sinne.
»Ich gehe jetzt. Leb wohl, James.« Sie schien auf eine Antwort zu warten, doch er beachtete sie immer noch nicht. Als sie an der Tür war, drehte sie sich ein letztes Mal zu ihm um.
»Auch wenn es dir wahrscheinlich nichts bedeuten mag, aber es tut mir leid, sehr sogar.« Nun sah er doch auf, hatte aber nur ein knappes Nicken für sie übrig. Aubrey nickte zurück, dann trat sie ins Freie und schloss die Tür hinter sich. James starrte noch eine Weile auf die Stelle, an der sie eben noch gestanden hatte, dann stand er auf und schmetterte sein Glas mit voller Wucht an die Wand.
Kapitel 1
»Ach komm schon, Emma, jetzt zieh doch nicht so ein Gesicht. Ich traue mich ja gar nicht, von Mike zu sprechen«, sagte Rachel anklagend und stellte ihr Glas ab. Seit zwanzig Minuten schwärmte sie von ihrer neuen Flamme und wie gut er sich doch im Bett machte und Emma freute sich auch ehrlich für sie, dennoch schaffte sie es nicht, ihre Mundwinkel zu einem Lächeln anzuheben. Es war jetzt genau einen Monat und sechs Tage her, dass sie vor James‘ Haustür gestanden und sich all seine Gemeinheiten anhören musste. Angefangen mit der Tatsache, dass er sie nur umworben hatte, um sie ins Bett zu kriegen. Dass er in Wirklichkeit in Aubrey verliebt war und wie dumm sie doch gewesen war, überhaupt auf ihn reinzufallen. Der Witz an der ganzen Sache war, dass sie James nur kennengelernt hatte, weil schon ihr voriger Freund fremdgegangen war. Daraufhin hatte Rachel sie in einen Club geschleppt, um sie auf andere Gedanken zu bringen und dort hatte sie James kennengelernt.
»Ich erinnere mich noch sehr genau an das letzte Mal, als du mich ausgeführt hast und was daraus geworden ist. Entschuldige also, wenn ich nicht allzu begeistert bin«, antwortete Emma und kippte den dritten Tequila-Shot hinunter. Normalerweise trank sie überhaupt keinen hochprozentigen Alkohol, schon allein deshalb, weil er ihr überhaupt nicht schmeckte, doch angesichts der Umstände machte sie nur allzugern eine Ausnahme. Und warum sollte sie ihre verletzten Gefühle nicht auch mal im Alkohol ertränken? Männer taten das ständig! Rachel machte eine wegwerfende Handbewegung.
»Wir sind in einer Cocktail-Bar, was soll hier schon passieren? Und sollte dich doch jemand anbaggern, werde ich ihn für dich vergraulen, okay?« Als Emma nickend zustimmte, stießen sie an und exten das nächste Glas. Eine halbe Stunde und ein Sektglas später, begann sich Emmas Kopf allmählich zu drehen. Nach dem vierten Tequila war sie auf Sekt umgestiegen, weil sie mit Rachel beim besten Willen nicht mithalten konnte. Und zugegeben, sich zu betrinken, war ja auch Sinn und Zweck des Ganzen gewesen, aber als ihr nun flau im Magen wurde, schob sie das Glas beiseite.
»Und du willst morgen wirklich nicht mitkommen?«, fragte Rachel zum gefühlt hundertsten Mal, doch Emma schüttelte auch diesmal den Kopf. Ihre Freundin wollte sie unbedingt mit Mike bekanntmachen und zu dritt ins Kino gehen. Doch zurzeit liefen nur Dramen und Liebesfilme und die gehörten im Moment nicht zu
Weitere Kostenlose Bücher